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Posts Tagged ‘Arbeit’

  1. Willkommen in meinem Leben auf der anderen Seite der Welt

    Dezember 13, 2024 by Cara

    Nun ist es schon drei Monate her, dass wir, ein Haufen aufgeregter deutscher Freiwilliger, aus dem Flugzeug in Chennai gestiegen sind. Ob es sich eher wie drei Wochen oder drei Jahre anfühlt, kann ich nicht sagen. An einen Gedanken im Flugzeug erinnere ich mich jedoch noch ganz genau: “Was zum Teufel mache ich hier eigentlich? Wie kommt es dazu, dass ich mein komplettes Leben auf den Kopf stelle?” Eine Antwort auf diese Fragen habe ich immer noch nicht, aber ich bin froh, dass ich den Schritt gewagt habe.

    Die ersten Eindrücke außerhalb des Flughafens fühlten sich wie in einer Reisedokumentation an. Alles war neu: Sprache, Gerüche, Klima – eben ein komplett neues Land auf der anderen Seite der Welt. Die nächtliche Fahrt nach Auroville, nach tetrisartigem Verstauen des Gepäcks, war trotz Müdigkeit unglaublich spannend: Willkommen in dem Land, in dem du die nächsten 12 Monate verbringen wirst. 

    Die kommenden zehn Tage standen unter dem Motto „Ankommen und Erkunden“. Gemeinsam mit unseren Mentor: innen (Gabi, Andy, Luise, Jürgen und Kanniapan) lernten wir wichtige Orte in und um Auroville kennen. Als fahrradfahrende ”Touri”-Gruppe besuchten wir zentrale Gebäude für organisatorische Anliegen, Jugendorganisationen, die Arbeits- und Wohnplätze der Freiwilligen sowie eine erste Auswahl an guten Essensplätzen. Auch ein Ausflug nach Pondicherry und ans Meer stand an.

    Diese Tage waren voller neuer Eindrücke – unmöglich, sie alle aufzuzählen. Fest steht, dass ich mich sofort überraschend wohlgefühlt habe. Selbst mit der Hitze und ungewohnten Schwüle kam ich dank mehrmaligem Duschen am Tag erstaunlich gut zurecht.

    Nach der behüteten Zeit im Guest House stand dann der Umzug in unsere eigenen Unterkünfte, und damit der Anfang des selbstständigen Lebens in Auroville, an. Zu viert sind wir in Celebration, einer Community im Norden Auroville, eingezogen. 

    Der erste Tag begann mit einer Großputzaktion, unterstützt von zwei Mentorinnen, die leider deutlich weniger brachte als erhofft.  Bei drei geteilten Bädern, einer Gemeinschaftsküche für 8 bis 12 Personen und der hohen Luftfeuchtigkeit ist es unmöglich, Sauberkeit zu erreichen – geschweige denn, sie zu halten. Zudem liegt meine Arbeitsstelle am anderen Ende von Auroville. Im deutschen Verständnis ist das zwar keine Distanz, aber mit Regen ist das Fahrradfahren auf den Roter-Sand-Straßen nur so mittelmäßig. Celebration hatte auch viele schöne Seiten: angenehme Spieleabende, ruhige Umgebung, unschlagbare Nähe zum Supermarkt und das Kennenlernen von verschiedenen Menschen. 

    Nach einigem Überlegen entschieden sich eine weitere weltwärts-Freiwillige und ich für einen Umzug nach Udavi, einer Schule, wo der Großteil unserer Gruppe lebt. Dank unserer Mentor: innen verlief der Wechsel problemlos. Seit knapp zwei Monaten genießen wir nun unsere neue Unterkunft: saubere Bäder, helle Zimmer, (lautes & sehr frühes) morgendliches Vogelgezwitscher und einen deutlich kürzeren Arbeitsweg.

    Und nun zu meiner Arbeitsstelle: WasteLess, einer aurovillianischen non-profit Organisation, die seit mehr als zehn Jahren an der Entwicklung von innovativen Bildungsprogrammen, Aktivitäten und Spielen zu nachhaltigem Konsum und Abfallmanagement sowie zur Plastikverschmutzung arbeitet. Hier gibt es noch mehr Infos.

    Schon vor meiner Ankunft hier in Auroville habe ich mich über WasteLess informiert und versucht, ein möglichst genaues Bild davon zu bekommen, was ich im Jahr machen werde. Zweiteres konnte man mir, selbst bei den Vorbereitungsseminaren, nicht genau sagen, wodurch ich mit vielen Fragezeichen angekommen bin.

    Ich lernte Chandrah und Ribhu, meine Chefs, bei einer Vorstellung von WasteLess und einer Einführung in die indische Müllproblematik während der Einführungswoche kennen. Schon damals war spürbar, wie engagiert und sympathisch sie sind – ein Eindruck, der sich in den letzten Wochen nur bestätigt hat und ich sehr schätze.

