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‘Kultur’ Category

  1. Ohrring Feier

    April 30, 2014 by Dominik Blase

    YEAH – meine erste Ohrring-feier!

    Seit nun sieben Monaten wohne und miete ich nun das Haus einer tamilischen Familie aus Auroville. Erst vorletzte Woche half uns unser Vermieter Murugan dabei einen Röhrenfernseher mit SatTv-Anlage zu beschaffen, damit wir auch die vielen – hoffentlich spannenden – Spiele der Fußball WM in Brasilien verfolgen können. Der 54cm Röhren-TV wurde von mir als Beifahrer auf dem Motorrad mal eben auf dem Knie balanciert. Eine Szene, die in Deutschland für viel Aufmerksamkeit sorgen würde, interessiert hier noch nicht einmal die Kuh an der Straßenböschung.
    Netterweise wurde ich von unserem Vermieter gefragt, ob ich Sie zu einer weiteren Feier begleiten mag. So kam es dann also zum Besuch der Ohrring-Feier am Tempel des Nachbardorfes Irumbai.

    Am Ort der Feier angekommen, durften wir erst einmal mit anpacken.
    Es hieß kleine Jasmin-Pflanzen separieren und in Plastiktüten einpacken. Damit für jeden Gast am Ende der Feier auch ein grünes und wie ich finde sehr praktisches Geschenk parat steht. Nicht so praktisch ist natürlich der Gebrauch von Plastiktüten. Man hätte auch, wie bei vielen anderen Feiern hier, Stofftaschen wählen können.

    Nach lauter Diskussion hatten sich die Gäste durchgesetzt und es wurde erst das Essen serviert und danach erst mit der Zeremonie angefangen. Normalerweise ist das anders herum. Aber da war der Hunger der Gäste anscheinend stärker.
    Überraschenderweise bekamen wir dann von unserem netten Nachbarn Elumalei das frittierte Brot serviert.
    Auch die anderen Kostbarkeiten wurden teilweise von Männern serviert, die ich im Dorf schon einmal gesehen habe. Sie kamen mir irgendwie bekannt vor.
    Als mich dann die Frau neben mir mit meinem Dorfnamen „Subramaniam“* ansprach, machte mich das darauf aufmerksam, dass mich auf der Feier vielleicht mehr Leute kennen als ich dachte. Ich fing also an stichprobenartig verschiedene Menschen zu fragen. Und siehe da: 3 von 4 zufällig ausgewählten Menschen auf der Feier kannten mich. 🙂 und zwei davon wussten sogar in welchem Haus in wohne. Ich war anscheinend bekannt wie ein bunter Hund.

    Im Anschluss an das reichhaltige Abendessen folgte die Ohrring Zeremonie. Dabei wird den jungen tamilischen Mädchen – diesmal gleich drei auf einmal um Geld für die Feier zu sparen – in jedem Ohr ein Ohrloch gestochen. Das geschieht mit einem nicht gerade filigranen Dolch und zudem ohne jegliche Betäubung. Ja es war schon ein sehr skurril: der überglückliche Vater und die um Schmerz schreienden Kinder zugleich.
    Das tragen von Ohrringen ist hier ein großer Teil der Kultur. Eine tamilische Frau würde niemals ohne Ohrringe das Haus verlassen.

    So langsam gehen mir die Festlichkeiten hier in Tamil Nadu aus. Nun habe ich fast alle Feierlichkeiten erlebt, die nicht im engsten Familienkreis gefeiert werden.
    Und einen einen modernen Namen für die Vermarktung der Ohrring-Feier in Deutschland hätte ich dafür schon: „Piercing-Party“. 🙂

    *Mein Name im Dorf
    (Anfangs habe ich von Anne, Nora in Zusammenarbeit mit unseren Vermietern einen neuen Namen erhalten, den nun jeder Tamile im Dorf für mich gebraucht. Auf Feiern und Festen kann ich damit punkten und die Menschen sind immer sehr überrascht und erfreut, wenn sie hören, dass ich einen tamilischen Namen habe.
    Ausgesprochen wird er übrigens suppra-ma-niam – also fast wie SUPER MANNI) 🙂

    Auf dem rechten Bild seht Ihr unseren Vermieter Murugan (erster v. links)

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    Die sehr gut duftenden Jasminblüten im Haar ersetzten jedes überteuerte Prafum um Welten.

