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  1. Hast du dich schon eingelebt?

    Dezember 22, 2015 by Flo

    Wenn ich um 05.00 Uhr morgens von der Tempelmusik geweckt werde, wenn meine Nachbarin vergeblich versucht um 06.00 Uhr Chai-Tee vorbei zu bringen, wenn ich morgens aus meiner Zimmertüre trete und eine Urinlache von den zugelaufenen Hunden auf mich wartet, wenn ich nicht in die Pfütze trete sondern mit einem Lächeln darüber hinwegschreite und versehentlich auf einen Tausendfüßler steh, wenn ich in Flipflops, T-shirt und kurzer Hose auf mein Motorrad steige um zur Arbeit zu fahren und wenn der Weg zur Arbeit von einer suizidgefährdeten Kuh blockiert wird, wenn ich von zwei hupenden Motorräder gleichzeitig überholt werde, wenn mich der Schulbus von der Straße abdrängt, wenn am Straßenrand Fisch verkauft wird – in der prallen Sonne – . wenn sich um 10.00 Uhr eine Internationale Gruppe trifft um zusammen Tee zu trinken, wenn ich um 12.00 Uhr in die Solarkitchen gehe um zu essen, wenn ich nach meiner Portion noch den Rest anderer Freiwilligen unter dem Motto „WasteLess“ essen darf, wenn ich nach dem Essen zum PTDC rolle um einzukaufen und nach der ausreichenden Mahlzeit mit Anneke noch einen Schokokuchen bei Aurovelo nasche, wenn ich trotz der Hitze lieber im Garten arbeite als im Office, wenn ich nach der Arbeit die Möglichkeit habe zum Yoga zu gehen oder MMA zu machen, wenn ich nach Hause komme und mit meiner WG abendesse, wenn wir uns regelmäßig gegenseitig als verrückt erklären, wenn wir unser Bedürfnis nach körperlicher Zuneigung durch Gruppenkuscheln befriedigen und wenn das alles nur ein Tag war dann hab ich mich in Auroville eingelebt.

    Wenn die Regenzeit beginnt, wenn es Tage lang regnet, wenn es ein Jahrhundertregen gibt, wenn die Kleidung niemals Trocken wird, wenn sich ein leichter aber prägnanter Duft von Schimmelpilz im Zimmer ausbreitet, wenn die Sonne nur noch ab und zu ihr wärmendes Gesicht zeigt, ja dann weiß ich, dass ich mich im Monsun eingelebt habe.

    Wenn Seen entstehen wo zuvor Wüsten waren, wenn Graß wächst wo nur rote Erde war, wenn ich in den Bus einsteige und 8 Rupies zahle für eine Fahrt, wenn ich über den Sundaymarket laufe und mit dem Angebot leicht überfordert bin, wenn es zum Abendessen Parotha gibt und zum Frühstück Idli, wenn ich im Fußballstadion die Hero Super League verfolge, wenn ich nach dem Bus frage und als Antwort „wait wait wait“ bekomme, wenn mir der Verkäufer erzählen möchte dass mir Größe S genauso gut passen wird wie Größe XL, wenn sich der Signalton vom Rückwärtsgang eines Autos anhört wie die polyphone Version von „Für Elise“ aus dem Jamba Sparabbo, wenn sich wildfremde Menschen in Bus und Bahn miteinander unterhalten als würden sie sich seit Jahren kennen, wenn es sich Passanten zur selbstverständlichen Aufgabe nehmen mit mir zu warten bis ich in den richtigen Bus steige, wenn ich in die Berge fahre und merke dass ich viel zu wenig warme Klamotten dabei habe, wenn die Kühe statt auf wiesen in der Stadt grasen, wenn 80 Gerichte auf der Speisekarte aufgelistet sind aber nur 4 zur Auswahl stehen, wenn ich bei Stromausfall im dunkeln auf die Toilette gehe und erst hinterher bemerke, dass eine Maus drin schwimmt und mich das nicht wundert,  wenn der Winter sich anfühlt wie Sommer und wenn die ersten Weinachtsmänner vor dem Kaufhaus einen Sonnenbrand bekommen, ja dann hab ich mich in Südindien eingelebt.

    liebe Grüße an alle die sich grade irgendwo einleben!

     


  2. Auch ein Monat in Indien

    September 28, 2015 by Flo

    Auch ich möchte hiermit meinen ersten Bloggeintrag meines Lebens verfassen, da langsam die fernen Stimmen immer lauter werden die gespannt auf diesen Moment warten, ich hoffe ich werde euren wünschen gerecht.
    Her bietet sich ein kleines Resümee des letzten, der zugleich der erste Monat ist förmlich an und da mein lieber Felix etwas schneller war mit seiner Zusammenfassung, kann ich mir die ersten zwei Wochen ja sparen 😛
    … nein ich bin nicht faul!