    Am ersten Arbeitstag wurden mir alle Teammitglieder vorgestellt, allesamt super lieb und engagiert bei der Arbeit. WasteLess sitzt in der zweiten Etage des Re-Centers und besteht aus zwei Büros, einer außenliegenden Küche und einer Toilette. Seit dem ersten Tag habe ich meinen festen Arbeitsplatz an einem der schönen Holztische, gefüllt mit Keksgläsern und Blick ins Grüne. Gegen 10 Uhr gesellt sich täglich ein leckerer Kaffee an meine Seite.

    In den ersten zwei Wochen verschaffte ich mir einen umfassenden Überblick über die bisherige Arbeit des Teams. Stundenlanges Lesen, Schauen und Absorbieren von Informationen – anstrengend für Augen und Gehirn, aber wichtig, um WasteLess und ihre Arbeit besser zu verstehen.

    Die Einführungsphase endete mit einem Gespräch mit Ribhu und Chandrah, in dem meine zukünftigen Arbeitsgebiete geklärt wurden, wobei diese erstaunlich nah an meinen Wünschen liegen. Es ist erkennbar, dass mein Wohlergehen und persönliches Weiterentwickeln ihnen sehr am Herzen liegen. Danke dafür! 

    Grundsätzlich ist zu sagen, dass ich sehr selbständig arbeite und als Teammitglied, und nicht als Aushilfe, wahrgenommen werde. Was einem ein sehr angenehmes und wertgeschätztes Gefühl gibt. Meine anfänglichen Hemmungen englisch zu sprechen verringern sich kontinuierlich, da ich mittlerweile deutlich mehr als die Hälfte meiner Zeit im Englischen verbringe. Meine Aufgabenbereiche sind in zwei Projekte geteilt: Projektentwicklung eines neuen Curriculums über Freshwater und das Implementieren des Sea Change Programmes. Beides inkludiert selbstständige Computerarbeit, Online- und Team-Meetings und hin und wieder Schulbesuche in näherer und etwas fernerer Umgebung. 

    Mittags geht es für mich fast immer zur Solar Kitchen, hiesige Cafeteria, um mit anderen Freiwilligen und Bekannten und Freund: innen das leckere, frische (und im Vergleich zu DE unglaublich billige) Essen zu genießen. Anschließend geht es meist noch auf die Steinveranda von La Terrace. Der aufregendste Arbeitstag war mein erster Schulbesuch in Chennai, den ich ohne Unterstützung des Teams durchgeführt habe, da alle anderen mit ihrer Arbeit beschäftigt waren. Meine Aufgabe war es, Schüler: innen, Lehrerinnen und die Schulleitung zum Sea Change Curriculum zu interviewen. Im Rückblick war die Vorbereitung deutlich stressiger als der Besuch selbst. Ich wurde überaus freundlich empfangen und hatte besonders ab dem zweiten Interview große Freude an den Unterhaltungen, da es ein unglaublich spannender Einblick in die Auswirkungen der WasteLess Arbeit ist. 

    Meine Arbeit ist trotz umfangreicher Bürotätigkeiten sehr spannend, da ich erstmals einen Einblick in die Projektentwicklung und die andere Seite von Bildung bekomme. Ich arbeite meist sechs Stunden pro Tag, wobei ich (dank meiner eigenen Schlüssel) relativ selbstständig zwischen 9 und 17 Uhr meine Arbeitszeit einteilen kann. Ich bin sehr glücklich mit meiner Entscheidung, bei WasteLess zu arbeiten. (Danke Muna!)

    Nach der Arbeit gehe ich je nach Wochentag zum Bouldern, Yoga oder Tamil Unterricht. Dazu war ich auch mehrfach bei einem Book Circle, habe Ausstellungen besucht und an Auroville-Aktivitäten wie der Karaoke-Pizza-Night teilgenommen. Abende verbringe ich entweder mit anderen Freiwilligen in der WG-Küche oder gehe mit Freund: innen Essen. Auch die Wochenenden sind häufig voller Aktivitäten und nur selten mit vollständigem Ausschlafen verbunden. Die ersten Wochenendausflüge in Tamil Nadu wurden erfolgreich und mit unglaublich schönen Erinnerungen gemeistert. Bei all den Beschäftigungen muss ich gelegentlich darauf achten, wichtige Aufgaben wie Einkaufen, Geld holen, Wäsche waschen, Nachrichten beantworten und Schlafen nicht zu vernachlässigen. 

    Soviel zu meinen ersten drei Monaten auf der anderen Seite der Welt. Bislang gab es keine allzu großen Herausforderungen – gesundheitlich, beruflich oder emotional. Heimweh? Fehlanzeige. Klar, ich vermisse wichtige Menschen, aber da gibt es ja zum Glück moderne Technik.


  2. First quarterly report / Hundred days

    Dezember 11, 2024 by Julia

    Much of the information in the following article has been passed through more than three coffee filters. 😉

    I had a countdown on my laptop long before I left, counting down the days until my flight to Chennai. I still have the same countdown in the same place, only now it counts the days that have passed since the flight. One hundred days now. One hundred days in India. One hundred days in a completely different culture to the one I was used to in Germany. The climate, the smells, the people. The village I live in and, of course, the cows on the streets and how they stare at me with their shining eyes as soon as dusk falls and I light them up with my bicycle lamp as I ride along the road.

