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‘Kultur’ Category

  1. Roja, Roja

    September 8, 2024 by Rosa Krausmann

    (Anmerkung: Dieser Bericht bezieht sich vor allem auf meine Erfahrungen mit der tamilischen Kultur und nicht explizit auf Auroville)

    Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl, das mich in den ersten Wochen in Südindien verfolgt hat. Das Gefühl, sich einmummeln zu wollen und nicht zu viel vom Tageslicht sehen zu müssen.

    Der chaotische Verkehr, durchzogen mit Kühen, die auf der Straße liegen und genüsslich ihr Abendessen von gestern erneut kauen. Das steinerne, unbeeindruckte Gesicht der Inder aus dem ich nicht fähig war, auch nur eine Emotion zu lesen. Die Augen, die nicht verraten, was sich hinter ihnen verbirgt. Einmal radelte ich an einem Inder vorbei und sah in seine Augen, die so offen und einladend waren, dass ich beinahe vom Rad fiel, ich war es nicht mehr gewöhnt, die Emotionen von Menschen lesen zu können. Bloße Irritation, weil alles so fremd war und der Wunsch nach Hause zu kommen, weil man weiß, wie sich die Welt in Deutschland verhält. Niemand versucht dich zu überfahren, niemand attackiert dich auf der Straße und will dir alles, aber wirklich auch alles aus seinem Laden verkaufen, niemand versucht dich beim Gemüse Kaufen abzuziehen und der Bus hält an einer richtigen Haltestelle und nicht mitten auf der Straße… zu Hause hörte sich irgendwie besser an.

    Im Nachhinein nennt man das wohl Kulturschock und Heimweh.

    Und dann gewöhnte ich mich an alles und verliebte mich in Südindien.

    Jetzt liebe ich es, auf meinem Motorrad durch den Verkehr zu flitzen. Ich habe gelernt, dass man einfach nur zuerst lächeln muss und dann das dickste und sonnigste Grinsen zurückbekommt. Wenn ich morgens im botanischen Garten auftauche, voll behangen mit indischem Schmuck (ich habe ein gewisses Faible dafür entwickelt) und die Glöckchen meiner Anklets mich schon von Weitem ankündigen, kann ich das kichernde Vanakkam Roja (Hallo Rosa) der tamilischen Mitarbeiter aus allen Richtungen herbei wehen hören. In der Küche freuen sich alle, mich jeden Morgen zu sehen und erzählen mir aufgeregt die größten Neuigkeiten der letzten Tage. Wenn ich es dann auch noch schaffe, zwei, drei Tamil Vokabeln in meine Antwort zu bauen, habe ich sie alle um meinen Finger gewickelt. Ich werde durchgefüttert, bekomme Blumen ins Haar und am besten gleich noch verheiratet. Und meine Nachbarin besteht darauf, dass ich sie Mama nenne und ihr einfach nur zu sagen brauche, wenn ich hungrig bin, sie regele das schon.

    Die Tamilen sind herzliche und warme Menschen und ich bin froh, dass ich das in den neun Monaten erfahren und erlernen durfte. Es hat mich zu einem offeneren und neugierigen Menschen gemacht, Zeit in einer anderen Kultur zu verbringen. Ich bin an meinen alltäglichen Situationen gewachsen und mir fällt es nicht mehr schwer, einkaufen zu gehen. Scheinbar hat sich auch meine Präsenz verändert, denn ich werde nicht mehr von allen Seiten angequatscht und wenn doch, macht es mir nicht mehr so viel aus.

    Irgendwann bin ich so sehr in meinen Rhythmus gekommen, dass ich gar nicht mehr von hier weg wollte. Indien ist so aufregend und bunt und jeden Tag darf ich mit so tollen Leuten verbringen und ich lerne noch mehr tolle Leute kennen.

    Jemand hat mal den Vergleich gezogen, dass das Leben in Deutschland und Europa zwar ganz wunderbar aussieht, es aber eigentlich eine Fassade ist, durch die man hindurch boxen kann und sich dahinter nur Leere befindet. In Indien hingegen wird dir schon alles auf der Straße präsentiert- die Farbe der Fassade blättert zwar schon ab, aber die Fassade ist stabil und hält stand.

