RSS Feed

‘Freizeit’ Category

  1. Schnipp, Schnapp

    Oktober 8, 2018 by Paula Mayer

    Mittwochmittag in der Solar Kitchen:

    Svea fragt in die Runde ob neben ihr und Leon noch jemand Lust hat sich in nächster Zeit seine Haare abzurasieren. Ich denke das erste Mal wirklich über diese Option nach und stelle fest dass ich prinzipiell mir dies sogar vorstellen kann. So ganz überzeugt bin ich allerdings noch nicht, Leon scheint es aber nicht anders zu gehen.

    Samstagabend im Youth Center:

    Svea: „Mein Shampoo ist alle. Paula hast du morgen Zeit mit nach Mailam zu fahren?“ Ich: „Öh. Ähm. Äh. Ja, also ich habe morgen noch nichts vor.“

    Sonntagmorgen um acht:

    Vier Gestalten sitzen auf einer Bank und warten auf das Taxi was sie zum eine Stunde entfernten Tempel in Mailam bringen soll. Carina freut sich voll. Sie möchte sich ihre Haare nicht abrasieren lassen. Leon, Svea und ich sind von unserer eigenen Spontanität immer noch etwas überrumpelt. Den Spontanitätspreis  bekommt jedoch Lara, die sich, als sie uns da morgens sitzen sieht, einfach entscheidet mitzukommen. Dann um 9:30 Uhr geht es endlich los. Zu sechst im Taxi ist es ein bisschen eng, aber Lara wechselt die Schöße regelmäßig auf denen sie sitzt. So gegen alle deutschen Sicherheitsstandards verstoßend, steigt die Anspannung und Vorfreude.

     

    Mit unserem Taxifahrer haben wir uns schon während unserer Fahrt angefreundet und so führt er uns netterweise zum Haarschneide Platz, der etwas unterhalb des Tempels liegt. 10 Rupies für eine neue Klinge und dann geht es los. Irgendwie bin ich die Erste und dann beuge ich meinen Kopf vor, mir werden zwei Zöpfe gebunden, etwas Wasser über den Kopf gegossen und langsam trennt sich Strähne um Strähne vom meiner Kopfhaut.

    Am Anfang brennt es ein bisschen aber es ist auch angenehm kühler. Für die nächsten Stunden bleibt das Gefühl von Phantomhaaren bestehen das sich erst auflöst wenn die Hand immer wieder zum Kopf wandert. Danach geht es zum Waschen zu einem großen Teich/Becken und wir reiben unsere frischen Glatzen mit gelber Farbe ein.

    Bei der ganzen Prozedur werden wir interessiert beobachtet und danach fröhlich angelächelt. Wir sind die einzigen Europäer die da sind. Die Haare die hier abgeschnitten werden dienen als Opfer an die Götter. Meistens ist das Opfer mit einem Wunsch verbunden, etwa dem nach Nachwuchs. Die geopferten Haare werden gesammelt und landen irgendwann in Europa oder in anderen Teilen der Welt als Perücken oder Haarverlängerungen.

    Nachdem ersten Schock und gegenseitigen betatschen der jetzt so kahlen Köpfe, fahren wir noch zum Tempel hoch. Auch hier ist unser Taxifahrer sehr hilfreich, denn alle Tempelschilder sind in tamil verfasst. Als wir nach einer Stunde wieder draußen sind bleibt ein chaotischer, überfüllter und teurer Eindruck zurück. Spannend aber sehr anstrengend.

    Als uns der Monsun und die Nachricht über die ersten Läuse diese Woche erreicht, nehmen wir das als gutes Ohmen uns von unserem Haar gelöst zu haben. Mitlerweile fühlt es sich auch schon wieder flauschig auf meinem Kopf an.


  2. Top 3 Highlights der Woche

    September 16, 2018 by Lara Schnellbach

    1. Ganesh Puja (Donnerstag, 13. September)

    Ein Fest zu Ehren des Geburtstags des indischen Gottes Ganesha.

