Tja und da war dann auch schon das erste halbe Jahre rum. Geflogen wie ein Düsenjet. Es
war ein aufregendes erstes halbes Jahr und erfreulicherweise liegt noch ein weiteres vor
mir. Was wohl auf mich wartet? Man kann sich gar nicht vorstellen, was noch so in einem
halben Jahr passieren soll, aber wenn man zurück blickt, ist in dem letzten halben Jahr so
viel passiert, dass es gar keine andere Möglichkeit gibt, als dass mich noch viele weitere
Abenteuer erwarten.
Mein größtes Abenteuer zurzeit ist der ecological horticulture course im botanischen
Garten, an dem ich teilnehmen darf. Nicht in meinen wildesten Träumen hätte ich mir zuvor
ausmalen können, wie bereichernd dieser Kurs sein wird. Ich lerne so viel und springe jeden
Morgen voller Vorfreude aus den Federn, um zu meiner Klasse zu düsen. Wir lernen über
Ökologie, Geologie, über Boden und Wasser, über Schmetterlinge, Libellen, Motten und
Fische und über den Wald. Ja der Wald, wie wichtig er doch für uns ist, wie er unser Leben
bereichert und wie wir es immer und immer wieder schaffen, ihn zu zerstören und uns
damit selbst zu schaden. Aber wir lernen von all diesen wunderbaren Menschen, die ihr
Wissen mit uns teilen, auch jenes: wie nötig es ist, sich dies einzugestehen und etwas zu
unternehmen und vor allem, dass man tatsächlich etwas verändern und bewegen kann. Ich
stolpere jeden Tag aus dem Klassenraum und bin erschöpft von all dem Wissen und
gleichzeitig inspiriert und voller Energie. Doch am besten an dem ganzen Kurs sind die
Freitage: Freitage sind für Exkursionen. Das bedeutet noch im Dunklen wie blöde seinen
Wecker ruhig zu stellen und bei Sonnenaufgang im Bus mit seinen Klassenkameraden zu
sitzen. Mitten in der Pampas wird man dann rausgeworfen und ist umgeben von
überfluteten Feldern, ein paar müden Bauern bei der Arbeit und dutzenden und
aber dutzenden von Vögeln aller Farben, Formen und Größen. Stundenlang ist man dann
damit beschäftigt, ihrem Geträller zu lauschen, sie zu identifizieren und Laute wie AH und
OH von sich zu geben. Aber am inspirierensten sind für mich die Ausflüge in die Wälder
Aurovilles. Richtige Wälder, in denen eine erfrischende Brise herrscht und wenn man genau
hinguckt, ihre Schätze wie verlassene Bienennester und Stachelschweinstacheln finden
kann. Das ist alles deshalb so eindrucksvoll, weil vor 50 Jahren an genau diesen Stellen noch
eine Wüstenlandschaft war. Ja, die Menschen könne viel kaputt machen, aber sie könne es
auch wieder gut machen. (Manches zumindest…)
Egal wohin der Trip geht, er endet eigentlich immer mit Tee und Kaffee. Und ehe man sich
versieht, hat man sich mit seinen Freunden verquatscht und die letzten Stunden damit
verbracht, über Gott und die Welt zu plaudern. Ich durfte durch den Kurs so viele neue tolle
Leute kennenlernen, mit denen ich jetzt meine Abende verbringe und die alle mit mir die
Freude am Essen teilen. Was das ganze sogar noch besser macht, ist, dass wir alle aus
den unterschiedlichsten Ecken der Welt kommen. Letzte Woche habe ich deshalb Gimbap
auf meinem Teller liegen gehabt und mit einer köstlichen Algen Suppe verspeist. Wir waren
bei einer koreanischen Freundin eingeladen und haben zusammen gekocht, gelacht und
getratscht.
Ich schaue durchaus mittlerweile ein bisschen anders auf die Welt. Nichts Großes, nichts
Weltbewegendes, aber plötzlich wirkt das ganze Gehabe um Aussehen und was schön ist,
lahm. Vielleicht werde ich aber auch einfach erwachsen -huh!
Ich kann all diese Informationen, die ich gerade aus allen Richtungen bekomme, noch nicht
100% sortieren und in mein überfülltes Hirn einschichten. Aber ich bin unglaublich dankbar,
dass ich diese Erfahrungen jetzt gerade machen darf, weil ich das Gefühl habe, dass die
Maschine schwitzt und keucht und mich am anderen Ende eine neue Rosa- Version 2.1
erwartet. Eine, die sich ihrer Umwelt noch ein Stückchen bewusster ist, die weiß, was ihr
Spaß macht, wie Arbeit auch aussehen kann und die gelernt hat, wie weit die Menschen es
bringen können, wenn sie geben ohne Wenn und Aber. Auf der anderen Seite gibt es noch
Momente und Gedanken, über die ich stolpere und mich jedes Mal wieder nur
kopfschüttelnd wundern kann. Und wo mich all dies am Ende hinleitet und was das für mich
in petto hat, das weiß ich noch immer nicht.
Man könnte fast schon meinen, das größte Abenteuer liegt noch vor mir