    Und ich habe sofort verstanden, was damit gemeint ist und es war auch der Grund, warum ich am liebsten in Indien bleiben wollte. Auch jetzt macht mir das nach Hause kommen ein bisschen Angst. Ich habe das Gefühl, ich bin ein standfesterer Mensch geworden und mache mir nicht mehr so viele Gedanken um mein Image und meine Wirkung nach Außen. Allerdings ist das alles noch ein fragiler Zustand und ich mache mir Sorgen, dass ich diese neuen Erkenntnisse wieder verlieren könnte. Nichtsdestotrotz hat nach neun Monaten auch die Vorfreude auf Zuhause eingesetzt- meine Familie und Freunde wiedersehen, in meinem Lieblingskaffee den Tag vertrödeln, im Garten sitzen und einen riesigen Salat zum Mittagessen zu mampfen und wieder in meine geliebte Ballettschule zu gehen.

    Ich werde einiges an Indien vermissen, unter anderem das gute Wetter und die Motorradfahrten, aber ich werde versuchen, so viel wie möglich mit nach Deutschland zu bringen und die Herzlichkeit und das bedingungslose Geben in meinen Alltag zu implementieren.


  2. eine indische Hochzeit

    Dezember 4, 2019 by Emma

    Mein Bericht kommt diesen Monat etwas verspätet, dafür gibt es jedoch einen sehr wichtigen Grund. Ich war auf einer Hochzeit, einer meiner indischen Kollegen hat geheiratet und hat alle Leute von der Farm eingeladen.

    Das ganze fing Freitag den 22. November an, als ein mir unbekanntes älteres indisches Paar während unserer Teepause (wie fast immer ohne Tee) auf die Farm kam und uns allen einzelnd eine Einladung und eine Blume auf einem Tablett servierten. Ich war zunächst etwas perplex, habe es aber trotzdem geschafft den Eltern des Bräutigams (zumindest vermute ich das sie das waren, könnten auch andere Verwandte sein) zu danken und meine Einladung entgegenzunehmen. Kaum hatte ich das getan wurde das Tablett schon für die nächste Einladung vorbereitet und ruckzuck waren wir alle eingeladen.

    Mein erster Gedanke war ‚Super!, ich freue mich richtig‘, mein zweiter Gedanke war ‚Verdammt, wo kriege ich in 10 Tagen einen Saree mit allem was dazu gehört her?‘. Denn die Hochzeit ist schon am 2. Dezember.

    Meine Rettung kam in Form von Jasmin, einer meiner Mitarbeiterinnen, die leider nicht zur Hochzeit kommen konnte, mir jedoch anbot einen ihrer Sarees auszuleihen. Und so wurden Josef und ich am nächsten Dienstag zum Mittagessen mit anschließenden Sareetraining (weil ich natürlich auch keine Ahnung habe wie man einen Saree anlegt) eingeladen. Nach über zwei Stunden Mittagessen und unterhalten, es gab Idly, war es dann endlich Zeit für die Sarees. Ich muss zugeben das ich erwartet habe, dass Jasmin vielleicht ein oder zwei Sarees und nicht weit über zehn besitzt. Natürlich waren jedoch nicht alle angebracht für eine Hochzeit und so hatten wir am Ende zwei Finalisten, einen grünen Saree mit roter Borte und einen blau-lila Saree. Davon habe ich jedoch nur den grünen anprobiert, weil wir und schon beim ersten Saree einig waren, dass dieser eigentlich perfekt passt (nur die Bluse ist etwas eng, aber wofür gibt es Sicherheitsnadeln). Und schon hatte ich mein Hochzeitsautfitt, ganz ohne den stressigen Shoppingtrip in Pondi, den ich schon halb befürchtet hatte.