    Es wird traditionell innerhalb der Familie gefeiert und es gibt Unmengen an gutem Essen.

    Tagsüber bekam speziell ich leider nicht viel mit, da ich die einzige war, die an diesem Feiertag arbeiten musste. Die Windarra-Farm schläft nie.

    Alles, was ich zu sehen bekam, war ein kleines Spektakel mit viel Rauch und klingelnden Glöckchen erst bei Food Link und dann beim Mittagessen in der Solar Kitchen.

    Meine “Chefin“/Farmleiterin/Adoptiv-Mutter namens Indira hatte mich samt meiner WG-Mitglieder Paula, Anna-Lena und Basti zum Abendessen eingeladen.

    Für alle außer Basti war es das erste mal, dass wir von Bananen-Blättern anstatt von Tellern aßen. Und Indira tischte ein wahres Festmahl auf.

    2. World Clean Up Day in Auroville (Samstag, 15. September)

    Auroville hat sich dem World Cleanup Day angeschlossen und seine Bewohner dazu aufgefordert, ihre Communities von Müll zu befreien.

    Dieser wurde anschließend beim Ecoservice gesammelt und gewogen.

    Jannes und sein Herz für Müll

    Für alle Helfer gab es Getränke und Snacks.

    Außerdem ein paar kleine Reden der Veranstalter und Infostände verschiedener Projekte, wie z.B. WasteLess (weltwärts-Projekt), Upcycling Studio (auch weltwärts-Projekt) und Eco femme.

    WasteLess stellt Spiele her, mit denen Kinder spielerisch einen verantwortungsvollen Umgang mit Müll lernen können.

    Upcycling Studio stellt neue Dinge aus Abfall her wie z.B. Möbelstücke, Accessoires und Demo.

    Eco femme stellt wiederverwendbare Stoff-Binden für Frauen her.

    Foto: Svea B.

    Foto: Svea B.

    Foto: Svea B.

    3. Surfen am Serenity Beach

    @ Kallialay Surf School

    Fotos von Leyla & Franka.


  3. Welcome to Auroville

    September 4, 2018 by Anna-Lena Middel

    Die Einführungswoche ist nun zu Ende und für uns beginnt der normale Alltag in Auroville. Die vergangenen 10 Tage ist so viel passiert, dass ich gar nicht weiß, womit ich anfangen soll…

    Ankunft

    Am Donnerstag, den 23.8. sind wir nach einer langen Anreise in Indien angekommen. Alle waren total übermüdet und wir wollten endlich im Guesthouse in Auroville ankommen. Wir waren alle so gespannt, wie es werden wird, wie alles aussieht, wo wir die nächste Woche verbringen werden. Beim Verlassen des Flughafens in Chennai kam uns Indien schon förmlich entgegen. Drei Stunden mussten wir bis Auroville fahren. Im Auto staute sich die Hitze und auch draußen war es kaum kühler. Die Straßen waren voll mit Autos, Bussen und Motorrädern. Alle hupten wild durcheinander, ein System war da kaum zu erkennen. Dazu kommt noch, dass in Indien Linksverkehr herrscht. An den Seiten der Straßen stapelte sich der Müll, zwischendurch sah man mal eine Kuh, die in den Plastikbergen nach Essen suchte. Menschen, in Stoffe gehüllt, liefen barfuß auf der roten, staubigen Erde. Als wir die Stadt verließen, änderte sich das Bild. Es war nun geprägt von grünen Flächen mit Palmen und anderen Bäumen und Sträuchern mit hübschen Blüten und Blättern. Doch auch hier wurde der Müll unachtsam überall verstreut. Der Blick ging weit in die Ferne, keine Berge waren in Sicht, nur flaches Land und irgendwann hinter´m Horizont käme wohl das Meer.

