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Playgroup und Udhayam-Evening-School!

17. Januar 2014 von Justus

 

Seit knapp 5 Monaten befinde ich mich jetzt schon hier in Auroville in Süd-Ost-Indien und arbeite hier in einem Teil der Projekte des „Thamarai- Learning and Community Center“- der „Playgroup“ und der „Udhayam- Evening School“.

Mein sechsstündiger Arbeitstag beginnt um 9.00 Uhr an dem neuen Gebäude der „Playgroup“ auf dem Gelände der Udavi-School. Das blau gestrichene Gebäude ersetzt die alte, tamilische Villa, die vorher die Playgroup beherbergte, aber uns, durch sukzessive Mietanhebungen des Vermieters, verloren gegangen ist. Meine Vorgängerin, Julia, hat in Zusammenarbeit mit den beiden Erzieherinnen und Projektleiterin Kathy aber das vorher leer stehende Gebäude wunderschön, mit Tüchern, Bildern der Kinder und ansprechenden Farben, neu gestaltet.
Komme ich um 9.00 Uhr zu diesem schönen Arbeitsplatz erwartet mich meist schon die „Amma“, die für Hygiene und Verpflegung der Kinder zuständig ist und eine kleine Schar Kinder. Packe ich dann irgendwie ein bis zwei Kinder auf die Schulter und zwei Eimer mit Spielzeug in beide Hände, dirigiere ich den Rest der Kinder über die Straße zu unserem Spielplatz. Hier können die Kinder dann 1,5 Stunden Sandburgen bauen, Schaukeln oder einfach nur toben. Das ganze geschieht unter meiner Aufsicht sowie der Aufsicht der zwei tamilischen Erzieherinnen, mit denen ich den Großteil meines Vormittags zusammenarbeite.
Malliga befindet sich momentan im Newcomer-Prozess für Auroville und betreut die Thamarai-Kinder seit 3-4 Jahren.
Uma lebt im gleichen Dorf, in dem sich auch der Kindergarten befindet- Edayavanchavadi- und arbeitet seit Beginn des Projekts in der Playgroup.
Ich kann mich wirklich glücklich schätzen, mit zwei so vorbildlichen Erzieherinnen zusammenarbeiten, die jedes Vorurteil widerlegen, Kindererziehung wäre in der tamilischen Kultur immer mit Gewalt verbunden. Mit viel Geduld werden streitende Kinder versöhnt, weinende Kinder beschwichtigt oder überforderten deutschen Freiwilligen unter die Arme gegriffen.
Denn zum Teil ist man als deutsch- und englischsprachiger Freiwilliger in einem rein tamilischen Projekt sprachlich überfordert und kann vielen Prozessen nicht ganz folgen. Umso besser ist es so von seinen Ansprechpartnerinnen an die Hand genommen zu werden, die einem neben sprachlichen Hilfestellungen auch viel über die Kultur und die Menschen Tamil Nadus berichten können.
Aber ansonsten ist die sprachliche Hürde im Kinderarten nicht allzu hoch, da die Kommunikation mit den 2-3- jährigen Kindern auf Ebenen abläuft, die vermutlich in allen Teilen der Welt verstanden werden. Sei es durch Gestiken, Mimiken oder meine Fantasiesprache, die ich immer auf den Vokal „a“ enden lasse, um den Kindern das Gefühl zu geben ich würde Tamil mit ihnen sprechen.
Nach den 1,5 Stunden, die draußen verbracht werden, gibt es ein Händewaschen für alle und anschließend ein täglich wechselnder Snack. Von Bananen, über Kichererbsen bis hin zu Energiedrinks ist alles vertreten, was den Kindern Kraft für den nächsten Teil des Tages gibt.

 

Der nächste Teil besteht dann in einem täglich wechselnden, aber sich wöchentlich wiederholenden Rhythmus aus angeleiteten Spielen für die Kinder.
Montags dürfen die Kinder noch frei spielen, doch dienstags werden Perlen aufgefädelt, mittwochs gepuzzelt, donnerstags die Hände in Knete vertieft und am Freitag werden mit Farbe wahlweise CDs, Schablonen oder deutsche Freiwillige mit Wasserfarbe bemalt. Eben alles was sich nicht schnell genug in Sicherheit bringt.
Eine halbe Stunde vor dem Mittagessen setzen sich dann Erzieherinnen, Freiwillige und Kinder in einen Kreis, um durch spielerische Reime und Lernspiele Körperteile, Farben oder Tiere zu lernen. Jeden Monat steht eines dieser Themen im Mittelpunkt und wird schwerpunktmäßig behandelt.
Danach geht es wieder zum Händewaschen und anschließend zum Mittagessen. Habe ich den Kindern, die es vorziehen, zu versuchen, mit dem ganzen Körper zu essen, nach dem Mittagessen eine Ganzkörperwäsche gegeben, geht es auch für mich zum Mittagessen. Um 13.00 Uhr endet dann meine Arbeitszeit in der „Playgroup“.
Wie vermutlich aus der Form meines Berichtes ersichtlich wird, macht mir die Arbeit mit den Kindern, in der „Playgroup“ eine Menge Freude, doch gibt es auch hier Schattenseiten.
Die strenge Routine des Kindergartens wirkt oft sehr ermüdend. Ein Jahr hindurch jeden Dienstag Perlen aufzufädeln verspricht weder Abwechslung noch Motivation und erfordert durchaus Durchhaltevermögen. Diese erschöpfende Routine,die einen oft auch unmotiviert zur Arbeit gehen lässt, wird durch die Kinder aber viel zu oft ausgewogen, die sich über deinen „weißen“ Anblick auch nach Monaten jeden Tag wieder freuen können.

