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Posts Tagged ‘Urlaub’

  1. Von brennender Hitze bis zu eisiger Kälte

    Juli 22, 2024 by David Ott

    Hier bin ich wieder. Ich freue mich, euch meine Erlebnisse seit dem letzten Bericht ein wenig näher zu bringen.

    Es ist Endspurt, ich versuche, ja viel im Moment zu leben, aber so langsam wird einem schon etwas schummrig bei dem Gedanken, dass ich in anderthalb Monaten schon wieder Abschied nehmen werde… Gerade deswegen jedoch geht es mir seit einer Weile irgendwie besonders gut, sowohl in der Freizeit als auch auf der Farm.

    Ich bin einfach sehr dankbar für die tollen Momente, die ich hier erleben darf, und genieße alles in vollen Zügen! Die letzten 3 Monate hat sich meine Arbeit in Auro Orchard ganz schön geändert. Nun bin ich sehr beschäftigt mit Traktorfahren, brushcutten, Kompost machen, Bäume schneiden und shredden. Das gefällt mir gerade mega gut. Auch sind zwei ziemlich engagierte neue Volunteers aus Frankreich da, die auch ein Jahr bleiben und viel Vorwissen aus der Landwirtschaft mitbringen. Ich kann viel von ihnen lernen und es sind mittlerweile recht gute Freunde geworden. Leider gibt es auch schlechte Neuigkeiten: 

    Die Farm wird stetig kleiner, Zäune werden gebaut, es gibt wie immer zu wenig Arbeitskräfte und die Köchin hat gekündigt. Das Frühstück besteht jetzt fast nur noch aus Idlis & Co. Versteht mich nicht falsch, Idlis sind der Hammer, aber irgendwann fehlt die Abwechslung ^^

    Meine Freizeit in den letzten Monaten war geprägt von tollen Begegnungen mit neuen Menschen, die ein oder andere Party, einer Lebensmittelvergiftung, verstauchten Zehen, Tagestrips zu den Granitminen, Gitarrespielen, Kunst, einem neuen Tattoo. Ich habe mir eine Kamera gekauft und vor allem ganz viel Strand. Zurzeit bin ich fast jeden Tag im Meer, das tut mir richtig gut, und zum Glück ist die Jellyfish Season auch noch nicht da. Ein Quallenstich kann echt krass schmerzhaft sein. Außerdem wichtig zu erwähnen: die Hitze! Die hat mir in vielen Momenten echt zu schaffen gemacht, sei es auf der Arbeit, wenn die Mittagssonne kommt und man sich wie ein Vampir fühlt und zerbruzelt, sobald man in die Sonne geht, oder nachts in meinem Schlafzimmer, wenn mal wieder wegen häufiger Stromausfälle der Ventilator nicht funktioniert! 

    Man tut nichts und schwitzt einfach nur! 

    Ich hatte auch ganz schön mit Prickly Heat zu kämpfen, ein Hautausschlag, der von der Hitze und dem ganzen Schwitzen kommt. Manchmal ist es wirklich sehr anstrengend, aber man muss es einfach hinnehmen und die Dinge ein wenig entspannter angehen. Freunde mit Klimaanlage besuchen hilft auch sehr ^^ Es bringt aber auch gute Dinge mit sich: Es ist viel weniger los, da nicht mehr so viele Touristen zu Besuch sind. 

    Heißt, man lernt nicht mehr so oft coole Leute kennen, die nach ein paar Tagen oder Wochen schon wieder weg sind, sondern verbringt die Zeit mehr mit Menschen, die hier wirklich leben. Jetzt kommt zum Glück langsam der Sommermonsun und der Regen kühlt alles ein wenig runter.

    Irgendwann hatte ich dann aber keine Nerven mehr für die Hitze. Ich brauchte einfach Abwechslung. Und so kommen wir zu meinem Highlight der letzten Monate: eine Backpacking-Reise alleine in den Norden Indiens, besser gesagt nach Himachal Pradesh, übersetzt das Land der Götter, am Fuße des Himalaya-Gebirges. Es war ein unbeschreibliches Erlebnis. An der Stelle eine definitive Reiseempfehlung meinerseits! Ich war viel wandern in den magischen Wäldern, habe die kalten Nächte genossen, die riesigen, mit schneebedeckten Berge bewundert und auch einfach mal Zeit nur für mich selbst gehabt. Das ist in Auroville gar nicht so einfach, da ich meistens recht viele Menschen um mich herum habe. Das genieße ich auch sehr, doch in den Bergen fiel mir dann auf, dass ich Zeit für mich brauchte. Es war ein großer Schritt aus meiner Komfortzone und wie immer birgt so etwas auch Herausforderungen, sei es mit einem selber oder Situationen im Außen, die einfach nicht so laufen, wie man es gerne hätte.