    Man hat es sofort gemerkt, als wir nach Auroville rein gefahren sind. Alles sah direkt ordentlicher aus und es kamen uns kaum noch Fahrzeuge entgegen. Wir konnten sogar einen ersten kurzen Blick auf das Matrimandir erhaschen, bevor wir am Guesthouse ankamen. Dort haben wir seit der Ankunft in zwei Häusern gewohnt, verteilt auf mehrere Zimmer. Der restliche Tag wurde genutzt, um erst einmal anzukommen und sich auszuruhen. Das Wetter war schon sehr drückend; zwar schön, aber ungewohnt warm und schwül. Das Irritierendste war an diesem Tag die Zeitumstellung und die unglaublich früh eintretende Dunkelheit. Um 19h war es bereits komplett dunkel und zusammen mit der Müdigkeit hatte ich das Gefühl, als wäre es schon fast Mitternacht.

    Der nächste Morgen war für kurze Zeit unglaublich surreal. Zwei Tage zuvor noch habe ich in meinem Bett geschlafen, in Deutschland, so weit von hier entfernt. Und nun bin ich plötzlich in Indien aufgewacht, einem so weit entfernten Land. Ich bin aus der Tür getreten und habe in Bäume und grüne Blätter geschaut. Die einzigen Geräusche kamen von der Natur: Vögel, Grillen und vielleicht sogar ein Affe. Keine Autos, kein Grundrauschen von einer nahe gelegenen Autobahn. Es war wunderschön.

    Diese letzte Woche haben wir eine Menge gesehen und erlebt. Uns wurde Auroville ein Stück näher gebracht, wir haben unsere Projekte und die Orte, an denen wir wohnen können besucht. Dazu waren wir noch an unterschiedlichen Orten essen und haben im örtlichen Supermarkt eingekauft. Wir sind ins Matrimandir gegangen und haben den Banyan-Tree, das geographische Herz von Auroville, gesehen. Ein paar von uns haben eine Yogastunde besucht und waren sogar schon am Strand. Und ich habe einige Tiere gesehen, die ich noch nie zuvor gesehen hab. Es war eine ganz schöne Menge Input und wenn ich von allen Dingen berichten würde, würde ich niemals zum Ende kommen. Daher werde ich nur von ein paar Momenten erzählen, die mir am meisten bedeuten und mir am besten in Erinnerung geblieben sind.

    Abendbrot im Dorf

    An unserem zweiten Abend hier sind vier von uns (darunter ich) für die volle Dosis an indischem Feeling ins Dorf Alankuppam gefahren und haben dort an einem Straßenstand, der eigentlich nur aus einer Garage mit einem kleinen Vorbau bestand unser Abendbrot gegessen. Während wir warten mussten, habe ich das Dorfleben beobachtet, das sich mit fortschreitender Dunkelheit verändert hat. Viele Schulkinder befanden sich gerade auf ihrem Weg nach Hause. Manche im Bus, einige auf dem Fahrrad und ein paar auch zu Fuß. Wir waren direkt an einer Kurve und das Hupen der Autos wurde nie weniger. Unser Essen (es hat unter einem Euro gekostet) bestand aus Reis mit gebratenem Gemüse. Die Schärfe war erträglich und das Essen war lecker. Es war bis jetzt das einzige Mal, dass ich im Dorf gegessen habe, aber es wird mit Sicherheit nicht dabei bleiben.