    Die eigentliche Hochzeit ist in Zwei Teile gegliedert; Die Zeremonie und der Empfang. Die Zeremonie findet um 6 Uhr morgens in einem großen Hochzeitstempel etwa 30 km von Auroville entfernt statt. Um diese Distanz zu bewältigen teilen wir uns mit einigen Kollegen zwei Taxis, worüber ich sehr froh bin. Vorher holt mich Josef jedoch mit dem Motorrad ab und wir fahren gemeinsam zum Treffpunkt, selbst fahren kann ich leider nicht denn im Saree muss man seitlich auf dem Mororad sitzen. Typisch indisch verlassen wir Auroville, im geteilten Taxi mit Kollegen, erst um 6 sind aber trotzdem noch pünktlich. Die Zeremonie selbst ist laut und voll, unteranderem weil parallel 4 Hochzeiten in der Haupthalle des Tempels gehalten werden und jeder sich einfach um das für ihn interessante Pärchen drängelt. Mein Lieblingsmoment war als plötzlich alle Trommeln lauter und schneller wurden und die Gäste Reis (der vorher rumgegeben wurde) auf das jetzt frisch vermählte Pärchen werfen durften. Nach der Trauung wurden Brautpaar und Gäste noch in einem separatem Raum gesegnet, auf Tamil natürlich.

    Weil die Zeremonie in einem Tempel stattfand gibt es anschließend noch Frühstück im Speisesaal, für nicht Inder war es etwas scharf aber trotzdem sehr lecker. Und weil wir mit unserem Chef unterwegs waren ging es danach direkt weiter zur Arbeit (mit nur einer kurzen Pause zum umziehen). Heute wurde auf der Farm unser Pausenraum fürs Streichen vorbereitet, das heißt Putzen, putzen und nochmals Saubermachen.

    Am Abend war dann noch ein Empfang. Offiziell ging dieser von 6 Uhr bis 7:30, defakto kamen wir, ich bin mal wieder mit meinem ‚großen Bruder‘ Josef gegangen, erst um 7 Uhr beim Empfang an und das Brautpaar hatte seinen Auftritt immer noch nicht gemacht. Also warteten wir, bis das Essen serviert wurde, was zum Glück nicht lange dauerte. Da wir, typisch deutsch, sehr früh dran waren haben wir es sogar noch in die erste Runde Esser geschafft. Das Essen wurde in einer großen Halle auf Palmenblättern serviert, wobei Kellner mit Eimern an den Tischen vorbei gingen und jeder eine Komponente des Gerichts servierte. Sobald man fertig war, signalisierte man dies durch falten des Bananenblattes und ein Kellner kam, der den Tisch einmal abwischt, das benutzte Blatt ersetzt und den nächsten Gast heranwinkt. Unsere Runde war die erste von drei (meiner Schätzung nach). Auf dem Weg nach draußen sind wir dann noch einem Kollegen begegnet, er schätzte die Zahl der Gäste auf 1-2000 (Nein ich habe nicht eine Null zu viel drangehängt), nur um einem mal eine Idee von den Dimensionen zu geben. 

    Nach dem Essen war es dann Zeit für das Hauptevent des Abends, das überreichen der Geschenke. Dazu reihten sich die Gäste (die die nicht noch immer essen) rechts und links von der Bühne, wo sich inzwischen das Brautpaar eingefunden hatte, auf. Dann sind immer zwei Leute/Pärchen oder eine Größere Gruppe zum Paar gegangen und haben den frisch Vermählten gratuliert und ihr Geschenk überreicht. Bevor es dann auch schon wieder von der Bühne ging lächelte man noch einmal Kurz in Richtung Kamera (für Fotos und den live Videostream fürs Publikum, da die direkte Sicht von der Kamera verdeckt wurde).

    Und das war‘s auch schon, meine erste indische Hochzeit.


  3. 9 Nächte

    Februar 7, 2018 by Nina

    (6 im Zug, 2 in Städten, 1 in der Wüste)

    Wen würde ich, wenn ich mich entscheiden müsste lieber heiraten: einen Inder oder einen Deutschen? Diese Frage hatte ich mir, ehrlich gesagt, noch nie so gestellt. Und doch tauchte sie am zweiten Tag der Reise auf, die Mira und ich nach Rajasthan unternahmen. Gestellt wurde diese Frage von einem tamilischen College Studenten, dessen Namen ich mir leider nicht merken konnte und den wir zusammen mit 6 seiner Kommilitonen auf unserer 38-stündigen Hinfahrt im Zug kennenlernten. Zugegebenermaßen war mir zunächst etwas mulmig zumute, als mir klar wurde, dass ich auf der ersten nächtlichen Zugfahrt meines Lebens das Abteil mit 7 fremden jungen Indern teilen würde. Jegliche Vorbehalte schwanden aber, da wir nach allen Regeln der Kunst mit ihren mitgebrachten Speisen gemästet wurden, sie verkündeten uns Tamil beibringen zu wollen, ein paar Augen über die Bettkante lugten, um mir zu versichern, dass bei „any problems at night“ ich nur zu rufen brauchte, und am Ende nicht nur die unvermeidliche Selfie-Time, sondern auch kunstvoller deutscher und tamilischer Gesang stand.

