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  1. Farmlife

    September 26, 2014 by Henry Schoeller

    —Fotos werden noch hinzugefügt werden—

    Zweieinhalb Wochen wohne ich mittlerweile schon auf der Biofarm „Discipline“, die gleichzeitig meine Arbeitsstelle darstellt. Zeit also, über Neuigkeiten zu berichten.

    Wohnen

    Gemeinsam mit Max, dem deutschen Freiwilligen, der in den botanischen Gärten Aurovilles arbeitet, habe ich eine sogenannte Kapsel bezogen. Nebenan in einer kleineren Kapsel wohnt außerdem Paula, meine Arbeitskollegin.
    Der Boden unserer Hütte ist durch Marmorpfeiler etwa 160 cm vom Boden emporgehoben. Sie ist konstruiert aus Holzstämmen, Bambusstäben, Leinenstricks und Latten und gedeckt mit getrockneten Bananen- und Palmblätter – besteht also komplett aus natürlichen, nachwachsenden Ressourcen. Sie ist recht geräumig und das Mobiliar besteht aus einer Einzelmatratze und einer abschließbaren Metallkiste für jeden von uns, einem hübschen Regal aus aufgehängten Latten und einem kleinem Kleiderschrank, der aus einem geschnitzten Stamm besteht, an dem Kleiderbügel hängen.
    Der eigentliche Wohnraum befindet sich allerdings unter der Kapsel: Hier sind drei sehr gemütliche Hängematten aufgehängt, in denen man perfekt die alltägliche Mittagshitze aushalten kann. Es ist ebenso trocken bei Regen, wie schattig und luftig bei Sonne. Zusätzlich haben wir eine kleine Terrasse mit einem großen Esstisch und Holzbänken- und HockernSie eignet sich zum Abendessen ebenso, wie zum Kartenspiel.
    Um unsere Toilettensituation möglichst magenschonend zu umreißen: Wir sind in Benutzung einer Komposttoilette, die vorausschauenderweise etwa 200 m vom Schlafplatz entfernt errichtet wurde. Von außen ähnelt sie einem Dixie-Häuschen aus Stein, während sie einem innen indische Standards offenbart. Ein schöner Bonus, der von ihr bereitgehalten wird ist derweil die Möglichkeit Toilettenpapier zu nutzen.

    Alles wird hier farmtypisch von vielvielviel Grün und Natur umrahmt, sodass die allgemein erzeugte  Atmosphäre sich ausgesprochen wohltuend auf das Gemüt und die Flora und Fauna sehr erfrischend auf die Luft und Geräuschkulisse auswirkt.


    Kochen

    Wir haben zu dritt eine recht geräumige Küche, in der es sich angenehm Kochen und Unterhalten lässt. Gekocht wird auf einem Gasherd mit zwei Kochstellen. Weiteres Mobiliar stellt ein ameisensicherer Schrank für Lebensmittel dar, denn einen Kühlschrank haben wir hier nicht. Diesen haben wir in der letzten Zeit außerordentlich zu schätzen gelernt, denn wir mussten erfahren, dass Ameisen organische Überreste wirklich überall binnen kürzester Zeit aufspüren und in Angriff nehmen können und dies auch regelmäßig tun. Zugegebenermaßen gewöhnt man sich da verhältnismäßig schnell dran. Gewöhnungssache ist auch der Umstand, Lebensmittel nicht kühl lagern zu können; Milchprodukte, Eierspeisen, Fleisch, Fisch, Schokolade, etc. von Tiefkühlkost ganz zu schweigen.
    Erwähnenswert ist auch die bemerkenswerte Reichweite an Gewürzen, die uns netterweise von unseren Vorgängern hier gelassen wurden. Sie tummeln sich in einem ebenso dekorativen wie einsturzgefährdeten Gestell aus Bambusregal und an die Wand montierten Regalbrettern. In einer nachmittäglichen Reinigungs- und Ordnungsaktion haben Max und ich alle in Einmachgläsern verstauten Gewürze beschriftet, geordnet und das Regal geputzt. Nun mutet das Gestell eher an wie die Süßigkeitenecke eines Krämerladens, vom Naschen würde ich in Anbetracht der beachtlichen schärfe einiger Curies und Chilliepulver allerdings dringlichst abraten.

    Das Koch macht hier echt Spaß und die Küche wird auch als Aufenthaltsraum genutzt, was unter Anderem der Tatsache geschuldet, dass (zumindest ich) nur hier Internet empfangbar ist.


    Arbeiten

    Die Eingewöhnungsphase ist ja mittlerweile langsam verstrichen und ich arbeite täglich sechs Stunden auf dem Feld, im Grünhaus oder in der Komposthütte.
    Nach anfänglicher Unsicherheit, die meiner momentanen Einhändigkeit (Wer davon noch nichts weiß, findet am Ende des Artikels eine Erläuterung) geschuldet ist hab ich mich nun auch im Bereich der Arbeit allmählich eingelebt. Ich war sehr unsicher, ob ich trotz meiner Diagnose auf der Farm arbeiten sollte oder einen Projektwechsel eingehen sollte. Es stellte sich heraus, dass genügend Arbeit vorhanden ist, zu deren Bewältigung nur der rechte Arm benötigt wird.
    Mein Arbeitstag beginnt morgens um 7:30 mit der täglichen Ernte und der Verarbeitung der selben.
    Auf der Farm werden die verschiedensten Pflanzen von Ananas bis Zuckerrohr und von Minze bis Melone angebaut. Dazu kommen sieben Kühe und drei Kälbchen deren Futter „Cowgrass“ hier auch wächst. Ich bin an den meisten Tagen mit Paula, der anderen Freiwilligen hier, für das Ernten von Minze, Basilikum und teilweise auch Rucola zuständig. Anschließend packen wir alle Früchte, alles Gemüse und alle Kräuter zum Versand in Kisten. Anschließend arbeiten wir bis 12:00 und dann nochmal von 14:00 – 15:30 an diversen Stellen auf der Farm.
    Eins kann ich jetzt schon mit Sicherheit sagen: So hart, schweißtreibend und handfest habe ich in meinem Leben bis  dato noch nicht gearbeitet.