    Die Reise hat mich tatsächlich ganz schön verändert. Als eher introvertierter Mensch hat es mir sehr geholfen, mehr aus mir herauszukommen, Gespräche mit fremden Menschen zu führen, Hilfe anzunehmen und vor allem positiv zu bleiben, egal was im Außen alles so passiert. Vieles konnte ich aus den Erlebnissen mitnehmen, und seitdem ich wieder zurück bin, fühle ich mich erfrischt und vor allem noch dankbarer, Auroville zu erleben.

    Als Fazit kann ich sagen, ich hatte eine sehr gute letzte Zeit und freue mich euch dann aus Deutschland über alles weitere zu berichten. Stay Tuned!


  2. Once Upon a time in India

    Februar 13, 2023 by Rick-Marcel Dohlich

    Es gab mal einen jungen Mann. Er lebte für 28 Jahre in Deutschland. Er ging zur Schule und genoss eine gute Ausbildung, ohne dabei die Freude am Leben zu verlieren, sodass er sich selbst kennenlernte. Nach der Schule zog er in seine erste eigene Wohnung und begann ein Studium. Es folgte eine Zeit des vielen Lernens. Er lernte nicht nur klausurrelevanten Stoff, sondern auch selbstständig zu leben und für sich zu sorgen. Nach vielen Jahren schloss er sein Studium endlich ab. Daraufhin fing er an ein wenig zu arbeiten. Während der Zeit verlor er sich selbst. Er verlor die Motivation seinen Interessen nachzugehen. Er wurde faul und grummelig. Immer wieder fühlte er sich gestresst. Nicht in der Lage aus dem Teufelskreis auszubrechen.
    An einem Abend saß er zusammen mit einem Freund und einigen Bieren zusammen. Sie sprachen über die Zukunft. Sein Freund gab ihm den Ratschlag mal ins Ausland zu gehen. Dort würden neue Eindrücke, neue Menschen, neue Interessen und auch neue Energie auf ihn warten. Inspiriert von der Idee seines Freundes, fing der Mann an Nachforschungen anzustellen, um herauszufinden wo die Reise denn hingehen könnte. Als er von Auroville las, war er fasziniert von der Stadt und so beschloss er, sich bei dem weltwärts Programm zu bewerben. Zwei Jahre und eine Corona-Pandemie später war er schließlich in Auroville angekommen und lebte dort vor sich hin.

    Nach einigen Monaten wurde er von der reizenden Muna gedrängt, einen Beitrag über seine Erfahrungen zu schreiben. Im Folgenden nun ein Auszug aus seinem Tagebuch:

    ‚Ich schwitze. Es ist nicht wirklich heiß, noch nicht mal Sommer, aber ich schwitze. Ich glaub mein Körper hat ’nen Gen-Defekt. Kein Mensch kann soviel schwitzten. Sogar das Tika hält nicht auf meiner Stirn. Die Farben vermischen sich mit meinem Schweiß und rinnen an meinem Gesicht herunter. The other day, I was invited by a colleague for a celebration of Diwali, aber auf nepalesische Art. In Nepal wird Diwali einige Tage später gefeiert als in Indien. Dort bekam ich einen Tika auf meiner Stirn. Aber nach fünf Minuten musste der erneuert werden. Ich spiele mit dem Gedanken einfach nackt rumzulaufen. Ist doch schließlich ’nen Hippie-Ort hier, mit freier Liebe ohne Zwängen und Restriktionen und so. Mhmm, naja. Das dachte ich jedenfalls, bevor ich hierher kam. Nun kenne ich diesen Ort besser. Restriktionen gibt es auch hier. Ich glaube auf dem Vorbereitungs-Seminar haben sie uns erzählt: ‚Jedes Problem was es in der Welt gibt, gibt es auch in Auroville.‘ Und viel Wahres ist an diesen Worten dran. Von vielen Leuten höre ich, die Politik in Auroville ist in diesen Zeiten schwierig, wegen der Secretary. Aber ehrlich gesagt interessiert mich das nicht so. Das Leben ist halt voll von Ups and Downs. Es geht nicht immer in eine Richtung. Am Ende wird da schon irgendwie was gutes rauskommen. Und ich bin kein Aurovillianer, deswegen halte ich mich da raus.
    Eher bin ich hier, um mit mir selbst ins Reine zu kommen. Ich möchte herausfinden, was ich nach Auroville machen möchte, wie mein Leben aussieht, was mich glücklich macht, wo es für mich hingeht. Eine Menge existenzielle Fragen gehen durch meinen Kopf…..

