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Wollsocken bei 26°C

2. April 2024 von Rosa Krausmann

Nach zwei Tagen Monsun Regen blinzelt gerade zum ersten Mal wieder die Sonne durch die
Wolken. Hätte mir vorher jemand gesagt, dass ich bei 26 Grad mal Wollsocken und Fleecejacke tragen würde, hätte ich ihm einen Vogel gezeigt. Aber tatsächlich ist genau dieser Fall eingetreten und ich habe sehnlichst auf diese paar Strahlen gewartet. Ich weiß, ich weiß, zwei Tage sind noch gar nichts, aber für die Monsun Erfahrung reicht es mir an dieser Stelle dann auch schon. Es ist nun mal ein eigenartiges Gefühl, wenn ein eigenes Biotop auf deinen Birkenstocks zum Leben erwacht und in jeglichen grün und blau Tönen schillert, die du dir nur vorstellen kannst. Oder dein Kopfkissen mehr und mehr Ähnlichkeit mit Pippi Langstrumpfs Pferd Kleiner Onkel annimmt. Glaub mir, da vermisst man schnell die Sonne und ihre Fähigkeit alles mit ihrer strahlenden Wärme zu trocknen. Eine klitzekleine schöne Sache hat der Regen dann allerdings doch und das ist die Gemütlichkeit. Es gibt nichts Schöneres, als dem Plätschern der Regentropfen auf den Papaya-, Mango- und Bananenblättern vor deinem Fenster zu lauschen. Auch die Arbeit im Garten entschleunigt sich. Während der Mittagspause sitzen alle zusammengekuschelt unterm Dach und lassen sich das leckere Essen schmecken. Danach bleibt man bei einem Käffchen noch ein bisschen länger sitzen und quatscht über Gott und die Welt. Ich liebe den Garten und die Arbeit hier, es ist fantastisch.


Den Vormittag arbeite ich meistens mit Monica, einer kleinen Italienerin mit langen Haaren, die immer alles im Griff hat und auf Zack ist. Monica ist wunderbar, sie hat mir alles beigebracht, um im Garten mitarbeiten zu können. Jetzt bin ich Meisterin im Unkraut jäten, Hecken frisieren und Bäume schneiden. Der Garten ist in verschiedene Themen eingeteilt, wie zum Beispiel der Schmetterlingsgarten, der japanische Garten, Kaktus Garten, indische Garten, Windmühlen Garten…für jeden dieser Gärten sind verschiedene Helferinnen verantwortlich, abhängig von der Größe des Gartens und dessen Aufwand. Monica zum Beispiel kümmert sich gleich um vier verschiedene Gärten. Dafür sind wir auch ein großes Team: an verschiedenen Tagen kommen verschiedene Kombinationen von Freiwilligen und packen fleißig mit an. Dadurch flitzen wir quasi nur so durch den Garten und wenn ein Themengarten fertig ist, geht es geschwind zum nächsten. Bis man wieder von vorne anfängt, denn in einem Garten und vor allem in einem tropischen Garten sprießt das Unkraut geradezu in den Himmel. Die Instandhaltung der Gärten ist wichtig, nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern auch damit der Garten seine Lehrzwecke erfüllen kann. Jeder Baum muss gut sichtbar und erkennbar sein, damit seine Art, Spezies, Familie,etc. entschlüsselbar ist. Denn regelmäßig stiefeln neugierige Kinder in karierten Schuluniformen durch die Gärten und lernen über die einheimischen Arten des Dry Tropical Evergreen Forests. Dabei lernen sie über die Wichtigkeit der Artenvielfalt und bekommen vom Aussterben bedrohte Bäume zu Gesicht. Um 8.45 Uhr wird sich getroffen und das Unkraut getackelt oder die Hecke bezwungen. Um 10 begibt sich der gesamte Garten zur halbstündigen Teepause und man sieht zum ersten Mal, wer sich so alles im Garten versteckt hat. Die besten Tage für die Teepause sind definitiv die Geburtstage oder manchmal auch einfach-so-Tage, bei denen dann Snacks und Kuchen neben dem Tee auftauchen. Dann wird bis zur Mittagspause um 12.15 Uhr weitergearbeitet, Abschnitte zum Kompost gebracht und Geräte gereinigt. Der Ablauf ist der Selbe, doch bevor es einem langweilig wird, besucht man einen anderen Themengarten und hilft für ein paar Tage dort mit. Denn obwohl sich die Aufgaben im Großen und Ganzen nicht viel voneinander unterscheiden, bringt ein Wechsel der Szenerie direkt neue Energie und Spannung mit sich. Auch wie Aufgaben angegangen und gemeistert werden, variiert von Arbeiterin zu Arbeiter*in, so kommt es, dass man täglich neue Einblicke bekommt und etwas neues lernt.


Nachdem die ganze schwere und körperliche Arbeit am Vormittag erledigt wurde, die Energie durch das leckere Mittagessen und einen kurzen Mittagsschlaf wieder aufgeladen wurde, ist der Nachmittag für kreative und ruhige Arbeiten. Darunter fällt Wegweiser neu bemalen, Blumen pressen, Kakteen bestimmen, benennen und die richtigen botanische Namen auf zuvor vorbereitete Steinschilder, pinseln. An manchen Tagen muss aber auch der Teich gereinigt werden und dann steht man den Nachmittag über im kühlen und erfrischenden Teich und angelt Algen. Dabei lässt es sich einwandfrei einen Plausch halten und als wäre das nicht schon genug, kann man am Ende zur Belohnung wieder die Fische ihre Runden drehen sehen. Man darf aber auch sein eigenes kleines Projekt in die Wege leiten und sich den Rat von allen aus dem Garten einholen. So hat Anton zum Beispiel ein Infoblatt über Red Ants geschrieben (unglaublich interessante und beeindruckende Ameise, die ihre Nester bauen, indem sie Blätter miteinander verweben. Allerdings sind sie auch kleine Biester, die dich beißen, wenn du aus Versehen ihr Territorium betrittst.) und Siva Ganesh hat ihm bei seiner Übersetzung ins Tamilische geholfen. Diese Hilfsbereitschaft ist mir besonders aufgefallen, wenn du krank bist, wird direkt gefragt, ob dir noch etwas fehlt oder man dir helfen kann. Der Garten geht auf deine Bedürfnisse ein und du auf seine und das macht mich glücklich.


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