    For me, the first hundred days were characterized by being overwhelmed. I realized how little I had really thought about the fact that I was going to spend a year in a country that was so different from what I was used to. I think I was afraid to mentally prepare myself for it, but somehow it still felt like it wasn’t the wrong decision to take part in the project. So I let everything come to me, I consciously just let myself be thrown into it, into the plane. During the flight, it felt as if I was standing between two worlds, one familiar and one of which I only knew the outlines. From stories told by friends and relatives. And, of course, through the good, laborious preparation of the two one-week seminars that we took part in as a group in Germany beforehand. This ’standing between two worlds‘ gave me a very queasy feeling in my stomach during the entire flight. And yet the anticipation of the adventure was clearly palpable. You could see it in our group, until tiredness outweighed the anticipation for some. One stewardess told a fellow volunteer and me how she had traveled to India alone after completing her A-levels, which earned her a lot of respect from us.

    Shortly afterwards, our plane landed successfully. As soon as I got off the plane, I was hit by a wave of heat and humidity, so I needed a drink of water. The palpitations and hoping for no complications at visa control, the wait for the suitcases, the first steps outside the air-conditioned airport building in search of the cab driver in the middle of the night. The first culture shock, through the eternally long drive on the highway from Chennai out into the countryside, towards Auroville.

    There were too many new impressions all at once, so one or two days after arriving in Auroville I just started crying out of nowhere and I didn’t even know why. The jet lag lasted for about three days. In the first week, we stayed at the Center Guest House and were shown around Auroville and the surrounding area by our mentors on the bicycles we had borrowed.

    In the first two weeks of work, my project manager, Ok, was still in Italy for work and Valerie, my colleague and former weltwärts volunteer, was also unavailable. My fellow volunteer and flatmate, Tabea, and I were welcomed by a colleague on our very first working day. Looking back, our working day in the first week was still very relaxed.

    On Monday of the following week, Tabea and I got to know Ok and we went straight into the ‚Monday Meeting‘. I was inundated with information and was immediately given responsibility for the Instagram account, which could almost be a full-time job in itself. These meetings take place once a week. They are often stressful due to the language barrier, so there were communication problems from time to time. Right from the start, I had difficulties communicating with my project manager.

    My working day starts with me getting on my bike at around 8:50 am and jetting off to the studio. I usually arrive shortly before 9am. On Monday, we start at 9am with the aforementioned ‚Monday Meeting‘. The first thing we discuss is what’s on the agenda for the coming week. If workshops are planned that will take place in the studio or in a school, any outstanding questions are clarified. At the beginning of the meeting, a list of the products sold in the store in the Visitor Center in the previous week is drawn up for the first time. This is followed by a list of products that need to be produced in the coming week. These replenished products either arrive in the store on Wednesday afternoon or are presented on the following Monday and then restocked on Wednesday. In addition, everyone has to come up with a new product every week and prepare a sample or at least a sketch. Depending on how much is due in the coming week, the meeting can last half an hour or two and a half hours. After the meeting, the actual work starts. This week on Monday, for example, I immediately started making the first six key rings from tin can openers.

    I then have a lunch break from 12 noon to 2 pm. But sometimes I go to work half an hour earlier and leave the studio earlier instead. At lunchtime, we meet the other volunteers in the Solar Kitchen (Auroville’s canteen). Aurovillians from YouthLink often sit at our table too. It’s always interesting and entertaining to talk about the day-to-day work of the others.

    From 2 p.m. to 4 p.m., everyone usually works on their products for the store. After that, I still have an hour to tidy up in the studio’s storageroom or use for other purposes (e.g. for the Instagram account).

    As far as the organization of my free time is concerned, I can say that it is integrated into my everyday life in a very varied way. Ranjana, a friend and work colleague of mine, once took me to the so-called ‚playhood‘. This is about giving people space to have fun playing again without feeling any pressure to perform. Through this experience, I rediscovered my love of sport and have been physically active again more often since then. I have also taken part in a Mixed Marshall Arts (MMA) course a few times. This is the continuation of the self-defense course that I did at the beginning with some others in my volunteer group. The course offers wrestling twice a week and kickboxing once. I also took my badminton racket with me from Germany, which I am very happy about. There is a group of people who regularly play badminton at Certitude Sports Ground and I really want to join them. Apart from that, a fellow volunteer and I went running together a few times early in the morning. It was surprisingly fun (for me). I’ve never really liked running before, but suddenly had a very strong urge to do it and have been an early riser ever since.

    In addition to sport, I have also been going to an open art class on Saturday afternoons for a month now, which has been very close to my heart since the beginning and which I will definitely continue to attend. Apart from that, I also enjoy going to Pondy with friends and discovering new corners of the city.

    Accepting that the year so far has turned out differently than I had imagined is probably my biggest challenge at the moment. This applies to both my work in the studio and my free time. My goals for the year, which I had roughly put together in my head, have therefore had to be interpreted differently or less concretely. However, I have also realized that working in the studio teaches me even more about working on projects with my fellow human beings as a collective. The work also helps me to learn to communicate better and more precisely. I am also learning to deal constructively with comments in order to optimize my working methods. I also learn to look at situations from a distance and to keep changing my perspective before making my own judgments and decisions.