    Ein unerwartetes Schauspiel

    Ein anderes Mal, es war an einem Morgen, wollten ein paar von uns zum Yoga fahren und sind Zeuge eines wundervollen Spektakels geworden: Wir standen bereits auf dem Hof vor unserem Guesthouse, es war halb sieben und die Sonne war bereits aufgegangen. Da habe ich ein paar fliegende Tiere entdeckt, die etwa die Größe von kleinen Schmetterlingen hatten und im ersten Moment auch nach solchen aussahen. Doch es waren keine. Man entdeckte immer mehr von ihnen je länger man sich umschaute und bald war die ganze Luft von flatternden Wesen erfüllt. Sie haben mich ein wenig an diese eine Szene aus Harry Potter, Teil 1 mit den fliegenden Schlüsseln erinnert. Keiner von uns wusste genau, was diese Tiere sind, wir konnten es nur raten. Ich habe es geschafft, eines zu fangen, um es mir genauer anzugucken. Sie sahen aus wie große Ameisen und hatten vier lange zarte Flügel auf dem Rücken. Als wir vom Yoga zurück kamen, war das Spektakel bereits vorbei. Später haben wir erfahren, dass es die Königinnen der Termiten waren, die auf dem Paarungsflug sind.

    Faszination: Matrimandir

    An einem Morgen sind wir als ganze Gruppe zum Matrimandir gefahren. Nicht jeder kann einfach so dort auf das Gelände, das ist ein ganz schön kompliziertes Prozedere. Es war ganz schön beeindruckend, vor dieser riesigen goldenen Kugel zu stehen und dann auch noch, ohne Schuhe und in Stille, in sie hinein zu gehen. Wir waren beinahe die einzigen im Inneren, das aus mehreren Etagen besteht. Zuerst kommt man in einen kleinen Raum, in welchem man sich Socken überziehen muss. In der Mitte dieses Raumes führen zwei sich um einander windende Wendeltreppen ein Stockwerk höher. Dieser Raum war deutlich größer und lies die runde Außenform des Matrimandirs erkennen. Sprechen war nicht erlaubt und daher herrschte eine ganz ungewohnte Stille, die schön und ein wenig beängstigend zugleich war. Zu der inneren Kammer, welche noch weiter oben liegt, gelangt man über einen rampenartigen Aufgang. Ein Weg, der sich über die Hälfte des Raumes an den Seiten langsam nach oben windet. Gespiegelt dazu befindet sich der Abgang aus der Kammer. Diese innere Kammer ist die zentrale Meditations- und Kontemplationshalle. In ihr ist es relativ kühl und dunkel. Das Licht fällt lediglich durch ein Loch in der Decke ein, wo es mit Hilfe von Spiegeln senkrecht auf eine Kristallkugel fällt, welche sich in der Mitte des Raumes befindet. In einem Kreis angeordnet, weiter am Rand, befinden sich zwölf Säulen; sie grenzen den inneren vom äußeren Teil des Raumes ab. Im äußeren Teil befinden sich Matten als Sitzmöglichkeit, Liegen ist nicht erlaubt. Wir wurden in diesen Raum geleitet und jeder hat sich einen zur Kristallkugel hin gerichteten Platz gesucht. Für die nächste – ich glaube halbe Stunde – war es absolut still. Man saß da und hat meditiert oder sich einfach nur entspannt. Es war ein wenig anstrengend, aber eine wirklich faszinierende Erfahrung. Man hatte quasi nichts außer sich selbst, auf das man sich fokussieren konnte, nichts hat einen abgelenkt – und das tat unglaublich gut.

    Es sind noch viel mehr interessante Dinge passiert, aber diese drei sind mir mit am stärksten in Erinnerung geblieben. Mit dem Ende der Einführungswoche kam der Umzug in unsere neue Behausung, wo wir nun für ein halbes Jahr wohnen werden. Eine spannende und aufregende Zeit liegt vor uns. Eine Zeit voller neuer Dinge, Entdeckungen, Erfahrungen. Ich bin gespannt, was noch so alles passieren wird…

    Hier noch ein paar visuelle Eindrücke der letzten Tage:

    Paula und ich genießen die erste Kokosnuss

    am Aurobeach

    dieses Chamäleon habe ich von der Straße gerettet 🙂

               

     


