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Es wird Rund

12. Juli 2023 von Lucia Lenters

Der Kreis schließt sich bald.

Es sind die letzten Wochen.

Am 08. August geht es für mich zurück nach Deutschland.

Erst war ich noch darum bemüht, meinen Flug um 5 Wochen nach hinten zu verschieben, um noch ein bisschen Reise und Freiheitsluft zu schnuppern. Leider bekam ich dann die desillusionierende Nachricht des Reisebüros, dass das aufgrund von buchungstechnischen Details nicht möglich ist. So versuche ich nun, Frieden damit zu schließen, dass es nun nur noch wenige Wochen bzw. Tage sind, die ich hier verbringe.

Und da fällt mir auf: Oh je, ich hab meine ganzen Urlaubstage noch gar nicht aufgebraucht! Warum eigentlich nicht? Ich hätte es wirklich dringend nötig gehabt…. damals. Aber damals dachte ich, ich will sie nicht zu früh alle verbrauchen. Also habe ich sie mir aufgespart. Jetzt komme ich leider zu der ernüchternden Erkenntnis, dass es mir in diesen letzten Wochen zu viel Tohuwabohu ist, noch wegzufahren, so werde ich mir meine übrig gebliebenen Urlaubstage wohl einfach hier in Auroville nehmen und mich nochmal so richtig schön durch Auroville treiben lassen. Vielleicht noch 1-2 Workshops, oder einfach mal an den Strand. Das habe ich nämlich fast nie gemacht. (oder doch nochmal kurz einen Abstecher nach Mahabalipuram?)

Ein bisschen bedauern schwingt da dennoch mit, denn gerne hätte ich noch mehr von Indien gesehen. Viele Menschen, die ich kenne, waren bereits hier in Indien und schwärmen vom Land – und ich war ein Jahr hier in Auroville, in Indien, und habe das Gefühl, nicht ganz das erlebt zu haben, was die anderen erlebt haben… das, was ich glaube, beim Reisen zu erleben. Ich hätte mir mehr Zeit zum Reisen gewünscht, mehr Urlaubstage, um noch weiter in dieses Land und in diese Kultur einzutauchen. So hatte ich das Gefühl, viel in einem Alltag aus Arbeit zu verbringen, der mir leider nicht so viel Raum gegeben hat, mich richtig aktiv mit der Fülle der Kultur und des Landes auseinanderzusetzen. Da ist ein Reisewunsch, der ist noch nicht befriedigt. Und wer weiß, vielleicht komme ich mal zurück, um dieses Land nochmal aus einer anderen Perspektive und mit mehr Freiheit zu erleben.

Was wohl auch zu meinem letzten Bericht gehört, weil aktuell: Die Erkenntnis, wie unglaublich viel ein Lebensort ausmacht. Damit meine ich grade nicht das Land. Ich meine ganz praktisch, die vier Wände, in denen man sein Zeug hat, schläft und Teile der Freizeit verbringt. Ich bin Anfang Juni noch einmal umgezogen, aus dem Zimmer bei der Udavi School in die Community Maison des Jeunes. Dieser Umzug hat so viel für mich verändert, ich fühle mich auf einmal, als hätte ich tatsächlich ein Zuhause hier. Ich habe es vermisst und finde es schön, wieder in einer Community zu leben, ich fühle mehr soziale Einbettung, und letztens hat jemand gesagt “Auroville begins with your home” – und es stimmt. Alles ist so viel schöner und lebendiger, seit ich in MdJ wohne und es sich dort nach einem Zuhause anfühlt, in das ich gerne nach einem langen Tag zurückkomme. 

Ich bin froh, dass ich mich dafür eingesetzt habe, noch einmal umzuziehen, obwohl das eigentlich nicht geplant war. Dass es auch geklappt hat, fühlt sich nach Selbstwirksamkeit an. Und dass es mir so gut tut, ist einfach nur ein Segen für meine letzten 2 Monate hier.

In meinem Projekt waren alle lange im Urlaub, und ich saß viel alleine oder nur mit einer anderen Person im Büro, das hat sich manchmal etwas unsinnig angefühlt, weil es nicht wirklich was zu tun gab und ich hätte mir gewünscht, mehr Freiheit zu haben auch mal weniger zu Arbeiten, wenn es nicht wirklich notwendig ist. Jetzt sind jedenfalls alle wieder da und es herrscht eine gemütliche Stimmung im Büro. Ich versuche gerade ein Projekt abzuschließen, was sich aber auch nicht so leicht gestaltet, weil ich keine geschulte Datenanalysatorin bin, und wahrscheinlich wird das mit dem Projektabschluss leider nichts mehr vor Ende meiner Zeit hier. 

Inzwischen bin ich mit meiner Ausrichtung schon wieder viel in Deutschland und freue mich darauf, meine Freund*innen & Familie wiederzusehen und in meine WG zurückzukehren. Ich weiß zwar auf vielen Ebenen noch nicht, wie es weitergeht, aber ich freue mich auf die Freiheit! Ich habe gemerkt, dass so eine längerfristige Vertragsgebundenheit meinem inneren Freiheitsgeist und meiner Gesundheit nicht so gut tut und ich perspektivisch wahrscheinlich Richtung Selbstständigkeit gehen werde. Ich mag es, mir meine Zeit frei und eigenverantwortlich einzuteilen und selbstbestimmt mein Leben zu gestalten. 