    Ohh shit, ich bin kurz eingepennt. Mein Kopf lag auf meinem Tagebuch und der Schweiß hat die letzten zehn Seiten unleserlich gemacht. Wie schade. Auf ihnen habe ich einen kurzen philosophischen Essay über die Frage verfasst, ‚What is the purpose of life‘. War ziemlich erleuchtend und weltverändernd. Ich glaube Sri Aurobindo hatte kurz Besitzt von mir ergriffen. Naja, was solls, das Leben geht weiter. Just see it chilled and relaxed! Something Auroville has teached me. Die Geschwindigkeit, mit der hier Sachen passieren ist um so vieles entspannter, als da wo ich herkomme. Die Mentalität der Leute so chilled and flowy. Und wenn mal etwas nicht so geschieht, wie ich mir das vorstelle ist das halt so. Don’t worry, be happy! Bevor ich hier herkam, war mir nicht bewusst, dass ich Relaxation brauche. Aber ich brauche Relaxation. Daher nehme ich demnächst an einer Relaxation-Class teil.
    ‚Man kann nie genug Relaxation in seinem Leben haben!‘ hat bestimmt mal irgendein ein weiser Menschen gesagt. Wobei ich letztens einen Podcast gehört habe. Da hat ein Shaolin-Master darüber gesprochen, dass wir Menschen Arbeit brauchen. Wenn wir keine Arbeit haben, würden wir die ganzen Zeit nur relaxen und uns langweilen. Wir müssen arbeiten um relaxen zu können. The one is only because of the other! Yeah, I found the importance of relaxation in Auroville.

    Aber hier in Auroville habe ich nicht nur Relaxation für mich entdeckt. Nein, ich habe auch die Liebe gefunden. Yes, in Auroville is a Lovestory possible. Ich habe mich verliebt. In ein indisches Girl. Wird sind jetzt einige Monate zusammen. Sie ist aber nicht so traditionsbewusst, eher ein Freigeist. Daher stolpere ich nicht in irgendeine Heirat rein (no Panic, Muna!). Allerdings hat ihr Vater bei unserem ersten Treffen ein Heirats-Zertifikat von mir haben wollen und mich ausgefragt, um zu checken, ob ich ein von der deutschen Regierung geschickter Spion bin. Tja, typisch Eltern halt! Allerdings kann ich mir schon vorstellen, mit dem Girl meine Zukunft zu verbringen. We are some kind of Soulmates for each other. She is so beautiful, so smart and have a bunch of humour. I am in Love!


    Mit ihr war ich nun auch einen Monat im Urlaub. Das war wirklich nötig. Irgendwie fühlte ich mich gestresst. Und das lag zum einen daran, dass ich krank geworden bin. Ich hatte ’nen ganz merkwürdigen Husten. Der dauerte mehrere Wochen an. Aber das ist hier wohl normal. Viele Leute haben während der Winterzeit bzw. Monsun-Zeit einen Husten. Ich habe viel unterschiedliche Medizin ausprobiert, aber am Ende hat der Urlaub geholfen. Doch neben der Krankheit war ich auch gestresst von zu viel Auroville. Es gibt hier einfach zu viel zu entdecken und zu tun. Und zusätzlich saugt die Arbeit zu viel Zeit auf. Zusätzlich kommen dann halt noch häusliche Pflichten (einkaufen, putzen) sowie Community-Duties (in MDJ) hinzu. Und dann bleibt keine Zeit mehr um Workshops zu besuchen und meinen eigenen Interessen nachzugehene. Am Ende vom Dezember befand ich mich daher an einem Tief-Punkt, sodass ich eine sehr große Distanz zwischen Auroville und mir brauchte.
    So sind wir dann Anfang Januar zuerst in ein kleines Dorf namens Bir gefahren. Das Dorf befindet sich in dem ‚Bundesstaat Himachal Pradesh‘, am Fuße des Himalaya-Gebirges. Bir ist ein Ort im Kommen. Hier wehen die Winde gut fürs Paragliding. Weswegen das Dorf mehr und mehr zu einem Tourismus-Ziel wird. Aber auch alternative, spirituell angehauchte Orte, wie bspw. das ‚SoulMantra‘, entstehen hier. Die Gebirgszüge im Schein der goldroten, morgendlichen Sonnenstrahlen zu bestaunen, war wundervoll und kaum mit Worten zu beschreiben. Dir, liebes Tagebuch, kann ich nur empfehlen dahin zu fahren, wenn du die Berge denn magst.


