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  1. Es wird Rund

    Juli 12, 2023 by Lucia Lenters

    Der Kreis schließt sich bald.

    Es sind die letzten Wochen.

    Am 08. August geht es für mich zurück nach Deutschland.

    Erst war ich noch darum bemüht, meinen Flug um 5 Wochen nach hinten zu verschieben, um noch ein bisschen Reise und Freiheitsluft zu schnuppern. Leider bekam ich dann die desillusionierende Nachricht des Reisebüros, dass das aufgrund von buchungstechnischen Details nicht möglich ist. So versuche ich nun, Frieden damit zu schließen, dass es nun nur noch wenige Wochen bzw. Tage sind, die ich hier verbringe.

    Und da fällt mir auf: Oh je, ich hab meine ganzen Urlaubstage noch gar nicht aufgebraucht! Warum eigentlich nicht? Ich hätte es wirklich dringend nötig gehabt…. damals. Aber damals dachte ich, ich will sie nicht zu früh alle verbrauchen. Also habe ich sie mir aufgespart. Jetzt komme ich leider zu der ernüchternden Erkenntnis, dass es mir in diesen letzten Wochen zu viel Tohuwabohu ist, noch wegzufahren, so werde ich mir meine übrig gebliebenen Urlaubstage wohl einfach hier in Auroville nehmen und mich nochmal so richtig schön durch Auroville treiben lassen. Vielleicht noch 1-2 Workshops, oder einfach mal an den Strand. Das habe ich nämlich fast nie gemacht. (oder doch nochmal kurz einen Abstecher nach Mahabalipuram?)

    Ein bisschen bedauern schwingt da dennoch mit, denn gerne hätte ich noch mehr von Indien gesehen. Viele Menschen, die ich kenne, waren bereits hier in Indien und schwärmen vom Land – und ich war ein Jahr hier in Auroville, in Indien, und habe das Gefühl, nicht ganz das erlebt zu haben, was die anderen erlebt haben… das, was ich glaube, beim Reisen zu erleben. Ich hätte mir mehr Zeit zum Reisen gewünscht, mehr Urlaubstage, um noch weiter in dieses Land und in diese Kultur einzutauchen. So hatte ich das Gefühl, viel in einem Alltag aus Arbeit zu verbringen, der mir leider nicht so viel Raum gegeben hat, mich richtig aktiv mit der Fülle der Kultur und des Landes auseinanderzusetzen. Da ist ein Reisewunsch, der ist noch nicht befriedigt. Und wer weiß, vielleicht komme ich mal zurück, um dieses Land nochmal aus einer anderen Perspektive und mit mehr Freiheit zu erleben.

    Was wohl auch zu meinem letzten Bericht gehört, weil aktuell: Die Erkenntnis, wie unglaublich viel ein Lebensort ausmacht. Damit meine ich grade nicht das Land. Ich meine ganz praktisch, die vier Wände, in denen man sein Zeug hat, schläft und Teile der Freizeit verbringt. Ich bin Anfang Juni noch einmal umgezogen, aus dem Zimmer bei der Udavi School in die Community Maison des Jeunes. Dieser Umzug hat so viel für mich verändert, ich fühle mich auf einmal, als hätte ich tatsächlich ein Zuhause hier. Ich habe es vermisst und finde es schön, wieder in einer Community zu leben, ich fühle mehr soziale Einbettung, und letztens hat jemand gesagt “Auroville begins with your home” – und es stimmt. Alles ist so viel schöner und lebendiger, seit ich in MdJ wohne und es sich dort nach einem Zuhause anfühlt, in das ich gerne nach einem langen Tag zurückkomme. 

    Ich bin froh, dass ich mich dafür eingesetzt habe, noch einmal umzuziehen, obwohl das eigentlich nicht geplant war. Dass es auch geklappt hat, fühlt sich nach Selbstwirksamkeit an. Und dass es mir so gut tut, ist einfach nur ein Segen für meine letzten 2 Monate hier.

    In meinem Projekt waren alle lange im Urlaub, und ich saß viel alleine oder nur mit einer anderen Person im Büro, das hat sich manchmal etwas unsinnig angefühlt, weil es nicht wirklich was zu tun gab und ich hätte mir gewünscht, mehr Freiheit zu haben auch mal weniger zu Arbeiten, wenn es nicht wirklich notwendig ist. Jetzt sind jedenfalls alle wieder da und es herrscht eine gemütliche Stimmung im Büro. Ich versuche gerade ein Projekt abzuschließen, was sich aber auch nicht so leicht gestaltet, weil ich keine geschulte Datenanalysatorin bin, und wahrscheinlich wird das mit dem Projektabschluss leider nichts mehr vor Ende meiner Zeit hier. 