    Diese für indische Verhältnisse nicht wirklich ungewöhnliche Begegnung sollte während der zehntägigen Reise keine Ausnahme bleiben. Denn nachdem wir im deutschen Stechschritt in zwei Tagen (fast) alle Touristenattraktionen in Jaipur abgeklappert hatten, stand die nächste Nacht im Zug auf dem Weg nach Jaisalmer an. Von der „Pink City“, wie Jaipur auch genannt wird, waren wir ziemlich erschöpft, weil jegliches Schlendern über die Straßen zwischen den Tourismus-Hotspots von allzu aufdringlichen Tuktuk-Fahrern, Geschäftseigentümern und der hohen Luftverschmutzung verleidet wurde.

    Als wir daher müde auf unserer Sitzbank im Zug hingen, stellten wir überrascht fest, dass im Nachbarabteil des Sleeper-Class-Waggons sich noch ein weiteres weißes weibliches Wesen befand. Wie wir später feststellten war die mutige Reisende eine polnische Ärztin, die alleine und ohne großen Plan durch Indien reist, und auch auf dem Weg nach Jaisalmer war. Im Gegensatz zu uns traute sie sich während eines Halts unabsehbarer Länge aus dem Zug, um Essen am Bahnsteig zu kaufen. Unsere hungrigen Blicke waren scheinbar nicht so unauffällig wie wir dachten, denn sie teilte ihre Portion mit uns und ging dann, kurz bevor der Zug losfuhr, Nachschub besorgen. Aber auch für sie zahlte sich die Begegnung aus, denn als nach einer kurzen durchfrorenen Nacht der Zug tatsächlich mit einer halben Stunde Verspätung pünktlich um 5:20 am am Zielbahnhof ankam, hätte sie ohne uns als lebendige Wecker noch selig geschlafen. Als langsam die Sonne immer mehr und mehr von der architektonischen Schönheit und der müllüberzogenen Hässlichkeit Jaisalmers enthüllte, war unsere Laune kältebedingt leider nahe des Gefrierpunkts angelangt. Mit dem frühmorgendlichen Einchecken ins Hotel, einem leckeren Frühstück und dem darauffolgenden Besuch eines Desert-Festivals (Wusstet ihr, dass es Kamel-Polo gibt?) waren wir aber bald wieder guter Dinge.

    Für die nächste Nacht im Zug waren wir mit einer zusätzlichen Decke und mit deutlich entspannterer und positiverer Stimmung bewaffnet. Außerdem gingen wir an diesem Tag nicht alleine zum Bahnhof, da wir auf der Kamel-Safari in der Wüste hinter Jaisalmer (unter anderem) einen Nord-Ost-Inder kennen gelernt hatten, der auch unser Zuggefährte werden sollte. Der Kamelritt während der Safari war für mich wie Pony-Reiten in der Wüste. Sehr, sehr große Ponys. Und erstaunlich gut erzogene. Der vorbildlich organisierte Ausflug beinhaltete aber nicht nur den erwähnten Ritt auf einem Kamel sondern auch das Übernachten unter freiem Himmel in der Wüste. Neben einer besonders schönen Düne wurde unser Lager aufgeschlagen und es war ein fast perfekter Tag mit einem wunderschönen Sonnenuntergang, einer folgenden Mondfinsternis, während der sich unzählige Sterne neben dem Blutmond hervortrauten, und schließlich einem beeindruckenden Vollmond, der mit seiner Strahlkraft der Sonne versuchte Konkurrenz zu machen. Seien wir ehrlich: In der Wüste hat der Mond da keine Chance, aber es war ein guter Versuch.

