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Die ersten Wochen und Monate in Auroville

23. November 2023 von Milena Mahler

Als ich mit Anton zusammen am 28.8. aus dem Flugzeug in Chennai gestiegen bin, war ich übermüdet, super nervös und aufgeregt zugleich. Jetzt geht es endlich los, nach dem langen Warten. Anton und ich
mussten 4 Tage später als die anderen fliegen, weil typisch Berlin das Visa nicht rechtzeitig
gekommen ist und nur für 6 Monate ausgestellt wurde. Auf dem Flug hierher habe ich zwar
versucht zu schlafen, aber es nicht wirklich hinbekommen, weil einfach zu viele Gedanken,
Ängste, Vorfreunden, Hoffnungen und Trauer über das Zurücklassen von allem was ich kenne in
meinem Kopf waren.
Am Flughafen mussten wir zuallererst bei der Einreise erklären, warum unser Visum denn
ausläuft vor dem Rückflugdatum und das wir unser Visum hier verlängern wollen und wenn das
nicht klappt wir unseren Rückflug umbuchen. Ich war äußerst überrascht als wir dann endlich
den Stempel bekommen haben und nun offiziell in Indien waren. Wir haben unsere Koffer
geholt, sind aus dem Flughafen gelaufen und ich habe erstmal alle Eindrücke auf mich
niederprasseln gefühlt. Die Hitze hatte ich mir schlimmer vorgestellt, aber die fremden
Geräusche, Sprache und Gerüche überwältigen einen dann doch immer. Der Taxifahrer der auf
uns warten sollte war nirgendwo zu sehen, also mussten wir von einem fremden Handy Gabi in Auroville anrufen, damit diese mit ihm Kontakt aufnehmen kann.
Während Anton noch mit dem Mann mit dem Handy geredet hat, da dieser Geld von uns wollte
aber wir noch keine Rupees hatten, ist unser Taxifahrer zu mir gelaufen gekommen. Hat mir sein
Schild mit unseren Namen gezeigt, meinen Koffer genommen und ist losgejoggt. Ich habe nach
Anton gerufen und wir sind direkt hinterher, halb lachend, halb überfordert, mit der Frage im
Kopf was wir hier eigentlich machen. Als wir beim Taxi angekommen sind hatte ich erstmal die
Realisation, dass das Lenkrad auf der „falschen“ Seite ist aber da ging die Fahrt auch schon los.
Wir beide konnten nur staunend aus dem Fester starren und den Verkehr beobachten, wo wirklich
alles was kann auf der Straße unterwegs ist Menschen, Hunde, Autos, Kühe, Fahrräder,
Motorräder, Mopeds, Rikschas, Kleintransporter und das für uns in einem nicht
nachvollziehbaren System, wo einfach immer gehupt und überholt wird. Auf der richtigen
Straßenseite fahren wird hier auch nicht so ernst genommen. Die Kühe waren meine zweite
Realisation, denn jeder weiß die Kühe in Indien laufen auf der Straße und die anderen weichen
aus aber, dass wirklich zu sehen ist nochmal etwas ganz anderes. Nach einiger Zeit des aus dem
Fester Guckens sind wir dann beide auf den Rücksitzen erschöpft eingeschlafen, denn die Fahrt
nach Auroville hat nochmal circa 3 ½ Stunden. Beim Ankommen im Guesthouse, wo wir die erste
Woche alle zusammenwohnten, haben uns die anderen schon erwartet und uns in ihre offenen
Arme geschlossen. Danach hieß es duschen, umziehen und los geht’s. Denn die erste Woche hier
ist eine Orientierungswoche, bei der wir mit unseren Koordinatoren zusammen uns alle Einsatzstellen und wichtigem Orte angucken. Auf dem Programm des Tages stand meine Einsatzstelle, EcoPro. Ich bin mit Gabi Motorrad dahin gefahren, was meine Lebensgeister wiedererweckt hat. Diese sind dann allerdings bei dem Vortrag von meinem Chef über unsere Arbeit hier etwas weniger geworden, da ich schwer mit meiner Müdigkeit zu kämpfen hatte, was natürlich nicht den besten ersten Eindruck erweckt. Nach dem Vortrag hat Gabi mich gefragt ob sie mich nach Hause fahren soll für einen Mittagsschlaf, was ich liebend
gerne angenommen habe. In dem Moment habe ich gewusst das wir hier in guten Händen
aufgehoben sind.. Dann hieß es für mich 5h Tiefschlaf, was ich sehr benötigt hatte und danach den Abend mit den anderen im Guest House verbringen.

Die nächsten Tage waren gefüllt von Fahrradfahren über rote Erde, gesäumt von grünen Bäumen
unter blauem Himmel. Die Verwunderung wie ich mich hier je orientieren soll, weil die Wege
alle gleich aussehen und die Realisation das Auroville sehr viel verstreuter ist als ich erwartet hätte.
In der ersten Woche bin ich abends jeden Tag vollkommen erschöpft in mein Bett gefallen, gefüllt von den Eindrücken die ich am Tag gesammelt habe und glücklich das wir einen sanften Einstieg in unsere Zeit in Indien bekommen.
Nach einigen Tagen hieß es dann Umzug in eure eigenen Wohnungen. Ich wohne zusammen mit
Rosa in einer Wohnung. Neben uns wohnen Anton und David mit denen wir uns einen Balkon und eine Dachterrasse teilen. Wir essen abends meistens alle zusammen und reden noch lange bevor wir uns in unsere eigenen Gemächer zurückziehen.
Es ist sehr schön sich austauschen zu können wie es den anderen gerade geht, weil wir alle in der
gleichen Situation stecken, aber mit dieser ganz unterschiedlich umgehen.

Eine der einschlägigsten Entscheidungen in meiner Zeit hier war meine Haare abzurasieren. Ich
wollte eigentlich zusammen mit Anton zu einem Tempel fahren und es dort opfern, aber an dem
geplanten Wochenende stand ein Feiertag an weshalb alle Taxis ausgebucht waren. Wir sind
spontan an dem Tag zu einer Bekannten gefahren, wo sich zufälligerweise auch ein anderes
Mädchen die Haare abrasiert hat. Also habe ich mich dazu entschieden die Chance zu
ergreifen, ein Frisör aus Pondy war da und hat uns die Haare geschnitten. Das überraschende war das ich gar kein Geld zahlen musste, sondern Geld für meine Haare bekommen habe weil der Frisör die spenden möchte. Wir saßen draußen, ein Freund hat Gitarre gespielt, ich habe den Wind in den Bäumen rauschen gehört die Augen geschlossen und den Moment zutiefst genossen. Jetzt habe ich also eine Glatze und langsam beginnen meine Haare wieder nachzuwachsen. Die Anderen sagen mein Kopf fühlt sich wie ein
Tennisball an und ich habe die Entscheidung noch nicht einmal bereut. Nur vor einem
Sonnenbrand auf dem Kopf habe ich Sorgen, dazu ist es bis jetzt aber glücklicherweise noch
nicht gekommen.


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