    And yet I am grateful for this and so many other experiences, because in the end it only helps me move forward. The fact that I have such incredibly great people by my side to help me as I grow makes me happy every day. The many little moments in which I don’t worry and enjoy my life make me happy. And that I can share the memories with the people I have grown to love. Because when things aren’t going so well for me, I can remember them.

    A snapshot:
    The monsoon has already started a few days ago and the people who are outside are riding through the wet streets in rain ponchos, on their motorcycles and in flip-flops. I’m also wearing a rain jacket as I sit on my bike on my way home from an MMA class at the Dehashakti Gym. There are a few cows at the side of the road looking for something edible among all the plastic waste. Then I come to the sign for ‚Edayanchavadi‘ and the traffic jams at the penultimate bend in the road. Cows, a few cars and lots of bikes gather. Everyone wants to get on as quickly as possible, while the cows remain calmly standing on the road. And then the traffic jam has already cleared – I’ll be home soon – Mirant is among the group of bikes. He looks confused for a moment, then we almost pass each other and while I start to smile a little, he recognizes me and passes me again at the same moment. When I get home, I unpack my new rucksack full of shopping and wash the mud and sweat off my body. I write to Mirant: „Did you recognize me on the street with my helmet, headlamp, rain jacket and black rucksack with at least 8 straps?“- „I’ve never felt more German“. Rosa comes out of her room and we start talking about our day, Tabea joins us and we sit together in my room, which has been collectively christened the living room, eat dinner together, chat about what’s on our minds and how quickly the time has already passed. A hundred days in India already. And yet it feels like I’ve only blinked once.


  3. Erster Quartalsbericht / Hundert Tage

    Dezember 11, 2024 by Julia

    Ein Großteil der Informationen des folgenden Beitrages sind durch mehr als drei Kaffefilter gelaufen. 😉

    Auf meinem Laptop habe ich schon lange vor der Abreise einen Countdown gehabt, der die Tage bis zum Abflug nach Chennai heruntergezählt hat. Denselben Countdown habe ich immer noch an derselben Stelle, nur dass dieser nun die Tage zählt die seit dem Flug vergangen sind. Hundert Tage sind es jetzt. Hundert Tage Indien. Hundert Tage in einer komplett anderen Kultur, als ich sie in Deutschland gewohnt war. Das Klima, die Gerüche, die Menschen. Das Dorf, in dem ich lebe, und natürlich die Kühe auf den Straßen und wie sie mich mit ihren leuchtenden Augen anstarren, sobald die Dämmerung angebrochen ist und ich sie mit meiner Fahrradlampe anleuchte, wenn ich die Straße entlangfahre.

    Die ersten dieser hundert Tage waren für mich von Überforderung geprägt. Ich habe realisiert, wie wenig ich mich vor der Abreise wirklich damit auseinandergesetzt habe, dass ich ein Jahr in einem Land leben werde das so anders ist als das was ich gewohnt bin. Ich glaube ich hatte Angst, mich darauf mental vorzubereiten, aber irgendwie hat es sich trotzdem so angefühlt als sei es nicht die falsche Entscheidung gewesen, an dem Projekt teilzunehmen. Ich habe also alles auf mich zukommen lassen, habe mich bewusst einfach so hineinwerfen lassen, ins Flugzeug. Während des Fluges hat es sich so angefühlt, als würde ich zwischen zwei Welt stehen, eine vertraute und eine von der mir nur ihre Umrisse bekannt sind. Aus Erzählungen von Freunden und Verwandten. Und natürlich durch die gute, mühevolle Vorbereitung der zwei jeweils einwöchigen Seminare, an der wir als Gruppe in Deutschland vorab teilgenommen haben. Dieses ‚zwischen zwei Welten stehen‘ verlieh mir während dem gesamten Flug ein ganz mulmiges Gefühl im Bauch. Und doch war da die Vorfreude auf das Abenteuer ganz klar zu spüren. Man sah es unserer Gruppe an, bis die Müdigkeit bei manchen die Vorfreude überstieg. Eine Stewardess erzählte einer Mitfreiwilligen und mir wie sie nach ihrem absolvierten Abitur alleine nach Indien gereist ist und hat sich damit bei uns gehörig Respekt verschafft.

    Kurz darauf ist unser Flugzeug erfolgreich gelandet. Sobald ich das Flugzeug verlassen hatte, kam mir eine Welle an Hitze und Luftfeuchtigkeit entgegen, sodass ich erstmal einen Schluck Wasser brauchte. Das Herzklopfen und Hoffen auf keine Komplikationen bei der Visa-Kontrolle, das Warten auf die Koffer, die ersten Schritte außerhalb des klimatisierten Flughafengebäudes auf der Suche nach dem Taxifahrer mitten in der Nacht. Der erste Kulturschock, durch die ewig lange Fahrt auf dem Highway von Chennai hinaus ins Ländliche, Richtung Auroville.