    Danach ging es kurz nach Delhi. Ein starker Kontrast. Schmutzige Luft, Lärm, eine Menge Menschen und viel Verkehr. Um mit dem Taxi von A nach B zu kommen braucht man schonmal eine Stunde. Wie gut, dass es die Metro gibt. In Delhi ist diese sehr gut ausgebaut. Aber in Delhi waren wir nur für ein paar Tage. Der Besuch eines Flea Markets war mein Highlight und sehr abenteuerlich (Flea Market ist ein Markt auf dem man besonders Kleidung, Stoffe und Haushaltsgegenstände für sehr günstig bekommst). Hier braucht man noch nicht einmal zu den Händlern gehen. Nein! Die Händler kommen zu dir und geben dir einen guten Preis für Uhren, Kopfhörer und Taschen. Und das alle fünf Meter. Es ist ein Traum!
    Von Delhi ging es dann mit dem Zug nach Mumbai. Die Fahrt dauerte ca. 15 Stunden und ging über Nacht. Mit Bett, Diner and Breakfast, für umgerechnet fünfzig Euro. Dat Ding war, dass wir die Betten ganz oben hatten, und der Zug war nicht so hoch, sodass wir nicht aufrecht in unseren Betten sitzen konnten. But yeah, at least a bed and food!
    In Mumbai angekommen, lernte ich schließlich die Unterschiede zwischen den beiden größten Städten in Indien kennen. Delhi ist die governmental City. Hier leben viele Politiker. Darüber hinaus ist es kulturell sehr vielfältig. Konzerte unterschiedlichster Musikrichtungen und Tänze finden hier statt.
    In Mumbai hingegen sind sehr viele Banken ansässig. Außerdem ist hier Bollywood Zuhause. Das Mumbai-Cricket-Team ist eines der Top-Teams in Indien. Das von Delhi ist Crap (erzählte mir jedenfalls ein Cricket-Fan aus Mumbai). In Mumbai gibt es keine gut ausgebaute Metro, stattdessen werden Entfernungen mit local Trains und Bussen zurückgelegt. Nachdem wir mit dem Zug zu unserem Hostel gefahren sind, fanden wir uns am Abend unerwarteterweise ganz rein zufällig in einer underground-Stand-Up-Comedy-Show wieder. The guys were fucking funny and they kicked the shit out of me.
    Unsere Reise fand ein Ende in Goa. Es war beautiful. Weiße Sandstrände, gute Möglichkeiten zu shoppen und eine Woche lang pure Relaxation gepaart mit Sonnenschein. Ein Traum für jeden, der einen geeigneten Ort zum Chillen wertschätzt.


    Allerdings, liebes Tagebuch, möchte ich dir gar nicht soviel über meinen Urlaub erzählen. Viel mehr möchte ich mit dir meine Veränderung, die ich hier in Indien durchgemacht habe, sowie meine Erkenntnisse und Erfahrungen teilen.
    One of those things that changed in me, is that I started to talk english, when I am actually deutsch spreche. It just happens. Sometimes unconsciously, sometimes not, but then I don’t care. Ich denke das passiert hier ganz automatisch. Irgendwann übernimmt das Englische die Oberhand in deinem Hirn and you have to concentrate to not to write in english. Yaah, whatever!
    Apropos Konzentration, in der Vergangenheit habe ich Schwierigkeiten gehabt, meinen Fokus auf das zu legen, was erledigt werden muss. Ich bin meist sehr zerstreut und switche von einer Idee zur nächsten. Hier in Auroville habe ich nun angefangen To-Do-Listen zu schreiben. Damit kann ich endliche meinen Kopf etwas sortieren. Ciaran, jemand den ich in Auroville kennengelernt habe, hat mich inspiriert, Punkte für jede erledigte Aufgabe zu geben. Es geht dabei nicht darum, jeden Tag mehr Punkte zu bekommen, sondern die Idee ist, ein Game daraus zu machen. Somit bleibt der Fun erhalten. Vor einiger Zeit habe ich die Listen auch erweitert. Ich schreibe mir auf, welche neuen Ideen, Entdeckungen und Stories ich an dem jeweiligen Tag hatte und welche Sportübungen ich betrieben habe.
    Sport ist auch etwas was ich hier in Auroville vermehrt tue. Ob Jogging, Calisthenics oder Stretching, ich bin gerade sehr fit und werde fitter von Tag zu Tag. Wie gut, dass es hier einen kleinen Park gibt, mit diversen Sportgeräten (Pull-Up-Bars. Ropes, Chains etc.).

    Boar, liebes Tagebuch, ich würde dir gerne noch mehr schreiben, aber ich merke, dass die Müdigkeit von mir Besitz ergreift und ich jetzt schnell möglichst ins Bett huschen sollte. Wenn sich der Moment ergibt, schreibe ich dir mehr, aber das war es fürs erste.‘

    In Liebe Rick

    In der Hoffnung, dass der Text die reizende Muna zufriedenstellen würde, setzte der junge Mann den letzten Punkt, den letzten Buchstaben und den letzten Strich. Er las den Text ein letztes mal, war zufrieden mit sich selbst und stellte den Text schließlich online.