 

Das Stichwort Routine leitet zum zweiten Teil meines Projektes über- der „Udhayam- Evening School“.

 

Was es im Kindergarten an Routine zu viel gibt, gibt es in der Abendschule zu wenig. Komme ich um 18.00 Uhr in Kottakarai an der Abendschule an, erwarteten mich zu Beginn meines Dienstes ca. 20-25 Kinder. Dort trifft man auch jeden Tag auf den Verantwortlichen des Abendschulprojektes – Segar -, ein sehr netter, von Ideen strotzender Aurovilianer, tamilischer Herkunft. Zusammen mit Ihm stellen sich die Kinder und ich in einem großen Kreis auf, wo durchgezählt und ein Gebet gesprochen wird, dass abwechselnd von den Kindern vorgetragen wird. Anschließend wird die Gruppe in zwei Teile aufgeteilt. Eine Gruppe, die Hausaufgaben zu erledigen hat, wird zu den tamilischen Freiwilligen ins Udhayam- Gebäude geschickt. Die andere Gruppe versammelt sich draußen. Nun soll in der Theorie in der ersten Stunde, also bis 19.00 Uhr „Educational-Games“ mit den Kindern gespielt werden. Dass das den Kindern nicht so viel Spaß macht, wie z.B Völker-, Brenn-, oder Zombieball liegt auf der Hand. Dementsprechend ist dann auch die Aufmerksamkeit und Disziplin.
Genau hier liegt das Problem der Abendschule in Kottakarai. Bis auf mich sind alle Freiwilligen in diesem Projekt Tamilen, die direkt aus Kottakarai kommen. Das System hauptsächlich Einheimische als Freiwillige einzustellen, halte ich zwar für eine großartige Idee, da man Freiwilligen, wie auch Kindern ein neues Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Dorfgemeinschaft gibt und dieses Jugendprojekt dadurch den Charakter eines Dorfentwicklungsprojektes erhält, doch erfüllt die Arbeitsmoral der Freiwilligen diese hohen Erwartungen nicht. Es gibt zwar theoretisch genug Freiwillige, doch die erscheinen entweder gar nicht zur Abendschule, krass verspätet oder sie konzentrieren sich mehr auf ihr Smartphone, als auf die Arbeit mit den Kindern.
Deswegen bin ich in den letzten Wochen immer häufiger überfordert gewesen, mit einer stetig größer werdenden Gruppe von Kindern, deren Sprache ich kaum bis gar nicht verstehe. Daran liegt es, dass ich in den letzten Wochen und Monaten mit den Kindern, die keine Hausaufgaben zu erledigen haben, zwei Stunden lang das gesamte Repertoire an Jugendspielen gespielt, dass man in deutschen Jugendprojekten findet. Dieses abwechslungsreiche Spielprogramm hat sich soweit herumgesprochen, dass die Gruppe nun aus gut 60 Kindern besteht. Was ich durchaus als Erfolg sehe, macht mir in der Hinsicht wiederum sorgen, dass mein Problem der Überforderung dadurch nicht geringer wird.
Aus diesem Grund hatten wir vor zwei Wochen eine wichtiges Meeting, mit allen Freiwilligen und Verantwortlichen, um die Zukunft des Projektes zu besprechen. Dabei habe ich durchgesetzt, dass ich einmal in der Woche (hoffentlich) von anderen Freiwilligen vertreten werde, um in diesen zwei Stunden aller Hand administrative Aufgaben wahrzunehmen, die bei einer so großen Schülerzahl zwangsläufig anfallen. Dazu gehört eine Registrierung aller Freiwilligen und Kinder, um in Zukunft genaue Pläne erstellen, die die Anwesenheit der Freiwilligen betreffen sowie eine Einteilung der knapp 60 Kinder in Teilgruppen, um ein besseres und bildungsnäheres Arbeiten mit den Kindern zu ermöglichen.
Zu den Ideen, die ich für dieses Projekt auch habe, gehört u.a. eine Kartei mit alles bis jetzt gespielten Spielen, um zukünftigen Freiwilligen das Arbeiten zu erleichtern und Wiederholungen zu vermeiden. Außerdem hoffe ich in Zukunft, mit den Freiwilligen und Verantwortlichen eine genaue Definition des „Wie?“ und „Warum?“ unserer Arbeit auszuarbeiten, um allen Beteiligten klar zu machen, inwiefern ihre Arbeit wichtig ist und gebraucht wird.

Trotz aller Schwierigkeiten, die sich in Projekten auftun können, fühle ich mich hier genau am richtigen Platz. Insbesondere die Abendschule erfüllt mich, trotz aller Probleme. In diesem Projekt habe ich das Gefühl gebraucht zu werden und nicht nur Entwicklungshilfe, sondern wirkliche Entwicklungszusammenarbeit zu leisten.

 


Ein Kommentar »

  1. Jana sagt:

    Hi Justus!
    Das klingt ja echt supercool was du da alles erlebst! Ich habe in der Tat schon häufiger mal hier reingeschaut und verfolge deine Erlebnisse gespannt.
    Ich wünsche dir viel Spaß beim Revolutionieren, Erziehen, Feiern und vor allem: ERLEBEN!
    Viele liebe Grüße aus Neuseeland,
    Jana 😉

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