    All das waren zu viele neue Eindrücke auf einmal, sodass ich ein oder zwei Tage nach Ankunft in Auroville einfach aus dem nichts angefangen habe zu weinen und ich gar nicht wusste, wieso. Der Jetlag hielt bei mir etwa drei Tage an. In der ersten Woche waren wir im Center Guest House untergebracht und wurden von unseren Mentoren mit den ausgeliehenen Fahrrädern durch Auroville und Umgebung herumgeführt.

    In den darauffolgenden ersten zwei Arbeitswochen war meine Projektleiterin, Ok, noch arbeitsbedingt in Italien und Valerie, meine Kollegin und ehemalige weltwärts-Freiwillige, war ebenfalls verhindert. Meine Mitfreiwillige und WG-Mitbewohnerin, Tabea, und ich wurden am allerersten Arbeitstag von einer Kollegin in Empfang genommen. Unser Arbeitsalltag in der ersten Woche war rückblickend noch sehr entspannt.

    Am Montag der darauffolgenden Woche haben Tabea und ich dann Ok kennengelernt, wir sind direkt ins ‚Monday Meeting‘ gestartet. Da wurde ich erstmal mit Informationen überhäuft und mir wurde auch gleich die Verantwortung für den Instagram-Account zugeteilt, der eigentlich an sich schon fast einen full-time Job ausfüllen kann. Besagte Meetings finden einmal die Woche statt. Anstrengend sind sie oft aufgrund der Sprachbarriere, so kam es hin,- und wieder zu Kommunikationsproblemen. Von Anfang an gab es Schwierigkeiten in der Kommunikation mit meiner Projektleiterin.

    Mein Arbeitsalltag startet damit, dass ich mich um ca. 8:50 Uhr auf mein Fahrradsattel begebe und zum Studio düse. Kurz vor 9 Uhr bin ich dann i.d.R. angekommen. Am Montag starten wir um 9 Uhr mit dem besagten ‚Monday Meeting‘. Es wird erstmal besprochen, was in der kommenden Woche ansteht. Wenn Workshops geplant sind, die im Studio oder auch in einer Schule stattfinden, werden offenstehende Fragen geklärt.
    Zu Beginn des Meetings wird erstmals eine Liste der verkauften Produkte, der vorherigen Woche, aus dem Shop im Visitor Center erstellt. Daraus ergibt sich folgend eine Liste der Produkte, die in der kommenden Woche nachproduziert werden müssen. Diese nachproduzierten Produkte kommen entweder schon am Mittwochnachmittag in den Shop oder werden am darauffolgenden Montag präsentiert und dann am Mittwoch aufgestockt. Zudem muss sich jeder jede Woche ein neues Produkt ausdenken und dazu ein Sample oder zumindest eine Skizze vorbereiten. Je nachdem wie viel in der kommenden Woche ansteht, kann das Meeting eine halbe Stunde oder zweieinhalb Stunden dauern. Nach dem Meeting startet die eigentliche Arbeit. Diese Woche Montag habe ich zum Beispiel direkt damit angefangen die ersten sechs Schlüsselanhänger aus Blechdosenöffnern herzustellen.

    Von 12 Uhr bis 14 Uhr habe ich anschließend Mittagspause. Manchmal fahre ich aber auch schon eine halbe Stunde früher zur Arbeit und verlasse stattdessen das Studio früher. Mittags zum Lunch treffen wir dann die anderen Freiwilligen in der Solar Kitchen (die Kantine Aurovills). Oftmals sitzen auch Aurovillaner von YouthLink mit an unserem Tisch. Der Austausch über den Arbeitsalltag der anderen ist immer interessant und unterhaltsam.

    Von 14 Uhr bis 16 Uhr arbeiten i.d.R. alle an ihren Produkten für den Shop. Danach bleibt noch eine Stunde die ich zum Aufräumen im Storageroom des Studios oder andersartig (z. Bsp. für den Instagram-Account) nutzte.

    Bezüglich der Gestaltung meiner Freizeit, lässt sich sagen das sich diese sehr abwechslungsreich in meinen Alltag integriert. Ranjana, eine Freundin und Arbeitskollegin von mir, hat mich einmal zu der sogenannten ‚Playhood‘ mitgenommen. Dabei geht es darum Menschen Raum zu geben, wieder Spaß am Spielen zu haben ohne Leistungsdruck zu empfinden. Durch diese Erfahrung habe ich wieder meine Freude am Sport entdeckt und betätige mich seitdem wieder häufiger physisch. Außerdem habe ich einige Male an einem Mixed Marshall Arts Kurs (MMA) teilgenommen. Das ist der weiterführende Kurs des Selbstverteidigungskurses, den ich zu Beginn mit einigen anderen meiner Freiwilligengruppe gemacht habe. Der Kurs bietet zweimal pro Woche Ringen und einmal Kickboxen an. Darüber hinaus habe ich aus Deutschland meinen Badmintonschläger mitgenommen, worüber ich sehr froh bin. Vorort gibt es nämlich eine Gruppe von Leuten, die regelmäßig Badminton am Certitude Sports Ground spielen und denen ich unbedingt noch beitreten möchte. Ansonsten waren ein Mitfreiwilliger und ich ein paar Mal früh morgens zusammenlaufen. Das hat (für mich) überraschend viel Spaß gemacht. Denn ich habe Laufen noch nie richtig gemocht, hatte aber auf einmal einen sehr starken Drang dazu und bin seitdem Frühaufsteherin.