  4. Indische Millionenstädte

    Juli 2, 2018 by Mira

    Indien hat über eine Milliarde Einwohner und immer mehr Millionenstädte sowie auch einige Megacities. Und auch wenn die Bundesstaaten einige Unterschiede in ihren Traditionen aufweisen, so ist doch all diesen riesigen Menschenansammlungen etwas gemein: Wie auch in Deutschland haben indische Städte einen alten Stadtkern. In diesen traditionellen Vierteln mit ihren engen, überfüllten, lebendigen Gassen findet man typische Märkte und Geschäfte und Menschen, die an ihrer indischen Lebensweise festhalten. Dem gegenüber stehen die modernen Vorstadtorte, in denen die (Wohn-)Hochhäuser nur so aus dem Boden sprießen und ein westlicher Lebensstandard herrscht mit allem drum und dran. Ebenfalls findet man in jeder großen Stadt Slums sowie Villenviertel. Indische Millionenstädte sind geprägt von starken Gegensätzen direkt nebeneinander. Lediglich der laute, chaotische Verkehr ist überall der gleiche ;P Dieser wird übrigens dadurch versucht zu entlasten, indem man über den ehemaligen Hauptstraßen noch eine Art Autobahn, also zweite Straße, baut. Und obwohl man nun auf zwei Ebenen fahren kann, ist der Verkehr, meiner Meinung nach, immer noch ziemlich dicht.

    Nun habe ich im Juni einige Wochenendtrips gemacht und eben vorrausgegangendes in all den besuchten Städten feststellen können. Doch irgendwo weist jede Stadt aber auch eigene Merkmale auf (oder ich habe sie nur in diesen Städten festgestellt):

    Chennai aus der Luft. So sieht es aus, wenn mehr als 8 Millionen Menschen zusammen wohnen und leben…

    Nach Chennai sind Camilla und ich zusammen mit dem Motorrad gefahren. (Und manchmal war ich auch schon aufgrund meiner Arbeit dort). Was mir ziemlich stark in Erinnerung geblieben ist, sind die vierspurigen (je Fahrtrichtung!) Straßen, die nach Chennai hinein geführt haben und die unverständliche Straßenverkehrsführung. Auch waren die Flüsse stark verschmutzt mit allerhand Müll und Unrat. Doch hier in Chennai habe ich auch zum ersten Mal in Indien (außerhalb von Auroville) Läden gesehen, die organische, regionale Lebensmittel verkaufen. Ein paar Eindrücke aus der Altstadt:

    Das Charminar

    In Hyderabad habe ich einen Bekannten, den ich auf dem Tango Festival in Auroville kennengelernt habe, besucht. Er wohnt zusammen mit seinem Bruder in einem Vorort, wo die mehrstöckigen Wohnhäuser so schnell in die Höhe gezogen werden, dass die Regierung gar nicht mit dem asphaltieren der Straßen hinterherkommt. Hyderabad zeichnet sich als eines der IT-Zentren Indiens aus und das spiegelt sich auch in den Namen der neuen, modernen Vorstadtorte wieder, die solche Namen wie Cyberabad oder Hitex-City tragen. Doch dieses rasante Stadtwachstum zieht natürlich auch Probleme mit sich. Viele Städte und Orte in Indien haben Probleme mit Wasserverschmutzung, doch bei Hyderabad kommt zusätzlich noch hinzu, dass es sowieso in einer Region mit Wasserknappheit liegt. Deshalb gehören hier riesige Wassertransporter zum alltäglichen Straßenbild. Typisch für Hyderabad sind übrigens noch – verglichen mit Tamil Nadu –  ein ziemlich hoher Anteil an Muslimen sowie die fleischhaltige Küche.

