Hallo Freunde, Bekannte, Verwandte und Interessenten. Ich bin Oskar, mittlerweile 21 Jahre alt, und komme aus Bremen. Ich werde am 22.08.2024 mit 12 anderen Freiwilligen aus Deutschland, nach Auroville/Indien reisen, um dort in Thamarai, was nicht allzu weit entfernt von Auroville liegt, zu arbeiten. Dort werde ich Kinder und Jugendliche betreuen. Ben, den ich schon auf den Vorbereitungsseminaren kennenlernen durfte, ist mit mir bei meiner Einsatzstelle und gleichzeitig mein Mitbewohner.
Die anderen Freiwilligen sind in andere Projekte aufgeteilt.
Nun ist es schon fast so weit, in 3 Tagen ist Abflug. Es ist 11:17 und ich liege immer noch in meinem Bett, nicht weil ich so ein Langschläfer bin, sondern ich liege schon wieder im Bett. Ich arbeite morgens in einem Kiosk und stehe immer sehr früh auf, wenn ich mir die Zeit nehme, dann hänge ich nach Feierabend gerne einen Mittagsschlaf ran. Ich weiß also schon wie es ist so früh morgens aufzustehen, allerdings weiß ich nicht wie es ist ohne meinen Mittagsschlaf auszukommen.
Dies ist nur einer meiner kleinen verwöhnten Bedenken die ich in mir trage, wenn ich an das Abenteuer Auroville denke.
Aber ist ja auch langweilig wenn alles perfekt wäre.
Auf der einen Seite kann ich es kaum erwarten mir meine ersten Eindrücke vorort zu machen und auf der anderen Seite hab ich Respekt davor, ob das Ganze nicht doch ein wenig zu weit weg von meiner Heimat ist.
Es ist schwierig in Worte zu fassen was einem vor so einer Reise alles durch den Kopf geht. Es ist irgendwas zwischen riesiger Vorfreude und vorsichtigem Hinterfragen, ich glaube das trifft es ganz gut. Es überwiegt aber die Vorfreude! Die Vorfreude auch mal auf meinen Standard hier zu verzichten, die Vorfreude auf neue Bekanntschaften und Freunde und vorallem die Vorfreude neue Dinge wahrzunehmen, sei es das Essen, neue Tiere oder der Geruch auf den Straßen. Ich glaube das Jahr wird unglaublich, was vor 7 Monaten nur so eine Schnapsidee war, wird jetzt Realität.
So, ich muss jetzt noch ein paar Besorgungen machen, sonst wird das hier Nix mit Ausreisen in drei Tagen.
Ich freu mich schon euch berichten zu dürfen wie es so in meiner Einsatzstelle aussieht und was ich euch so nach den ersten 3 Monaten alles erzählen werde.
Ich vermisse meine Liebsten und meinen kleinen Bruder jetzt schon ganz dolle, aber ich komme ja wieder! :):
Ich wünsche euch allen, auch wenn ihr nicht so spannende Sachen macht, eine schöne Zeit und freue mich drüber auch mal von euch was zu hören.
Für meinen dritten Bericht wollte ich mal ein paar kleine Ausschnitte aus meinem Leben hier zeigen, manche kommen häufiger vor und manche eher seltener. Dazu gibt es noch ein paar Updates was auf der Arbeit gerade passiert und weiteres.
Arbeit
Ich habe in den letzten drei Monaten viel an der Erstellung von Postern gearbeitet, welche einen Einblick in die einzelnen Projekte geben. Hierfür habe ich mir sehr viel Zeit gelassen, weil es ansonsten häufig nicht so viel zu tun gibt. Nun bin ich aber fertig mit den Postern und es tut sich was woanders, in den Kalvarayan Hills. Dort arbeiten wir besonders mit vier Schulen zusammen an denen die Großzahl der Kinder Anämie hat und auch untergewichtig ist. Die Schulen sind vier Grundschulen an denen einige der Kinder auch unter der Woche übernachten, weil ihre Familien zu weit weg wohnen, also bekommen sie dort auch alle ihre Mahlzeiten. Diese sind häufig nicht nährstoffreich, was zu der Gesundheitlichen Verfassung der Kinder führt. Wir geben ihnen Nahrungszusätze, Bildungseinheiten und nachdem wir mit einem Kinderarzt gesprochen haben entwickeln wir nun eine neue Strategie um endlich mal eine Veränderung zu sehen. Hierfür werden wir nun auch Eisentabletten verteilen und nach und nach alle Kinder zu einem Krankenhaus bringen damit sie dort ausführliche Bluttests durchführen können. Zudem haben Preethi (meine Arbeitskollegin) und ich ein Programm über grundlegende Hygiene erarbeitet, welches wir nun mit den Einzelnen Schulen durchführen. Mal sehen wie es sich hier so weiter entwickelt und was noch alles auf uns zukommt.