Und ich freue mich auf lange Waldspaziergänge in der wilden stillen Natur, ohne einen einzigen Menschen zu treffen und ohne mich unsicher oder deplatziert zu fühlen, weil ich eine Frau bin. 

Bei all der Vorfreude schwingt natürlich auch eine kleine Trauer in mir. Wieder einmal loslassen und die ständigen Veränderungen des Lebens willkommen heißen. Goodbye’s and Hello’s.

Goodbye to leckeren exotischen Früchten ohne schlechtes Klimagewissen. (Mango! Papaya! Passionfruit! Ananas! Jackfruit! Bananas! I will miss you!). Goodbye to cruising around with my motorbike (mit schlechtem Klimagewissen). Goodbye to eating out almost every meal and eating in fancy places I could never afford in germany. Goodbye to nasty ants in my bed, and in my food box, … and literally everywhere. Goodbye to heat and sweat. Goodbye to “selfie, selfie, selfie madam? selfie!” Goodbye to Idly & Dosa & Chutney. Goodbye to the constant noise of fans inside and the constant noise of traffic, honking and temples outside.Goodbye to amazing cookies and coffee in the office! Goodbye to geregelter Alltag und Arbeit. Goodbye to all the amazing people i met here. Goodbye to all the annoying people i met here. Goodbye to Linksverkehr! Goodbye to free cows everywhere. Goodbye to chaos everywhere. Goodbye to my wonderful team at wasteless! Goodbye to my beautiful community and room in MdJ! Goodbye to all the beautiful evergreen plants and trees! Goodbye to the colorful flowers everywhere! Goodbye to the crazy monsoon thunderstorms! 

Welcome cozy sweaters! Welcome deutsche Äpfel! Welcome Family, Friends, Gemeinschaft, WG. Welcome freiere Körperkultur.Welcome viel mehr Geschlechter-Gleichberechtigung & Awareness ! Welcome Festivals! Welcome geregelter Straßenverkehr! (und Rechts vor Links). Welcome viel zu hohe Strom und Mietpreise! (AAAH! Hilfe!). Welcome angespannte Europa-Situation! Welcome Joggen gehen ohne gleich den gefühlten Hitzetod zu sterben! Welcome Freiheit. Welcome Reisen. Welcome to all the amazing people i missed. Welcome Wasser aus dem Wasserhahn in meinem Trinkglas! Welcome Backofen und Welcome selber kochen. Welcome feste Schuhe. Welcome frische Luft. Welcome Wald und “wilde” Natur. 

What fun!

I’m OUT ladies and gents! 

Enjoying and idealizing the last weeks of my time here.


noch ein paar kleine Dinge, die ich gerne vorher gewusst hätte und was vor allem an die zukünftigen Weltwärtsler*innen gerichtet ist (gehe auf mehr wenn du weiterlesen willst)

Durch das Vorzeigen des Residential Permits welches ihr nach der Ankunft erhaltet, bekommt ihr (wahrscheinlich) den Preis für Indian Nationals statt den für Ausländer*innen in Sehenswürdigkeiten, Tempeln und Nationalparks (keine Garantie – aber wir haben statt 500 Rupee nur 45 Rs. gezahlt, um in einen Nationalpark zu kommen)

Auch wenn/falls euch beim Vorbereitungsseminar erzählt wurde, dass Frau*Mann hier nicht mit kurzer Hose/Rock rumlaufen kann: Geht! also packt euch welche ein (das habe ich nicht gemacht und es hat mir direkt in der ersten Woche beim rumfahren mit dem Fahrrad gefehlt… Ne Hotpants muss es vielleicht trotzdem nicht grade sein, das wäre mir z.B. ehr unangenehm hier, weil das dann schon auffällt). Genau das gleiche gilt übrigens auch für Spaghettiträgertops 😉

Steht auch auf der Packliste, aber um es nochmal zu betonen: Octenisept! Hier gibts hauptsächlich Iod-Desinfektionsmittel wie Betaisodona (was natürlich auch funktioniert, aber Octenisept ist halt einfach echt nice).

Auroville ist außerdem kein Malaria Gebiet (das wusste ich z.B. nicht) – also nicht zu viel Sorgen machen wegen sowas und Mückenspray gibts hier überall, also müsst ihr sowas nicht mitbringen.

Es macht außerdem Sinn sich relativ bald ein Motorrad/TVS/Scooter zu kaufen falls ihr das wollt (statt sich ewig etwas zu leihen). Ich hab das erst im Februar geschafft, aber falls ihr sowas haben wollt fangt einfach früh an mal rumzufragen, kann dann nämlich auch etwas dauern bis ihr was findet.

Spotify oder Netflix etc. könnt ihr hier richtig günstig bekommen, ihr braucht nur jemanden der für euch bezahlt mit einer indischen Zahlungsmethode. (also falls ihr ein Abo habt stellt es lieber schnell um, sonst werft ihr quasi Geld zum Fenster raus)

Und dann gibts da auch noch einiges mehr, aber das findet dann jede*r für sich selbst raus, und so ist das Leben. 🙂


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