    Neben dem Sport gehe ich zusätzlich seit einem Monat am Samstagnachmittag zu einer Open Art Class, die mir seit Beginn sehr am Herzen liegt und die ich definitiv weiterhin besuchen werde. Davon abgesehen gehe ich auch gerne mit Freunden nach Pondy und entdecke neue Ecken der Stadt.

    Die Akzeptanz, dass das Jahr bisher anders verlaufen ist, als ich es mir vorgestellt hatte, ist momentan wohlmöglich meine größte Herausforderung. Das bezieht sich sowohl auf meine Arbeit im Studio, als auch auf meine Freizeit. Meine Ziele für das Jahr, die ich mir grob im Kopf zusammengereimt habe musste ich deshalb anders bzw. weniger konkret auslegen. Allerdings habe ich auch erkannt, dass ich durch die Arbeit im Studio noch mehr lerne mit meinen Mitmenschen als Kollektiv an Projekten mitzuwirken. Die Arbeit bringt mich auch dazu, zu lernen besser und genauer zu kommunizieren. Außerdem lerne ich mit Anmerkungen konstruktiv umzugehen, um meine Arbeitsweisen zu optimieren. Ich lerne auch Situation distanziert zu betrachten und immer wieder die Perspektive zu wechseln, bevor ich für mich selbst urteile und Entscheidungen treffe.

    Und doch bin ich für diese wie so viele weitere Erfahrungen dankbar, weil im Endeffekt bringt es mich ja nur weiter. Der Fakt, dass ich, während ich daran wachse, so unglaublich tolle Menschen an meiner Seite habe, die mir dabei helfen, der macht mich jeden Tag aufs neue glücklich. Die vielen kleinen Momente in denen ich mir keine Sorgen mache, und mein Leben genieße machen mich glücklich. Und dass ich die Erinnerungen mit den Menschen teilen darf, die ich liebgewonnen habe. Denn wenn es mir dann mal nicht so gut geht, kann ich mich daran zurück erinnen.

    Eine Momentaufnahme:
    Schon seit einigen Tagen hat der Monsun angefangen und die Leute die sich draußen aufhalten, fahren im Regenponcho, auf ihren Motorädern, in Flipflops durch die nassen Straßen. Auch ich trage eine Regenjacke während ich auf meinem Fahrrad sitze und vom MMA-Kurs im Dehashakti Gym auf dem Heimweg bin. Ein paar Kühe stehen am Straßenrand und suchen zwischen lauter Plastikmüll nach etwas essbarem. Dann kommt das Ortsschild mit der Aufschrift ‚Edayanchavadi‘, an der vorletzten Straßenkurve staut sich der Verkehr. Kühe, ein paar Autos und viele Bikes sammeln sich an. Jeder will so schnell es geht weiter, während die Kühe selenruhig auf der Straße stehen bleiben. Und da hat sich der Stau auch schon aufgelöst – gleich bin ich zuhause – unter der Gruppe von Bikes ist Mirant. Er sieht für einen Augenblick verwirrt aus, dann sind wir auch schon fast aneinander vorbeigefahren und während ich ein wenig angefangen habe zu lächeln, hat er mich erkannt und ist im selben Moment auch schon wieder an mir vorbeigezogen. Zuhause angekommen packe ich meinen neuen, mit Einkäufen vollgepackten, Rucksack aus und wasche mir den Schlamm und Schweiß vom Körper. Ich schreibe Mirant: “Did you recognize me on the street with my helmet, headlamp, rain jacket and black rucksack with at least 8 straps?”– “I’ve never felt more German”. Rosa kommt aus ihrem Zimmer und wir fangen an uns auszutauschen wie unser Tag war, Tabea kommt dazu und wir sitzen zusammen in meinem Zimmer, dass kollektiv als Wohnzimmer getauft wurde, essen gemeinsam zu Abend, quatschen über das was uns auf dem Herzen liegt und wie schnell die Zeit schon wieder rum ist. Schon hundert Tage Indien. Und dabei fühlt es sich gerade Mal so an, als hätte ich nur einmal kurz geblinzelt.


  4. Mein erster Quartalsbericht – Einblick ins Leben eines aufstrebenden Farmers:

    April 23, 2024 by David Ott

    Vor fast 3 Monaten ging das Abenteuer Auroville los, nun ist es zeit für den ersten Bericht!

    Ich sitze gerade Zuhause in Kuilapalayam und erinnere mich an die Anfangszeit zurück, seit dem ist schon so viel passiert, sodass es sich für mich erstaunlicherweise sehr lange her anfühlt. Die erste Woche in Auroville hat mir sehr gut gefallen und war ein angenehmer Einstieg ins indische Leben.

    Wir waren ungefähr 10 Tage im Isai Ambalam Guesthouse untergebracht, eine sehr schöne Gegend von Auroville, in der ich persönlich sehr wenig unterwegs bin, wenn ich dann mal am Guest house vorbei fahre erinnere ich mich gerne and die ersten Tage zurück, es war alles so neu und überwältigend.