    Trotzdem muss ich auch von ganz vorne anfangen, denn im Gegensatz zu Felix hatte ich in der ersten Woche bereits erste Probleme mit meinem Magen-Darm Trakt, da half die Vorbereitung mit Hefekulturen nichts und selbst der kräftige Schluck Steinhäger nach jedem essen war eher für die Katz. Nach drei Tagen war´s dann aber auch wieder gut und seit dem habe ich keine Probleme mehr und die Menge an Steinhäger stagniert zur Zeit, aus Spaß trinkt man den ja nicht einfach so ^^

    Am Ende unserer Einführungswoche gings um die zukünftige Unterkunft und aus unerklärlichen Gründen bin ich der letzte der seine Unterkunft gefunden hat, wer hätts gedacht. Jetzt wohne ich auf dem Gelände der Udavi-School in einem der Dörfer um Auroville mit dem tollen Namen Eydajanchavadi. Es ist ne kleine Wohnung im 1. Stock mit einem Wohn-/ Schlafzimmer, einer kleinen Küche und einem überdachten Balkon. Gratis dazu gab´s doch tatsächlich einen Froschchor mit gefühlt 200 kräftigen Sängerinnen und Sängern, der jeden Abend so zwischen 11:00 Uhr und 01:00 Uhr sein Ständchen singt, einen Wachhund, der nach der Aufführung der Frösche lautstark vor meiner Türe für Ruhe sorgt und einen Tempel im Dorf der so freundlich ist und jeden Morgen von 05:00 Uhr bis 06:00 Uhr kostenlos über Lautsprecher im ganzen Dorf verteilt sein Lieblingslied vorspielt. Wenn die Tempelvorführung zu Ende ist und die Indischen Frauen um 06:00 Uhr anfangen zu kochen brauchen die natürlich auch Musik, und weil die Damen wissen, dass ich kein Radio hab machen Sie Ihre Musik einfach etwas lauter :)… Das hört sich jetzt ja alles ganz schön an gell? Um ehrlich zu sein ist es das auch 🙂 mittlerweile hab ich das Gefühl dieses Tempellied mitsingen zu können obwohl ich kein Wort verstehe.

    Zu meiner Arbeitsstelle, dem Botanischen Garten, fahr ich ca. 2 min mit dem Fahrrad, das heißt ich müsste eigentlich gar nicht so früh wach sein. Ich möchte über den Botanischen Garten selber nicht viel schreiben, da es dazu eine eigene Seite gibt und es eigentlich einen eigenen Eintrag wert währe. Da es aber eine kleine Zusammenfassung sein soll gehört das natürlich dazu. In den letzten 3,5 Wochen im Botanischen Garten haben wir 15 Bäume gepflanzt (und ja Benni, ich werde auch noch schreiben was für Bäume ich gepflanzt hab), Unkraut gejätet, Stecklinge gepflanzt und unzählige Pflanzen gerebaggt (umtopfen, nur ohne Topf sondern nem Sack). Durch das Löchergraben mit Mampti und Chetti hab ich mich gezwungener maßen relativ schnell auch an das körperliche Arbeiten in der doch etwas wärmeren Region hier gewöhnt. Bisher hab ich eine anwachsrate von 100% was doch schon auch für eine Art Glücksgefühle sorgt, wenn man die ersten kleinen Triebe am Baum entdeckt, nachdem er alle Blätter verloren hat. Mit jedem Baum wird unser Ecological Footprint größer, wie Martin so schön sagt.

    Im allgemeinen habe ich aber in diesen einen Monat so viele unterschiedliche Eindrücke, Bilder, Bekanntschaften und Erfahrungen gemacht und gesammelt die hier den Rahmen einer kurzen Zusammenfassung auf jeden fall Sprengen würden. Ich hab den Murugan Tempel in Mailam besucht und meine Haare (die mir noch verbliebenen) und meinen Bart geopfert, wir waren am Geburtstag des Gottes Ganesh in einem Ganesh-Tempel und haben uns von Lashmi, der Elefantenkuh segnen lassen, meine ersten Erfahrungen mit Yoga kann ich auch schon verzeichnen, ab und zu schaff ichs zum Frisbeetraining  und am Wochenende. ja da kann es auch mal sein dass wir eine Party besuchen.

    Ich bin sehr gespannt, was die folgenden Monate für uns alle bereithalten und freue mich über jeden Tag den ich hier verbringen kann 🙂

    liebe Grüße an euch alle, euer Flo

    PS: Bilder folgen noch, ich bekomm das grad nicht hin ^^