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    Unser Nachbar und mittlerweile schon fast Freund Elumalei.

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  2. HAPPY INDIA

    April 19, 2014 by Dominik Blase

    Frohe Ostern 2014!
    Geniesst und teilt doch unser neues Indien-Video wenn ihr mögt :-).
    Es ist voller Impressionen und Eindrücke der ersten acht Monate!
    Viele Grüße aus Auroville
    Dominik

    Pharrell Williams – HAPPY INDIA from Dmnk Blaze on Vimeo.


  3. Das „echte“ Holi Festival

    April 16, 2014 by Dominik Blase

    In Deutschland eher als innovative Partytour bekannt, bei der an schönen Sonntagen im Sommer hunderte Menschen unter freiem Himmel zu elektronischer Musik Farbbeutel und Pulver in die Luft werfen, ist eigentlich ein Fest, welches seine Wurzeln im Hinduismus hat. Das Fest wird am dritten Vollmond eines jeden Jahres gefeiert. Diese spezielle Feierlichkeit startete für uns schon vor dem Zähneputzen. Dabei wurden wir vor dem Haus unserer Gastfamilie schon mit Farbe attackiert. Auf zwei Feierlichkeiten, die im weiteren Verlauf des Tages folgten, hatten wir genug Gelegenheit an diesem farbenfrohen Fest ausgelassen teilzunehmen. Zudem konnte man auf den den Straßen von Delhi viele bunte Menschen bestaunen. Von den 16 Millionen Menschen, die im Großraum Delhi leben, war nämlich nahezu jeder eingesaut :-).

    Weitere Infos findet ihr hier:
    Holi auf Wikipedia

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  4. Die andere Seite von Delhi – die Slums

    April 15, 2014 by Dominik Blase

    Während meines Aufenthaltes in Delhi wohnte ich zu Hause bei der Familie der
    ehemaligen Auroville-Freiwilligen Swati. Swati, die genauso wie ich auch Design studierte, hat sich in letzter Zeit viel mit der Lebens- und Wohnsituation in den Slums von Delhi beschäftigt. Dabei erarbeitete Sie zusammen mit Studenten ihrer Universität und einer NGO Lösungen zur täglichen Hygiene. Zum Beispiel wurde überlegt, welche Möglichkeiten es gibt, den Menschen zu ermöglichen immer eine Seife mit sich führen.
    Für anstehende Projekte benötigte Sie jedoch meine fotografische Hilfe.
    So fuhren wir also eines Morgens um 5:30 in zwei verschiedene Slums um dort Fotos und Filmaufnahmen machen, die sie nun für ihr Projekt nutzen kann.
    Anfangs hatte ich Bedenken was passieren könnte, wenn wir dort einfach anfangen zu filmen.
    Einerseits möchte ich natürlich keinen in der Kultur verletzten. Andererseits war ich mir auch nicht sicher, wie es in einem Slum um meine Sicherheit steht. Doch in diesen Beiden Punkten gaben mir Freunde von Swati direkt Entwarnung. Sie meinten „Delhi wäre nicht Kapstadt“ und „alle würden denken wir kommen von einer NGO und es hätte schon seine Richtigkeit, dass wir dort filmen“.