    Einige besondere Momente stechen natürlich besonders raus, zum Beispiel der zweiten Abend im Guesthouse, Lola, Gerrit und ich sind der Templemusik gefolgt und standen plötzlich vor einem mit hunderten LED Lichtern geschmückten Tempel, als wir rein gingen sahen wir Tamilen die Instrumente spielten in einer Lautstärke die einer Technorave glich. 

    Das war die erste richtige Konfrontation mit der tamilischen Kultur und es war Wundervoll!

    Nach ein paar Tagen war die Zeit im Guesthouse vorüber und wir zogen in unsere neuen Unterkünfte. 

    Wir hatten noch ein Wochenende Zeit um anzukommen und uns ein wenig in der WG einzuleben, ich war voller Vorfreude gespannt auf die Arbeit, der erste Arbeitstag jedoch, war ein ganz schöner Sprung ins kalte Wasser..naja eigentlich in zu heiße Wasser, am ersten Tag schwere Arbeit im Mango Orchard bei praller Sonne war etwas zu viel für mich, die darauffolgenden Wochen waren auch herausfordernd, aber allmählich gewöhnte ich mich an die Arbeit und war recht bald äußerst zufrieden mit meiner Einsatzstelle! AuroOrchard hat wirklich ein super Team und wenn man will und auch nach fragt kann man super viel lernen! 

    Die Arbeit auf der Farm bringt viele Vorteile mit sich, die die Anstrengung und das viele Schwitzen (sogar bei angenehmen Monsun-Temperaturen) überwiegen, zum Beispiel die Arbeitszeiten, da man so früh schon anfängt, hat man auch früher Feierabend, und somit mehr vom Tag.

    Außerdem lernt man viel neues kennen: Die Tamilische Kultur steht da für mich an erster Stelle, ich habe recht viele Tamilische Kollegen, mit manchen arbeitet man viel zusammen, mit anderen fast nie. Doch einige sind zu Freunden geworden die man auch ab und an mal außerhalb der Arbeit trifft. Durch die vielen verschiedenen Volunteers lernt man auch Menschen aus aller Welt kennen, einige kommen nur für einen tag und merken dann wahrscheinlich wie Anstrengend farming ist ^^, andere helfen für einige Wochen oder sogar Monate mit. Meistens sieht man jede Woche neue Leute auf der Farm. 

    Was man natürlich auch kennen lernt: Die Natur Südindiens. Von stacheligen Bäumen über   Cowgrass ( dass hinterlässt gerne mal Schnittwunden wen man es nur anfässt), Skorpione, Exotische Früchte, Schlangen bis hin zu Chamäleons. auf der Farm kann man die Natur Hautnah erleben.

    Meine Aufgaben sind sehr vielseitig, ich mache oft einfach was gerade gebraucht wird, Sachen wie Unkraut jähten, mulchen, und ernten sind an der Tagesordnung und kommen bei mir jede Woche mal dran. Oft auch shredden um Mulch herzustellen, kleinere Bäume oder Büsche beschneiden, neue Pflanzen aussähen, oder auch fertige Ware verpacken. Es gibt wirklich unzählige Sachen zu tun und man kann sich auch auf die Aufgaben konzentrieren die einem Spaß machen, Beispielsweise Kompost anlegen, vor ein paar Wochen habe ich mit Gerrit zusammen 3 Kompost Haufen angelegt, ein Interessanter Prozess vor allem wenn man versteht was man genau macht und wo zu die verschiedenen Arbeitsschritte nötig sind. Ich warte schon gespannt auf das Ergebnis in 2-3 Monaten.

    Obwohl ich recht zufrieden bin mit meinen Tasks auf der farm, möchte ich meine Fühler ausstrecken und eigene größere Projekte auf der Farm angehen, mal gucken was da so möglich ist..

    Nun noch ein wenig über meinen Alltag und mein generelles Wohlbefinden. Allmählich habe ich mich eingelebt und fühle mich hier auch so langsam wie Zuhause. Was mir gerade ein wenig zu schaffen macht ist das Klima, hier ist gerade Monsun, dass ist auf der einen Seite sehr schön da die Temperaturen angenehmer sind und ich auch den Regen sehr genieße, auf der einen Seite ist es auch nervig da alles mögliche sehr schnell anfängt zu schimmeln. 

    Was mir gerade sehr gut tut ist dass leben an sich, dass heißt nicht das alles Perfekt ist, ich würde jedoch sagen das mein Leben hier sehr Spannend und fordernd ist. Das hat mir Zuhause in Deutschland sehr gefehlt. Außerdem lernt man hier unglaubliche viele Interessante Menschen kennen, viele wirken wie Außenseiter der „normalen“ Gesellschaft, und da ich mich oft auch so fühle, treffe ich auf gleichgesinnte. Das tut mir gerade sehr gut.

    Alles in allem bin ich mega zufrieden mit meinem Weltwärts-Jahr!