    Ich fühle mich bei der Arbeit sehr wohl und bin der fühle mich in meinen bei der Projektauswahl gehegten Erwartungen größtenteils bestätigt.

    Ich verbleibe in Vorfreude auf die noch kommende Zeit und besonders auf mein Leben mit zwei Händen hier.


    -Warum ich zur Zeit einhändig bin-
    Aus einem Grund ,der mir zum jetzigen Zeitpunkt entfallen ist, hielt ich es am 1. August dieses Jahres auf dem Vorbereitungsseminar für den Freiwilligendienst für eine gute Idee, besonders schwungvoll von einer Schaukel auf einem Kinderspielplatz zu springen. Das Ergebnis war eine Handgelenksverletzung, deren Diagnose mir eine Woche später nach Betrachtung des Kernspinntomographiebildes mit den Worten, „Da haben Sie ja ganze Arbeit geleistet.“, erläutert wurde. Prellung im Bereich des Daumens, Bruch der Speiche, Läsion des Diskus Triangularis (Der Knorpel, der die Rotation der Hand ermöglicht war von der Hand abgerissen und hing noch an Elle und Speiche) hieß mein Urteil für das nächste halbe Jahr.
    Kurze Zeit später wurde der Knorpel operativ angenäht und ich verblieb mit Schiene für acht Wochen und einem Belastungsverbot für das nächste halbe Jahr.


  2. Die ersten Tage

    September 1, 2014 by Henry Schoeller

    Nach der Landung in Chennai am Dienstag Nachmittag haben wir unsere erste Behausung, ein Guesthouse (siehe Bild) bezogen. Das ist jetzt eine knappe Woche – Zeit also eine kleine Bilanz zu ziehen:

    Das Klima bereitet mir Dank semiprofessionellen Sonnenhut und dem Luxus auf einem Motorrad (und nicht mit Fahrrad) die Gegend zu erkunden recht wenig Probleme. Auch kalte Duschen zwei mal am Tag tuen echte Wunder. Untypischerweise gibt es auch hin und wieder Regen (außerhalb der eigentlichen Monsoonzeit), was die Luftfeuchtigkeit hoch hält, aber auch kurzzeitig für Abkühlung sorgt. Insgesamt hätte ich mir die Umstellung schlimmer vorgestellt.

    Die Ernährung ist für mich ebenfalls eine deutliche Umstellung: Die Zusammensetzung der Nahrungsmittel hat sich genau so wie die Würzung  und die Lebensmittel an sich geändert. Auf der Speisekarte stehen jetzt Reis, frisches, subtropisches Obst und Gemüse und diverse Curries statt Brot, Käse und Wurst, aber auch diese Umstellung ist eher sanft, da es hier in Auroville auch westliches Essen gibt. So hatte ich bis zum jetzigen Zeitpunkt auch keine digestiven Probleme. Toi, toi, toi.

    Die erste Unterkunft

    Die erste Unterkunft

    Die Wohnsituation gleicht momentan noch mehr einer Klassenreise, da alle 15 Freiwilligen für die Dauer der Einführungswoche in einem Guesthouse zusammenwohnen. Wir teilen uns eine Küche, drei Bäder und einen Aufenthaltsraum. Da wir die meiste Zeit unterwegs waren, haben sich die Gemüter zwar noch nicht erhitzt, aber vereinzelt treten „Kommunikationsprobleme“, „schlechte Absprachen“ und „Enttäuschungen von der Gruppe“ auf.

    Diese Probleme werden sich allerdings sicherlich ab Dienstag, dem Tag des Auszugs zerstreuen. Das Zusannenwohnen bedeutet auch, dass es keinen Sinn ergibt, seine Koffer auszupacken was ein Gefühl der Unruhe und Unordnung fördert. Sehr gespannt bin ich auf das Leben in einer Kapsel, einer aus Holz und Palmblättern gebauten Hütte ab Dienstag.

    Auroville, „die Stadt der Morgenröte“, bietet sehr viele interessante Ecken, Möglichkeiten, Zeit zu verbringen und eine einzigartig Community. Überall begnegnet man einem freundlich und hilfsbereit – es bleibt abzuwarten, wie viel davon Oberflächlichkeit ist. Das Stadtbild unterscheidet sich von westlichen Städten genauso wie von indischen; architektonische Einzigartigkeiten reihen sich als Ergebnisse diverser fremder, finanzieller Förderungen, nur von teils wildem, teils gepflegten Grün ausgesetzt, aneinander. Es lässt sich, meiner Ansicht nach sagen, dass Auroville ein wirklich schöner Ort zum Leben ist.

    Ich verbleibe in Vorfreude und Anspannung auf den ersten Arbeitstag im Projekt am Mittwoch.

    Henry