    Zudem informierte ich mich im Internet und stellte fest, dass Slums von Land zu Land und von Stadt zu Stadt unterschiedlich aussehen. Sogar in den USA gäbe es schon solche Viertel. Zur allgemeinen Erklärung: Ein Slum ist eine Siedlung in der Menschen auf engsten Raum mit minimaler Privatsphäre ohne unzureichende Versorgungseinrichtungen leben. Also nicht anders als die Menschen in den Stadtkernen von Europa vor gut 100 Jahren.
    Größtenteils haben diese Bewohner der Slums von Delhi auch ganz normale Jobs und fahren ein Motorrad und kleiden sich westlich. Vor allem junge Bewohner wollen bewusst anders sein als Ihre Eltern und tragen T-shirts, Jeans oder kurze Hosen und man würde sie keineswegs von Indern, die nicht in einem Slum wohnen unterscheiden können. Das kann man gut an dem Portrait des jungen Mannes mit der Ferrari Uhr erkennen. Aber auch das Bild eines kleinen Shops inmitten des Slums, an dem soeben ein junges Mädchen etwas einkauft. Sie – sowie die Verkäuferin – tragen moderne Kleidung, die es so in der indischen Kultur nicht gibt. Die traditionelle Kleidung kann man weiter rechts im Bild sehen. Dort geht eine Frau mit einem kleinen Kind auf dem Arm entlang. Sie trägt einen klassischen indischen Sari für den Alltag. Auf Grund der teuren Wohnungspreise in Delhi und da Eigentum eigentlich nur vererbt wird und eher seltener gekauft, ist es den meisten jedoch nicht möglich aus dem Slum herauszukommen.

    Normalerweise verfolge ich bei dem Fotografieren eher eine dezent und zurückhaltende Strategie. Dabei möchte ich die Eindrücke so unverfälscht und authentisch wie möglich festhalten. Sofern ein Mensch in die Kamera schaut, ärgere ich mich und das Bild ist für mich nahezu wertlos. Ein derartiges Vorgehen war dort jedoch keineswegs möglich.
    Unser Aufenthalt sprach sich sehr schnell rum. Viele Menschen kamen auf uns zu. Wollten fotografiert werden, fragten freundlich woher wir kämen oder posierten schonmal für ein hoffentlich anstehendes Foto von mir. Viele Menschen hatten trotz der Situation eine erkennbare Lebensfreude im Gesicht. Und auch Swati bestätigte mir, dass die Menschen keinesfalls alle Unglücklich seien. Sie kennen es ja nicht anders und haben die Situation angenommen und machen das Beste daraus.
    Andere Menschen wiederum lachten, erzählten sich Geschichten während sie auf eine freie Toilette warteten* oder entfernten sich und man merkte, diese Menschen wollten nicht in Zusammenhang mit einem Slum fotografiert werden.
    Man muss dazu jedoch wissen: seit dem Film Slumdog Millionaire sind die Menschen in den Slums verunsichert, da Sie sich in dem Film völlig falsch dargestellt sehen. Das Vertrauen gegenüber internationaler Filmteams ist verloren gegangen. Zum Glück sahen wir nicht nach internationalem Filmteam aus. Eher nach verschlafenden Studenten am verkehrten Platz zu dieser Zeit.

    *Nur im zweiten Slum bekamen die Bewohner staatliche Toilettenwagen zur Verfügung gestellt.
    Im ersten Slum gehen die Männer an den Bahngleisen entlang um einen Toilettenpaltz zu finden.
    Die Frauen haben einige kleine Kabinen für ihre Notdurft.
    Dabei haben die Menschen stets einen Wasserbehälter dabei um sich zu reinigen. Toilettenpapier gibt es ja in Indien bekanntlich nicht. Die Wasserbehälter können nur an einigen wenigen Punkten innerhalb des Slums gefüllt werden. An diesen Orten kommt es immer wieder zu Streit um Wasser. Auch wir erlebten einen Streit um Wasser mit indem ein Dutzend Menschen involviert waren. Solche Streitigkeiten beobachten wir aber auch in unserem Dorf in Südindien. Gerade jetzt bei den heißen Temperaturen ist auch bei uns das Wasser sehr knapp.

    Als wir übrigens die Toilettenwagen fotografierten sagte ein junger Inder lachend zu uns:
    „Welcome to India“.