    Die Hochhäuser am Horizont markieren die modernen, wesltich orientierten Vorstadtorte

    Mein Gastgeber in Hyderabad

     

     

     

     

     

     

     

     

    Bangalore ist eine der am schnellsten wachsenden Städte Indiens und man merkt der Stadt an, dass sie Probleme hat, auch ihre Infrastruktur entsprechend schnell auszubauen und zu modernisieren, wie Jola und ich zwei Tage lang intensivst feststellen durften. Ich fand die Stadt vergleichsweise dreckig und auch wenn sie viele grüne Parks hat (in denen morgens von vielen Sport betrieben wird), so sind die Straßen umso müllüberzogender und stinkender. Dieses rasante Stadtwachstum kam u.a. mit dem IT-Boom einher, der auch den westlichen Lebensstil mit sich brachte. Geschichtlich hat Bangalore nicht allzu viel zu bieten, dafür findet man hier moderne Kunstgallerien, Theater und riesige Shopping Malls. Wenn man monatelang in einem Dorf im ländlichen Indien gewohnt hat und auch nur eine „Kleinstadt“ neben an hat, dann wirkt das alles doch sehr beeindruckend auf einen und man fühlt sich schnell in den Westen zurück versetzt. Entsprechend hatten wir auch Erwartungen, die jedoch teilweise enttäuscht wurden. Irgendwo bleibt Indien doch Indien und man sollte es daher nicht immer mit dem (vergleichsweise) ziemlich genau nehmenden Westen vergleichen. Eine Sache jedoch, die mich überrascht hat, war das Verhalten der Inder auf den Bahnhöfen der relativ neuen Metro von Bangalore. Wenn ein Zug einfuhr standen Dutzende von Indern entsprechend der Linien auf dem Boden in mehreren, langen Reihen, damit ein geordnetes Ein- und Aussteigen möglich ist. Die flughafenmäßigen Sicherheitskontrollen in den Eingangsbereichen der Bahnhöfe wurden jedoch (wie zu erwarten) typisch indisch nicht sehr ordentlich durchgeführt. Zu letzt fand ich noch die vielen Greifvögel in bzw. über Bangalore auffällig. Die finden hier wohl ausreichend Nahrung wie z.B. Ratten, von denen wir auch recht viele gesehen haben.

    Im Bangalore Palace verschmelzen die verschiedensten Stile – z.B. gotische Bogengänge mit Jugendstilgeländer und typisch indisch alles farbenfroh angemalt.

    Ein alltägliches Straßenbild in Indien und besonders in Bangalore


  5. Wizard zu zweit

    Juni 25, 2018 by Nina

    Ziel: Kerala, Transportmittel: Bus, Personen: 2, Wettervorhersage: Monsun, Datum: 15-24.06.2018

    Wasserfall im unbekannten Hinterland

    Es gab im Vorhinein eine Erkenntniskette, an dessen glorreichen Ende die Vermutung stand, dass dieser Urlaub in ganz viel Regenwasser ertrinken würde. Am Anfang der erwähnten Kette, stellten Daniel und ich zufällig während der Planung fest, dass im Juni der Sommermonsun in Kerala in Form von Dauerregen sein Unwesen treibt. Kurz darauf stand ich vor meinen verbliebenen Besitztümern und fragte mich, warum genau ich meinen Eltern Regenjacke und -hose mit nach Deutschland gegeben hatte. Ein weiterer Grund, meine Intelligenz in Zweifel zu ziehen, war das ungeklärte Verschwinden meiner Socken, die vielleicht für das Tragen meiner geschlossenen Schuhe hilfreich gewesen wären.

    Unter diesen fröhlichen Vorzeichen begannen wir die Reise mit dem komfortablen AC-Sleeper-Bus nach Kochi. Während die Welt vor unserem großen Fenster vorbei zog, schliefen wir den unruhigen Schlaf der Nachtreisenden. Das schlaftrunkene Aussteigen nach dem wiederholten Hinweis „Last Stop“ und eine Tucktuck-Fahrt brachten uns am nächsten Tag mitten hinein in das sonnige Kochi. Die bürgerliche und westlich orientierte Touristenstadt empfing uns mit so viel fröhlichem Sonnenschein, dass die Regenschirme der Inder zu Sonnenschirmen wurden und das routinierte Abschreiten der Sehenswürdigkeiten (Palace, chinesische Fischernetze, Fort…) zu einer Rotfärbung einiger Hautpartien führte (Natürlich hatte ich beschlossen, die Sonnencreme nicht in den Monsun mitzuschleppen.) Am zweiten Tag brachen wir nach dem erfolgreichen Erwerb einer  Sonnencreme und einigen Umwegen der indischen Art mit dem Leihmotorrad auf, um einen Wasserfall zu besichtigen, den niemand zu kennen schien, den wir aber dennoch mit einigen indischen Touristen teilten.