Freizeit
Ich habe begonnen in meiner Freizeit ein wenig zu schnitzen, also nicht mit der Hand sondern mit einem Dremel. Das macht mir wirklich sehr viel Spaß, besonders weil ich es zuhause machen kann meinen Podcast dazu hören kann und sehe wie sich meine Ideen langsam verwirklichen. Oder manchmal auch nicht, wenn ich etwas falsch kalkuliert habe und es am Ende doch nicht so wird wie ich es gerne gewollt hätte. Aber das gehört schließlich auch alles dazu, in den letzten Wochen habe ich nicht mehr so häufig geschnitzt aber würde gerne wieder damit anfangen.
Fotografieren
Das tue ich immer noch äußerst gerne, besonders beim Reisen ist meine Kamera immer mit dabei. Da ich analog fotografiere sammeln sich die Filmrollen in unserem Kühlschrank an. Ich hatte zwei Rollen auch hier entwickeln lassen allerdings kamen ein paar Fotos nicht sonderlich gut dabei raus, was am Film, der Entwicklung oder der Belichtung liegen könnte. Da bin ich mir nicht sicher, doch ich habe entschlossen die restlichen lieber in Deutschland entwickeln zu lassen um auf Nummer sicher zu gehen. Erst letztens sind Rosa, Lola und ich morgens früh aufgewacht um durch Kuilaplayam zu laufen und fotografieren zu gehen, die beiden mit ihren digital Kameras und ich mit meiner, Wir sind ca. 2h rumgelaufen haben eine Menge an Hunde, Hühnern, Kühen, Ziegen und Kindern gesehen und tolle Fotos gemacht. Danach gab es frische Idlis zum Frühstück mit Chutneys und nach Karamell schmeckendem glühen heißem Kaffe, gefolgt von noch einem morgendlichen Schläfchen. Ich werde meine Fotos dann erst in Deutschland sehen als bin ich mal gespannt was dabei rauskommen wird.
Bagelfrühstücks
Eine kleine Tradition die Rosa und ich begonnen haben ist das wir sonntags morgens zuhause zusammen frühstücken, was unter der Woche nicht vorkommt weil sie früher aufwacht als ich und wir dann am Sonntag gerne dafür Bagels oder Brot backen. Dazu gibt es dann Kaffe, Frischkäse, Tomate und Gurke und manchmal auch Humus wenn wir am Tag vorher daran gedacht haben Kichererbsen einzuweichen. Danach geht es häufig an den Stand. Dieser ist besonders sonntags sehr voll und man trifft einige Menschen die man kennt und mit denen man dann in der Sonne liegen kann, schwimmen geht und über alles Mögliche quatscht.
Gesundheit
Diese hat bei mir ein wenig gelitten, besonders im März und April. Da zu dieser Zeit Pestizide auf die Cashews gesprüht werden und von denen ein Feld direkt hinter unserem Haus liegt gehe ich davon aus das dies mein Immunsystem angeschlagen hat. Ich hatte viele Kopfschmerzen und war immer ganz schlapp nach der Arbeit und konnte eigentlich gar nichts richtig machen. Da unsere Wohnung keine Glasfenster hat die wir schließen können, kann man sich auch schlecht davor schützen. Dadurch habe ich mir schnupfen und husten für einige Zeit eingefangen und kurz darauf eine Blasenentzündung bekommen, welche dann zu einer Nierenbeckenentzündung wurde. Daraufhin lag ich erstmal eine Woche im Bett und habe gar nichts mehr gemacht. Ab und zu kommen dann noch Magen oder Darm Beschwerden weil man mal was Falsches gegessen hat. Mittlerweile geht es mir aber glücklicherweise wieder gut und ich bin wieder fit und habe Energie. Das Sprühen der Pestizide ist glücklicherweise auch wieder vorbei.
Das war eine sehr interessante Erfahrung weil man mal die Konsequenzen davon sieht und fühlt was passiert wenn gewisse Zutaten als Superfood angesehen werden und daraufhin in anderen Ländern in großen Massen angebaut werden. Die Pestizide die gesprüht werden sind äußerst schädlich besonders für die Menschen die sie sprühen und dabei häufig nicht die adäquate Schutzkleidung tragen. Zudem haben Cashews auch nochmal in der Verarbeitung ihre Konsequenzen da sie eine Säure in ihrer Schale haben die per Hand geknackt wird und die häufig zu brennende Hautausschlägen führt.