    Slum Nr.1
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    Slum Nr.2
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  5. Pour the Porridge-Eine ungewöhnliche Mittagspause

    Februar 27, 2014 by Isabel

    25.2.2014

    Bevor ich versuche, das eben Erlebte irgendwie in Worte zu fassen, muss ich sagen wie sehr ich mich ärgere keine Kamera dabei gehabt zu haben!
    Ich muss zugeben, wenig von dem soeben Geschehenen verstanden zu haben. Ein weiterer Beweis dafür, dass die hiesige Kultur derartig Komplex ist, dass es fast unmöglich zu sein scheint sie auch nur annähernd zu durchschauen. Ich möchte hiermit meine Kapitulation bekannt geben. Von nun an nehme ich die Dinge hin wie sie sind. Ich verstehe sie sowieso nicht.

    Eine Kollegin aus dem Kindergarten hat mich gefragt ob ich mit in den Tempel mitkommen wolle. Den Grund habe ich da schon nicht ganz verstanden. Irgendetwas mit „Pour the Porridge“. Ich habe natürlich ja gesagt, weil ich mich immer freue mit dabei sein zu dürfen.

    Wir waren kurz bei ihr zu Hause, wo sie in unglaublichen 90 Sekunden ihren Sari gewechselt und einen großen, metallenen Krug mit Ragiporridge geholt hat. Hinaus ging es, wo bereits eine Prozession mit etwa 20 anderen Frauen mit gleicher Last vorbeizog.

    Was als kleine Gruppe begann, schwoll an jeder kleinen Kreuzung immer mehr zu einem Strom von Frauen an bis ich meine Kollegin aus den Augen verlor. Vor mir nur noch ein Meer aus Saris und schwarzen Zöpfen, die heute durch besonders schöne Blumen dekoriert waren. Begleitet von Trommeln und einer intensiven, alles durchdringenden Jasminwolke wanderten die mit Neemblättern dekorierten Krüge auf den Köpfen der Frauen zum Dorftempel.

    Sich diese Szenerie vorzustellen, ist glaube ich, eigentlich unmöglich, aber ich muss trotzdem weiterschreiben.

    Im Tempel angekommen, wurden alle Krüge in allgemeiner Aufruhe in einen großen Halbkreis gestellt. Auf, ein mir nicht aufgefallenes, Signal vollbrachten die Frauen ein logistisches Wunder und setzen sich alle im Schneidersitz auf den Boden.

    Wahnsinnig schnell wurden die mitgebrachten Süßigkeiten in großen Eimern eingesammelt während die Trommeln weiter spielten.

    Plötzlich sticht eine Frau im gelben Sari aus der Masse hervor. Mit hochgerissenen Armen fängt sie an zu schreien und schwankt dabei so stark, dass sie von den Umstehenden gehalten werden muss.

    Weiterer solcher Fälle folgen und alle werden sie in die Mitte gebracht und mit großen Neemzweigen ausgestattet, während sie in einer Art Extase auf bisher nie gesehene Weise tanzen. Obwohl, tanzen ist nicht das richtige Wort. In einer Art Trance fallen sie in ein bestimmtes Bewegungsmuster, völlig unabhängig voneinander wanken oder springen sie herum; derartig unkontrolliert, dass ein Wall um sie gebildet wird, damit sie nicht auf die sitzenden Frauen springen. Die Mitglieder des Walls hingegen sind völlig ungeschützt und kassieren Schläge und Tritte oder müssen die Leute auffangen.

    Eins haben sie dann nämlich doch alle gemeinsam: es endet immer in einem totalen Zusammenbruch. Leute eilen herbei, geben ihnen Wasser, tragen sie weg, wo sie dann völlig benommen sitzen bleiben.

    Während ich nicht so recht fassen kann, was da passiert, wirken die anderen völlig unbeeindruckt, reden lieber darüber, wie komisch ich da sitze (mit angezogenen Beinen, weil meine Füße im Schneidersitz einschlafen) oder, dass dieses so offensichtlich fremde Mädchen, wirklich ungewöhnlich groß ist.

    In dem Meer von Gesichtern finde ich plötzlich das Gesicht meiner Kollegin. Ich fühle mich trotzdem nicht weniger verloren.