Nichts läuft so wie mensch es sich vorstellt.
Ich hatte ja gedacht mein vorheriger Blogeintrag würde auch der Letzte sein den ich von hier schreibe, denn von nun an würde ja nicht mehr viel passieren.
aber dann kam alles ganz anders …
Als ich mich eines nachts in einer Kapsel im Youth Center ganz entspannt neben Max, einem guten Kumpel und Mitfreiwilligem, legen wollte und daraus resultierte, dass wir beide drei Meter tief auf den Waldboden stürzten, durfte ich die Notaufnahme des JIPMER Hospitals (Jawaharlal Institute of Postgraduate Medical Education and Research) in Pondicherry zum ersten Mal kennenlernen.
Ich erinnere mich allerdings nur verschwommen an den größten Teil dieser Nacht da ich entweder halb bewusstlos oder einfach zu sehr unter Schock war um viel mitzubekommen. Vielleicht waren es aber auch die Beruhigungs- und Schmerzmittel die sie mir gespritzt haben, wer weiß das schon?
Max und ich hatten Glück im Unglück und keiner von uns war ernsthaft verletzt.
Meine Nase hatte allerdings eine kleine Fraktur. Da meinten sie aber, ich solle doch einfach in zwei Wochen zum Check-up nochmal kommen. Und so wurden wir mit vielen Schmerzmitteln bewaffnet nach Hause geschickt.
Im Laufe der nächsten zwei Wochen hatte ich mich wieder erholt und mein Freund Frederic war auch wieder von seinem Treck aus dem Himalaya aufgetaucht (ohne Verletzungen) und hatte grade den Schock von meinem Unfall verdaut, als es dann an der Zeit war sich wieder zum Krankenhaus aufzumachen. Zu dem besagten Nachsorge-Termin.
Diesmal bei vollem Bewusstsein und mit Verstärkung.
Montag:
Die Notaufnahme war unser erster Anlaufpunkt auf dem riesigen Gelände. Völlig überfüllt und typisch indisch chaotisch.
Nach einiger Zeit des verwirrt Dreinschauens hat sich dann doch jemand dazu durchgerungen uns zu sagen das wir zu einem anderen Gebäude müssen wo sich die HNO-Abteilung befindet. Noch mehr herumgeirre…
Irgendwie haben die Abteilungen alle Zahlen, aber ob und welcher Sinn hinter diesen steckt, habe ich bis heute nicht herausfinden können. Wir mussten zur 72.
Rumfragen hilft immer. Dort angekommen gab es keine ersichtliche Ordnung und wir sind einfach mal drauflos in den ersten Raum spaziert. Natürlich muss mensch drängeln, denn sonst hat mensch keine Chance. Ich wurde auf einen Stuhl gezogen und meine Akte wurde durchflogen. Wer ist der Typ da, der bei dir ist? Eh… mein Ehemann natürlich, wer sonst? Alles klar, wurde so akzeptiert. Dann einige Diskussionen später:
Sie müssen operieren. Vollnarkose oder lokale Betäubung? Immer her mit der Vollnarkose!
Dann meine Frage: Wann? Antwort: Sobald wie möglich. Würden sie erst Mittwoch wissen.
Dienstag:
Ich musste für Bluttests und Röntgen wiederkommen.
Juuucchu: HIV negativ! 😉 Auch sonst alles schick.
Mittwoch:
Ja, sie würden dann morgen operieren.
Ohhhhkay. Das ging jetzt irgendwie schnell.
Ich würde auch dann auch heute Nacht schon im Krankenhaus bleiben müssen.
Toll.
Ein Einzelzimmer. Die Matratze war ungefähr so bequem wie der Boden, aber die Dusche war cool und alles sauber.
Auch sonst war mein Eindruck vom Krankenhaus bis dahin durchweg recht gut gewesen. Klar, schon irgendwie indisch: Es lagen viele Menschen auf den Gängen und es roch nicht überall so richtig gut. Aber die Ärzte von mir wirkten alle professionell und Frederic durfte für die gesamte Zeit bei mir bleiben. Darüber war ich echt froh.
Donnerstag:
Schon früh geht’s für mich in den Pre-Operationsraum. Klimaanlage inklusive. Gott habe ich gefrorenen.
Die Betäubungsmittel haben wunderbar gewirkt, ich habe noch Stunden nach der Operation friedlich vor mich hin geschlafen, und auch sonst war alles glatt gelaufen.
Später am Abend ging’s wieder zurück in mein Zimmer.
Freitag und Samstag:
Ich wurde wegen meinen Schmerzen immer grummeliger und die Schwestern immer angepisster von mir. Ich wollte mir nicht die Haare kämmen und flechten lassen und mir war auch egal das mein T-shirt nicht über die Schultern reichte. Das ging ja mal gar nicht.
Als mir dann Samstag Mittag die Pads aus meiner Nase geholt wurden und die damit verbundenen Schmerzen fast direkt verschwanden, waren sämtliche Schwestern glaube ich fast genauso glücklich wie ich über meine darauffolgende Entlassung.
Ich hatte inzwischen gefühlt auch den Schmerzmittelvorrat erheblich geschmälert gehabt und mehr Aufmerksamkeit auf mich gezogen als irgendein anderer Patient auf der Station.
Endlich nach Hause! Natürlich direkt wieder mit dem Motorbike, wir sind schließlich in Indien 😀
Das war dann auch schon der größte Teil meiner Zeit im Krankenhaus. Ich bin dann nur noch mal zu einem Nachsorgetermin eine Woche später, bei dem bestätigt wurde, dass alles schick sei, dort gewesen. Ich hatte nun wieder eine grade Nase und wir kannten uns blind auf dem JIPMER Gelände aus.
Also keine Sorge an alle zukünftigen Indien oder Auroville-Reisenden: Die Medizinische Versorgung ist ganz wunderbar hier und eine einzigartige Erfahrung (die mensch aber nicht unbedingt machen muss).