    Inzwischen bin ich mit meiner Ausrichtung schon wieder viel in Deutschland und freue mich darauf, meine Freund*innen & Familie wiederzusehen und in meine WG zurückzukehren. Ich weiß zwar auf vielen Ebenen noch nicht, wie es weitergeht, aber ich freue mich auf die Freiheit! Ich habe gemerkt, dass so eine längerfristige Vertragsgebundenheit meinem inneren Freiheitsgeist und meiner Gesundheit nicht so gut tut und ich perspektivisch wahrscheinlich Richtung Selbstständigkeit gehen werde. Ich mag es, mir meine Zeit frei und eigenverantwortlich einzuteilen und selbstbestimmt mein Leben zu gestalten. 

    Und ich freue mich auf lange Waldspaziergänge in der wilden stillen Natur, ohne einen einzigen Menschen zu treffen und ohne mich unsicher oder deplatziert zu fühlen, weil ich eine Frau bin. 

    Bei all der Vorfreude schwingt natürlich auch eine kleine Trauer in mir. Wieder einmal loslassen und die ständigen Veränderungen des Lebens willkommen heißen. Goodbye’s and Hello’s.

    Goodbye to leckeren exotischen Früchten ohne schlechtes Klimagewissen. (Mango! Papaya! Passionfruit! Ananas! Jackfruit! Bananas! I will miss you!). Goodbye to cruising around with my motorbike (mit schlechtem Klimagewissen). Goodbye to eating out almost every meal and eating in fancy places I could never afford in germany. Goodbye to nasty ants in my bed, and in my food box, … and literally everywhere. Goodbye to heat and sweat. Goodbye to “selfie, selfie, selfie madam? selfie!” Goodbye to Idly & Dosa & Chutney. Goodbye to the constant noise of fans inside and the constant noise of traffic, honking and temples outside.Goodbye to amazing cookies and coffee in the office! Goodbye to geregelter Alltag und Arbeit. Goodbye to all the amazing people i met here. Goodbye to all the annoying people i met here. Goodbye to Linksverkehr! Goodbye to free cows everywhere. Goodbye to chaos everywhere. Goodbye to my wonderful team at wasteless! Goodbye to my beautiful community and room in MdJ! Goodbye to all the beautiful evergreen plants and trees! Goodbye to the colorful flowers everywhere! Goodbye to the crazy monsoon thunderstorms! 

    Welcome cozy sweaters! Welcome deutsche Äpfel! Welcome Family, Friends, Gemeinschaft, WG. Welcome freiere Körperkultur.Welcome viel mehr Geschlechter-Gleichberechtigung & Awareness ! Welcome Festivals! Welcome geregelter Straßenverkehr! (und Rechts vor Links). Welcome viel zu hohe Strom und Mietpreise! (AAAH! Hilfe!). Welcome angespannte Europa-Situation! Welcome Joggen gehen ohne gleich den gefühlten Hitzetod zu sterben! Welcome Freiheit. Welcome Reisen. Welcome to all the amazing people i missed. Welcome Wasser aus dem Wasserhahn in meinem Trinkglas! Welcome Backofen und Welcome selber kochen. Welcome feste Schuhe. Welcome frische Luft. Welcome Wald und “wilde” Natur. 

    What fun!

    I’m OUT ladies and gents! 

    Enjoying and idealizing the last weeks of my time here.


    noch ein paar kleine Dinge, die ich gerne vorher gewusst hätte und was vor allem an die zukünftigen Weltwärtsler*innen gerichtet ist (gehe auf mehr wenn du weiterlesen willst)

    (more…)

  2. Ein kleiner Reisebericht: Kodaikanal, Kumily und Chinnakanal

    Mai 30, 2023 by Lucia Lenters

    In der letzten Woche war ich mit Luise in Kodaikanal und Kerala unterwegs – um der Hitze in Auroville zu entfliehen suchten wir uns als Ausgangs-Reiseziel ein kleines Örtchen (Vattakanal) neben Kodaikanal in den Western Ghats aus – mit dem Sleeperbus in ca. 10 Stunden erreichbar. Ein Katzensprung! (für indische Maßstäbe…). Mit den Sleeperbussen lässt sich hier verhältnismäßig komfortabel Reisen, wobei es am besten ist die unteren Liegen zu buchen, da es ganz schön rumpelig werden kann. Jede Pipi-Pause zu nutzen lege ich außerdem allen wärmstens ans Herz! (denn es ist ungewiss, wann und ob es eine Nächste geben wird). Als wir in Kodaikanal ankamen wehten uns angenehme 20 Grad entgegen, was im Vergleich zu den derzeitigen Temperaturen in Auroville (etwa 40 Grad) ein wahres Träumchen ist. Und schön mal wieder ein paar Berge zu sehen, im Gegensatz zum sehr flachen Auroville.