Workshops
In den Letzen drei Monaten habe ich ein bisschen was ausprobiert was Workshops angeht, ich habe einen einmonatigen Töpferkurs belegt an der Drehschiebe, welche in diesem Fall mit den Fuß angetrieben wurde, das hat mir extrem Spaß gemacht war aber auch deutlich schwerer als ich es erwartet hätte. Ich habe einen Kochkurs gemacht in dem ich ein bisschen was auch gelernt habe, aber am allermeisten das köstliche Essen genossen habe welches wir gekocht haben. Letze Woche war ich beim meinem ersten Nonviolent Communication Workshop, wovon wir schon ein bisschen was gelernt hatten bei unserem letzten Seminar. Diesen fand ich sehr interessant und will mir jetzt auch das Buch dafür kaufen. Eine Empfehlung für jeden der die Chance dafür bekommt.
Motorrad
Das Motorradfahren läuft gut soweit und ich genieße es sehr, besonders jetzt wo es so unglaublich heiß wird tagsüber. Allerdings gibt es da auch immer wieder ein paar Geschichten die mir dazu einfallen. Vor kurzen hat mein Motorrad immer nachdem ich ein bisschen gefahren bin den Geist aufgegeben und ist nicht mehr weitergefahren, also haben wir es zum Mechaniker gebracht, welcher das Ventil wodurch das Benzin zum Motor gelangen soll ausgetauscht hat und dann hat alles wieder geklappt. Jetzt hatte ich einen Schlüssel für die Benzinzufuhr zum Motor, was auch sehr praktisch ist damit kein Benzin geklaut wird. Außer man verliert diesen Schlüssel. Genau das ist mir nach ca. 2-3 Wochen in Pondy passiert, als ich mit Rosa, Lola und Laura dort war. Nach dem Mittagessen wollten wir wieder zurück nach Auroville und ich konnte meinen Schlüssel einfach nicht finden. Wir haben alles abgesucht, alle möglichen Menschen gefragt aber er war nicht auffindbar. Also haben wir den nächsten Mechaniker auf Google Maps rausgesucht und bis dahin konnte ich die kurze Strecke fahren da noch etwas Benzin im Schlauch war. Rosa und ich fragen also ob er das Schloss wechseln kann und er kann das auch, hat aber keines, das müssten wir kaufen. Er hat uns auch gesagt wo, rechts und dann nochmal recht. Als wir dahin gefahren sind war dort aber nichts also hieß es wieder Google Maps fragen und bei jedem Laden wo wir waren die es nicht hatten fragen wohin wir als nächstes sollen. So haben wir ca. 5 Läden abgeklappert bis wir dann endlich zu einem gekommen sind der das Schloss hatte. Dieser Laden war Rechts dann lange geradeaus und dann wieder rechts vom Mechaniker. Er hat uns also den richtigen Weg gewiesen aber das geradeaus ist bei der Kommunikation untergegangen. Das Schloss hat ca. 3 Euro gekostet und das wurde mir dann in flotten 2 Minuten eingebaut. Ohne vorher irgendwie zu überprüfen ob es wirklich mein Motorrad ist. So konnten wir alle doch noch sicher nach Hause kommen. Bei diesem Schlüssel habe ich den Ersatzschlüssel direkt zuhause deponiert anstatt ihn auch an meinem Schlüsselbund zu haben.
Jetzt noch eine kurze weitere Geschichte über das Motorrad schieben, ein weiteres Motorrad (diesmal nicht meines) musste zum Mechaniker, hatte allerdings kein Benzin mehr. Also hieß es einer sitzt auf dem zu reparierenden Motorrad, dessen Vorderbremse auch kaputt war weil das Kabel gerissen war, und eine andere Person auf einem zweiten Motorrad schiebt das erste. Dies funktioniert indem der Fahrer des zweiten Motorrads seinen rechten Fuß knapp über dem Auspuff platziert und so das vordere schiebt. Eine Angelegenheit die zuerst ganz schön gefährlich aussieht, was wahrscheinlich auch so ist, aber wunderbar klappt. Ich saß in diesem Fall hinten auf dem fahrenden Motorrad und musste gar nichts machen, vor mir saß Sanata, Namus bester Freund und ein guter Freund von mir und hat Namu geschoben. Ich wurde auch schon mal geschoben, hatte ordentlich Bangel davor aber es hat dann doch alles gut geklappt, obwohl Kurven ein bisschen gruselige Angelegenheiten sind.
