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Schnipp, Schnapp

8. Oktober 2018 von Paula Mayer

Mittwochmittag in der Solar Kitchen:

Svea fragt in die Runde ob neben ihr und Leon noch jemand Lust hat sich in nächster Zeit seine Haare abzurasieren. Ich denke das erste Mal wirklich über diese Option nach und stelle fest dass ich prinzipiell mir dies sogar vorstellen kann. So ganz überzeugt bin ich allerdings noch nicht, Leon scheint es aber nicht anders zu gehen.

Samstagabend im Youth Center:

Svea: „Mein Shampoo ist alle. Paula hast du morgen Zeit mit nach Mailam zu fahren?“ Ich: „Öh. Ähm. Äh. Ja, also ich habe morgen noch nichts vor.“

Sonntagmorgen um acht:

Vier Gestalten sitzen auf einer Bank und warten auf das Taxi was sie zum eine Stunde entfernten Tempel in Mailam bringen soll. Carina freut sich voll. Sie möchte sich ihre Haare nicht abrasieren lassen. Leon, Svea und ich sind von unserer eigenen Spontanität immer noch etwas überrumpelt. Den Spontanitätspreis  bekommt jedoch Lara, die sich, als sie uns da morgens sitzen sieht, einfach entscheidet mitzukommen. Dann um 9:30 Uhr geht es endlich los. Zu sechst im Taxi ist es ein bisschen eng, aber Lara wechselt die Schöße regelmäßig auf denen sie sitzt. So gegen alle deutschen Sicherheitsstandards verstoßend, steigt die Anspannung und Vorfreude.

 

Mit unserem Taxifahrer haben wir uns schon während unserer Fahrt angefreundet und so führt er uns netterweise zum Haarschneide Platz, der etwas unterhalb des Tempels liegt. 10 Rupies für eine neue Klinge und dann geht es los. Irgendwie bin ich die Erste und dann beuge ich meinen Kopf vor, mir werden zwei Zöpfe gebunden, etwas Wasser über den Kopf gegossen und langsam trennt sich Strähne um Strähne vom meiner Kopfhaut.

Am Anfang brennt es ein bisschen aber es ist auch angenehm kühler. Für die nächsten Stunden bleibt das Gefühl von Phantomhaaren bestehen das sich erst auflöst wenn die Hand immer wieder zum Kopf wandert. Danach geht es zum Waschen zu einem großen Teich/Becken und wir reiben unsere frischen Glatzen mit gelber Farbe ein.

Bei der ganzen Prozedur werden wir interessiert beobachtet und danach fröhlich angelächelt. Wir sind die einzigen Europäer die da sind. Die Haare die hier abgeschnitten werden dienen als Opfer an die Götter. Meistens ist das Opfer mit einem Wunsch verbunden, etwa dem nach Nachwuchs. Die geopferten Haare werden gesammelt und landen irgendwann in Europa oder in anderen Teilen der Welt als Perücken oder Haarverlängerungen.

Nachdem ersten Schock und gegenseitigen betatschen der jetzt so kahlen Köpfe, fahren wir noch zum Tempel hoch. Auch hier ist unser Taxifahrer sehr hilfreich, denn alle Tempelschilder sind in tamil verfasst. Als wir nach einer Stunde wieder draußen sind bleibt ein chaotischer, überfüllter und teurer Eindruck zurück. Spannend aber sehr anstrengend.

Als uns der Monsun und die Nachricht über die ersten Läuse diese Woche erreicht, nehmen wir das als gutes Ohmen uns von unserem Haar gelöst zu haben. Mitlerweile fühlt es sich auch schon wieder flauschig auf meinem Kopf an.


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