  5. Freitage sind für Exkursionen

    April 2, 2024 by Rosa Krausmann

    Tja und da war dann auch schon das erste halbe Jahre rum. Geflogen wie ein Düsenjet. Es
    war ein aufregendes erstes halbes Jahr und erfreulicherweise liegt noch ein weiteres vor
    mir. Was wohl auf mich wartet? Man kann sich gar nicht vorstellen, was noch so in einem
    halben Jahr passieren soll, aber wenn man zurück blickt, ist in dem letzten halben Jahr so
    viel passiert, dass es gar keine andere Möglichkeit gibt, als dass mich noch viele weitere
    Abenteuer erwarten.


    Mein größtes Abenteuer zurzeit ist der ecological horticulture course im botanischen
    Garten, an dem ich teilnehmen darf. Nicht in meinen wildesten Träumen hätte ich mir zuvor
    ausmalen können, wie bereichernd dieser Kurs sein wird. Ich lerne so viel und springe jeden
    Morgen voller Vorfreude aus den Federn, um zu meiner Klasse zu düsen. Wir lernen über
    Ökologie, Geologie, über Boden und Wasser, über Schmetterlinge, Libellen, Motten und
    Fische und über den Wald. Ja der Wald, wie wichtig er doch für uns ist, wie er unser Leben
    bereichert und wie wir es immer und immer wieder schaffen, ihn zu zerstören und uns
    damit selbst zu schaden. Aber wir lernen von all diesen wunderbaren Menschen, die ihr
    Wissen mit uns teilen, auch jenes: wie nötig es ist, sich dies einzugestehen und etwas zu
    unternehmen und vor allem, dass man tatsächlich etwas verändern und bewegen kann. Ich
    stolpere jeden Tag aus dem Klassenraum und bin erschöpft von all dem Wissen und
    gleichzeitig inspiriert und voller Energie. Doch am besten an dem ganzen Kurs sind die
    Freitage: Freitage sind für Exkursionen. Das bedeutet noch im Dunklen wie blöde seinen
    Wecker ruhig zu stellen und bei Sonnenaufgang im Bus mit seinen Klassenkameraden zu
    sitzen. Mitten in der Pampas wird man dann rausgeworfen und ist umgeben von
    überfluteten Feldern, ein paar müden Bauern bei der Arbeit und dutzenden und
    aber dutzenden von Vögeln aller Farben, Formen und Größen. Stundenlang ist man dann
    damit beschäftigt, ihrem Geträller zu lauschen, sie zu identifizieren und Laute wie AH und
    OH von sich zu geben. Aber am inspirierensten sind für mich die Ausflüge in die Wälder
    Aurovilles. Richtige Wälder, in denen eine erfrischende Brise herrscht und wenn man genau
    hinguckt, ihre Schätze wie verlassene Bienennester und Stachelschweinstacheln finden
    kann. Das ist alles deshalb so eindrucksvoll, weil vor 50 Jahren an genau diesen Stellen noch
    eine Wüstenlandschaft war. Ja, die Menschen könne viel kaputt machen, aber sie könne es
    auch wieder gut machen. (Manches zumindest…)
    Egal wohin der Trip geht, er endet eigentlich immer mit Tee und Kaffee. Und ehe man sich
    versieht, hat man sich mit seinen Freunden verquatscht und die letzten Stunden damit
    verbracht, über Gott und die Welt zu plaudern. Ich durfte durch den Kurs so viele neue tolle
    Leute kennenlernen, mit denen ich jetzt meine Abende verbringe und die alle mit mir die
    Freude am Essen teilen. Was das ganze sogar noch besser macht, ist, dass wir alle aus
    den unterschiedlichsten Ecken der Welt kommen. Letzte Woche habe ich deshalb Gimbap
    auf meinem Teller liegen gehabt und mit einer köstlichen Algen Suppe verspeist. Wir waren
    bei einer koreanischen Freundin eingeladen und haben zusammen gekocht, gelacht und
    getratscht.


    Ich schaue durchaus mittlerweile ein bisschen anders auf die Welt. Nichts Großes, nichts
    Weltbewegendes, aber plötzlich wirkt das ganze Gehabe um Aussehen und was schön ist,
    lahm. Vielleicht werde ich aber auch einfach erwachsen -huh!
    Ich kann all diese Informationen, die ich gerade aus allen Richtungen bekomme, noch nicht
    100% sortieren und in mein überfülltes Hirn einschichten. Aber ich bin unglaublich dankbar,
    dass ich diese Erfahrungen jetzt gerade machen darf, weil ich das Gefühl habe, dass die
    Maschine schwitzt und keucht und mich am anderen Ende eine neue Rosa- Version 2.1
    erwartet. Eine, die sich ihrer Umwelt noch ein Stückchen bewusster ist, die weiß, was ihr
    Spaß macht, wie Arbeit auch aussehen kann und die gelernt hat, wie weit die Menschen es
    bringen können, wenn sie geben ohne Wenn und Aber. Auf der anderen Seite gibt es noch
    Momente und Gedanken, über die ich stolpere und mich jedes Mal wieder nur
    kopfschüttelnd wundern kann. Und wo mich all dies am Ende hinleitet und was das für mich
    in petto hat, das weiß ich noch immer nicht.
    Man könnte fast schon meinen, das größte Abenteuer liegt noch vor mir