Was man häufig sieht sind 4 oder manchmal sogar 5 Menschen auf einem Motorrad, davon sind meistens aber 1 oder 2 kleine Kinder. Das Ziegen im Fußraum von Mopeds mit zusammengebundenen Beinen zum Metzger gebracht werden oder das so ca. alles auf einem Motorrad transportiert werden kann. Von Matratzen, Koffern und Fahrrädern zu 3-4m langen Stangen, was auch mal gefährlich sein kann.
Das zweite Foto zeigt das Schloss wozu ich den Schlüssel verloren habe und auf dem ersten sieht man wo der Fuß aufgesetzt wird beim Schieben des Motorrads. Eigentlich ist dieses Gestell dazu da das Frauen die seitwärts sitzen, aufgrund ihres Saris hier ihre Füße abstellen können.
Ich bin gerade in Nordindien am Fuße des Himalayas. Es ist wunderschön hier! Umgeben von Schneebergen und Wasserfällen denke ich aber immer öfter ans Zurückkommen. Man könnte jetzt meinen, dass das was Negatives ist ich sehe es aber nicht so, denn ich bin so froh hier zu sein +Ich freue mich aber auch nach Deutschland zurückzukehren. Ich glaube das ist ein echt guter Standpunkt! Ich habe so viel gelernt aber es gibt auch noch so viel in meinem nächsten Lebensabschnitt in Deutschland für mich zu lernen!
Es tut mir gerade richtig gut, nochmal aus Auroville rauszukommen! Der Norden ist in so vielen Punkten so anders und es ist toll, nochmal ganz andere Seiten von Indien zu sehen!
Rosa, Anton, Gerrit und ich haben vor einer Woche, also genau nach dem zweiten Zwischenseminar, den Flieger nach Delhi genommen. Dort haben wir eine Freundin von Rosa aus dem Botanischen Garten besucht und haben uns in ihrem Haus vor der Hitze versteckt. Ganze 50 Grad. Wer hätte gedacht, dass es noch heißer als der Sommer Aurovills werden kann?
Von Delhi ging es mit dem Nachtbus nach Dharamshala. Dort waren wir eine Nacht in einem Hippie Dorf und haben uns mit Hummus und Falaffel vollgestopft.
Am nächsten Tag haben wir unseren drei Tages Treck zur Snowline gestartet. Auf meiner Kamera sind jetzt ungefähr 200 Fotos von schönen Aussichte, denn wir sind in einem wahren Wunderland gelandet! Als wir fast ganz oben in unserem Base Camp angelangt waren wurden wir von einem heftigen Hagel Sturm überrascht, den wir nur dank eines Kiosks mitten in den Bergen überlebt haben. So lagen wir also völlig durchgefroren unter 10 Wolldecken und haben Snickers gegessen.
Neben uns hat ein Schäfer mit seinen 250 Schafen übernachtet mit dem Plan in den nächsten Tagen die Schnee Berge hoch zuwandern und 2 Monate lang nach Manali zu Trecken um seine Schafe dort für teurer zu verkaufen. Morgens sind wir also aufgewacht und konnten erstmal Babyschafe streicheln.
In der ersten Nacht habe ich den schönsten Sternenhimmel den ich bis jetzt gesehen habe gesehen. Der Himmel war durch und durch bedeckt und nur meine plötzliche Angst vor Schwarzbären hat mich schnurstracks wieder ins Zelt zurück geführt.
Gerade sind Gerrit und ich in Parvati valley und gehen von Dorf zu Dorf. Wir haben schon lange kein Wasser mehr gekauft, da hier überall natürlich Quellen sind. Wir haben schon so viel Verschiedenes in einer Woche hier erlebt -Es fühlt sich an, als wäre ich schon länger aus Auroville raus!
Wenn ich wieder in Auroville zurück bin, sind es nur noch 1.5 Monate. Ich freue mich darauf noch ein paar Dinge auszuprobieren und freue mich auch darauf, noch ein paar Wochen weiter mma und Yoga machen zu können!! Ich glaube es wird komisch, sich von allen zu verabschieden, aber meine engsten Kontakte sind Teil der Weltwärts Gruppe, die ich zum Glück mit nach Deutschland zurück nehme.
Es wird jetzt immer realer, dass ich in 3 Monaten umziehe und in 4 Monaten mein Studium anfängt. Doch gerade scheint es mir noch nicht einmal real, dass ich aus einem kleinen Zelt am Fuße des Himalayas raus krieche und so einen wunderschönen Sternenhimmel bestaunen darf. Verrückte Welt!
Der Urlaub hat mich nochmal ganz schön aus meinem Alltag rausgerissen- Finde ich super!