    Nach einem Tag in Jaipur, den wir unmotiviert die meiste Zeit in unserem ehemaligen Hotel verbrachten, traten wir schon wieder die Rückreise Richtung Auroville an, um im Zug sofort vom indischen Klischee umzingelt zu werden: Eine Großfamilie mit einem unangefochtenen Hahn im Korb, einer fürsorglichen Mutter, zwei mitreisenden Tanten, einer rebellierenden Tochter und einem kleinen Sohn. Da auch diese Mitreisenden uns nicht verhungern ließen, steht fest,dass auch bei allen Unterschieden zwischen Rajasthan und Tamil Nadu (Sprache, Essen, Architektur, Menschen, Kühe) Indien mehr zusammen hält als nur „Faulheit und Chaos“.

    Nach diesem fulminanten Abschluss unserer Reise bleibt nur noch eine Frage: Wen würde ich lieber heiraten: einen Deutschen oder einen Inder? Muss ich darauf eine Antwort kennen?


  4. Pongal

    Januar 18, 2018 by Mira

    „Hausaltar“

    Vom 13.1. bis zum 16.1. wurde hier in Tamil Nadu Pongal gefeiert, ein Erntedankfest, und in etwa so wichtig wie bei uns in Deutschland Weihnachten. Am ersten Tag verbrennt man alte Dinge und bereitet sich auf die nächsten Tage vor. Der zweite Tag, den ich bei meiner Familie in Pondi verbracht habe, ist der eigentliche Pongaltag. Jede Familie feiert ihn etwas anders, aber letztlich ist allen gemein, dass sie ein Gericht namens Pongal und weitere Speisen kochen. Diese werden dann zuerst den Göttern gegeben  und erst dann selbst gegessen, nachdem gewisse Zeremonien durchgeführt wurden,

    Auch das Haus meiner Familie in Pondi ist festlich mit Kolams geschmückt

    mit denen man den Göttern und der Natur für alles, was sie einem gegeben haben, dankt. Auch sind die Kolams während Pongal noch aufwendiger und schöner als sonst, wobei diese vor Sonnenaufgang fertig sein sollen. In den Dörfern gibt es oft Wettbewerbe, wer denn die schönsten Kolams „malt“. Da Pongal ein Erntedankfest ist und man Wohlstand und Überfluss zeigen möchte, sollte das Essen möglichst überkochen.

    Am dritten Tag dankt man den Kühen für ihre Dienste, wäscht sie und führt Rituale mit ihnen durch. Auch landwirtschaftlichen Gerätschaften dankt man rituell. Diesen Tag haben Jasper, Nina und ich an einem Baggersee verbracht, doch auf dem Weg dorthin konnten wir dies alles beobachten.

    Wir hatten den ganzen See nur für uns. Und von den Felsen zu springen macht echt Spaß.

    Der vierte Tag wird auf dem Land und in der Stadt etwas anders verbracht. An diesem Tag bekommen die jungen Leute in der Stadt (vlt. auch auf dem Land) von älteren Personen, sei es Familie oder Nachbarschaft, Geld geschenkt. In Kuilappalayam, einem Dorf bei Auroville, wurden die Kühe geheiligt und „geschmückt“ und durchs Dorf getrieben. Es wurde mit Bananen und Konfetti um sich geworfen, laute Musik gespielt und sich auf einem kleinen Markt vergnügt. Selbst Leute aus Pondicherry sind angereist, um sich dieses Spektakel nicht entgehen zu lassen. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung unter den Menschen, doch ob auch unter den Kühen, sollte man bezweifeln. Hier noch ein paar Eindrücke von diesem Event und auch ein paar Bilder von Kolams, die es massenhaft in festlicher Gestaltung dieser Tage gab:


  5. Tiruvannamalai

    Dezember 18, 2017 by Mira

    Am Wochenende haben sich unter der Führung von Jürgen ein paar von uns (Jasper, Daniel, Manuel, Camilla, Johann, Luk und ich) nach Tiruvannamalai aufgemacht. 3h hat die Motorradfahrt gedauert (ohne die Pausen) und gefahren sind wir über einige Landstraßen und Highways, wobei wir auf beiden in unserem jugendlichen Übermut mit Freude versuchten, das äußerste aus unseren Motorrädern herauszuholen, sofern der Verkehr nicht zu dicht war.