    bergiger Zimmerblick

    Die Reise nach Munnar, welche übrigens eine sehr hässliche Stadt ist, gestaltete sich durch einen Busse-blockierenden Streik ungeklärten Grundes als schwieriger als gedacht. In der wunderschönen Landschaft der bewaldeten und bewohnten Berge, die manchmal Teeplantagen Hüte und Gewänder tragen, fror ich mir als verweichlichtes Geschöpf des tamilischen Flachlandes den Arsch ab. Gott sei Dank, stellte das Homestay bunte Hello-Kitty-Decken aus einem Vorrat unbekannter Größe bereit, unter die wir uns des Nachts flüchten konnten. Da wir nicht bereit waren für eine Jeep Safari nur „2000 rupees for 3 hours“ auszugeben, stapften wir ein wenig nach guter deutscher Rentnermanier über einen Umweg in das 20 min entfernte Dorfzentrum, gestatten uns Kaffee und Kuchen und gingen den Spaziergang in den entmutigenden Monsunschauern zurück zum Zimmer.

    Backwaters in Regenpause

    Unsere höchstdurchdachte Reiseroute führte uns als nächstes mit dem Bus (über Kochi) nach Allepey, das für die Backwaters bekannt ist, die laut dem Lonely Planet die zweit schönste Sehenswürdigkeit Indiens sind. Die Stadt, in der wir trockenen Fußes nach Essen gesucht hatten, beschloss uns eine nächtliche regendurchnässte Abenteuerreise mit Tucktuck und zu Fuß zum freundlichen aber mit reichlich Monsun-mief gestraften Homestay zu gewähren. Der Monsun, der uns nun doch vollständig eingeholt hatte, verführte uns zu einer gemütlichen Rundfahrt auf einem mit Dach und gemütlichen Sitzgelegenheiten ausgerüsteten Boot, das über die als privates Badezimmer und Spülmaschine genutzten Backwaters trieb.

    Staussee im Tigerreservat

    Die letzte Station unseres einwöchigen Regenspaziergangs durch Kerala bildete Kumily mit dem Periar Nationalpark und Tigerreservat in der Nachbarschaft. Da wir durch die Backwaters auf den Geschmack von Wasser von unten statt von oben gekommen waren, schipperten wir zunächst auf einem Dampferchen voller Touris über den See im Nationalpark. Während dieser 1,5 stündigen Fahrt, konnte die Gattung Mensch an Bord in viel eindrucksvollerer Art als die vereinzelten als braune Punkte auszumachenden Wildtiere am Ufer beobachtet werden. Um doch noch die Natur erleben zu können, entschlossen wir bei überraschend trockenem Wetter (Ja, du hast es voraus gesagt, Daniel!) mit einem Guide auf zu brechen, den Dschungel zu erwandern, gegen eine Armee aus hungrigen Blutegeln zu kämpfen. Diese als kleine Alien getarnten Vampire versuchten, während wir unschuldig in der Schönheit des wilden Waldes herumstolperten, an unseren Beinen empor zu klettern, um an unsere ungeschützte verletzliche Haut zu gelangen.

    Nach einer weiteren Nachtfahrt zurück im warmen Auroville stopfte ich die feuchten, dreckigen und stinkenden Klamotten in die Waschmaschine und dachte, dass es schlechtere Ideen gibt, als im Monsun durch Kerala zu wandeln.