    In der Ferne ist der Berg schon von weitem zu sehen

    Angekommen sind wir in Tiruvannamalai am Samstagabend. Neben Bezug eines Hotels und irgendwo gemeinsam zu Abend essen gehen, haben wir uns noch den Ashram von Sri Ramana Guru angeschaut. Allgemein findet man in Indien überall hinduistische Tempel, Moscheen und Kirchen. Aber in dieser Stadt schien die Fülle an hinduistischen Elementen noch mehr zu sein als sonst, was vielleicht daran liegt, dass sich Tiruvannamalai am Fuße eines heiligen Berges befindet. So soll Sri Ramana eine Inkarnation von diesem heiligen Berg gewesen sein. Im Ashram selbst war, als wir dort ankamen, gerade ziemlich viel los. In einer großen Halle saßen viele Inder, aber auch recht viele Weiße in Reih und Glied und sangen bzw. sprachen immer wieder dieselben Sätze (oder Wörter?). Ein paar umrundeten auch einen goldenen Stuhl, reichlich mit Blumen geschmückt. Der fast monotone Sprechgesang schien die Anhänger Ramana Gurus in Meditation zu versetzen. In einigen Nebenräumen waren Leute in das Studieren seiner Lehren vertieft und in einem weiteren Raum wurden hinduistische Götter verehrt. Stets umgab einen hier der Geruch von Räucherstäbchen und brennenden Ölkerzen in Tonschälchen.

    Am nächsten Tag begann dann der Aufstieg auf den 800m hohen, heiligen Berg. Jürgen und ich machten uns bereits gegen 5 Uhr morgens an den Aufstieg, die anderen folgten später. Im noch Dunkeln kletterten wir somit den Berg hoch, wobei ich mit klettern meine, dass es keine ebenen Wege oder Treppen gab, sondern wir wirklich über große und kleine Steine und teilweise fast glatte Felswände hochkraxeln mussten. Während unseres Aufstiegs wurde der Himmel immer heller, doch einen wirklich schönen Sonnenaufgang konnte man nicht sehen, denn der Smog über der Stadt in Verbindung mit der hier allgemein hohen Luftfeuchte, verminderte die Aussicht extrem. Nach 1½h war der (anstrengende) Aufstieg dann geschafft. Sonderlich weit konnte man aus eben genannten Bedingungen nicht schauen, dennoch war die Aussicht überwältigend (und der starke Wind eisig). Ein paar Anhänger eines bereits verstorbenen Gurus, der hier oben 17 Jahre lang gefastet hatte, leben dort in einer winzigen Hütte. Einer kam zu mir und hat mir die heiligsten Stellen gezeigt und mir vorgemacht, wie ich mich zu verhalten hätte, um den Segen des Berges zu bekommen. Auch führte er mich in eine kleine Höhle mit einer blütenbedeckten Statue und einem bereits brennenden Räucherstäbchen. Dort saßen wir einige Zeit und führten ein paar Rituale durch, die ich nicht in Kürze zu beschreiben vermag. Später brachte er mich in ihre winzige Hütte und man bot mir etwas zu trinken an.

    Auch hier oben sind die Geräusche der Stadt noch nicht verklungen

    Nach einem scheinbar nicht enden wollenden Abstieg und einer kurzen Erfrischung im Hotel, machte ich mich noch auf den Weg in den Annamalaiyar Tempel. Es handelt sich hierbei um eine große Tempelanlage mit mehreren reich verzierten Tempeltürmen. Jährlich strömen Tausende von Pilgern hierher und auch als ich den Tempel betrat, herrschte Hochbetrieb. Was für ein Gedrängel – alle wollen sie einmal durch den heiligsten Teil des Tempels durchgeschleust werden, um zumindest für einen kurzen Moment vor einer Statue ein paar Worte zu sprechen und sich segnen zu lassen oder um Hilfe für etwas zu bitten. Im Gegensatz zum Ashram befanden sich hier ausschließlich Inder, mit Ausnahme von mir, was mich gleich zur Touristenattraktion machte – „Selfie, selfie?“.

    Im Nebenabschnitt des Tempels