    Nachdem wir ein paar Tage in Kodaikanal waren wollten wir weiter in die Nähe von Munnar, wo die Landschaft nochmal anders ist, es viele Teeplantagen gibt, und was schon zum indischen Bundesstaat Kerala gehört. Wir machten uns morgens in Kodaikanal auf den Weg mit lokalen Bussen – Dabei sollte man etwas Geduld mitbringen und muss sich meist länger durchfragen bis man vertrauenswürdige Auskunft und den richtigen Bus gefunden hat, da es keine wirklichen Busfahrpläne gibt und jede 2te Person dir unterschiedliche Informationen gibt. Also am besten möglichst viele Menschen fragen und schauen, was die größte Schnittmenge bildet – welche Route sinnvoll ist und wo man umsteigen kann/muss. An den Busbahnhöfen laufen aber auch viele erkennbare, da in einheitlicher Kleidung gekleidete Menschen herum, die für gewöhnlich Auskunft geben können. Dennoch weiß man nie wirklich, wie lang der Bus im Endeffekt für eine Strecke braucht, und wann die Anschlussbusse in anderen Orten fahren. Die meisten Busse fahren allerdings recht regelmäßig, daher ist das nicht so ein großes Problem. Also: Go with the Flow. In unserem Fall war es so, dass wir uns um 18 Uhr auf etwa der Hälfte der Strecke eingestehen mussten, dass wir es nicht mehr zu unserem geplanten Ziel schaffen würden. Also planten wir spontan um, fanden ein wunderschönes und günstiges Homestay in dem Ort an dem wir gestrandet waren, und wurden durch diese spontane Reiseumplanung in die wirbelige Lebendigkeit des Moments geworfen. Kumily, der Ort in dem wir gelandet waren, liegt direkt an der Grenze zwischen Tamil Nadu und Kerala. Für mich war es das erste mal in Kerala und ich war total überrascht, wie anders ich die Atmosphäre dort wahrgenommen habe. Ich hatte das Gefühl, die Menschen sind total warmherzig und offen in Kontakt mit uns gegangen und die Kommunikation war sehr viel angenehmer als ich es häufig in Tamil Nadu erlebe. (Wo man oft einfach nur angestarrt wird und nicht richtig mit einem kommuniziert wird *meine persönliche Wahrnehmung*). Außerdem wirkten die Menschen insgesamt auf mich viel glücklicher, lebendiger und ausgelassener – etwas, was ich hier häufiger vermisse bzw. gegenteilig erlebe. Wir haben ein bisschen herumgerätselt, woran das liegen könnte. Einige Vermutungen waren, dass Kerala der wohlhabendste Bundesstaat Indiens ist, es eine recht breite Mittelschicht gibt und das Kastensystem dort möglicherweise nicht mehr so starken Einfluss auf die Bevölkerung hat. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass es eine größere Vielfalt an Menschen mit unterschiedlichen religiösen Hintergründen gibt.

    In Kumily gibt es auch einen Nationalpark, in dem viele besondere Tiere leben, darunter auch 45 Tiger und zahlreiche Elefanten. Da man diesen Nationalpark nur in gebuchten Trekking Touren betreten darf, buchten wir einen Green Walk durch den Dschungel und begegneten dabei ziemlich vielen Blutegeln…

    Nachdem wir zwei Tage in Kumily verbrachten, zog es uns doch nochmal Richtung Munnar. Da wir nicht direkt nach Munnar wollten, da dies wohl touristisch sehr überlaufen und teuer ist, suchten wir uns einfach auf Google Maps ein Örtchen in der Nähe aus und planten, dort hin zu fahren. So landeten wir in Chinnakanal, einem kleinen Ort neben Munnar – ein Flop. Der Ort bestand eigentlich nur aus einer Straße, die man entweder hoch oder runter laufen konnte. Die Kommunikation mit den Menschen vor Ort war ehr schwierig und die Atmosphäre des Ortes war seltsam. Und schon beim Anblick der meisten Essenslokale ist mir der Appetit vergangen. So haben wir die meiste Zeit drinnen verbracht und uns von Obst und Fried Rice mit Chips ernährt. Aber das Klima war angenehm 😉

    Zurück sind wir von Chinnakanal nach Theni mit einem lokalen Bus und von Theni mit dem Sleeperbus wieder in die heiß-stickige Klima-Suppe von Pondicherry/Auroville gefahren.


  3. Let’s talk about…. Herausforderungen und das (Alltags-)Leben in Auroville

    Februar 28, 2023 by Lucia Lenters

    Es ist Bergfest. Wir sind schon 6 Monate in Auroville. Heute ist ein Mittwoch – an einem Mittwoch bin ich auch angekommen. Obwohl mir damals die Wochentage ziemlich egal waren. Jetzt ist das ein bisschen anders. Inzwischen habe ich mir hier einen Alltag gebaut und eine Routine geschaffen. Ich weiß, an welchen Tagen es welche regelmäßigen Angebote gibt. Ich weiß, an welchem Tag es welches Essen in der Solar Kitchen gibt. Ich weiß, an welchen Tagen meine Lieblingscafes geschlossen haben und wann die Bäckerei glutenfreies Brot anbietet (obwohl ich das noch nie gekauft habe). 

    Mit meinem Alltagsleben, was sich hier so etabliert hat, geht es mir gemischt – ein bunter Blumenstrauß an Gefühlen. Es gibt Tage, da freue ich mich einfach hier zu sein und nichts kann diese innere Freude trüben. Dann gibt es aber auch Tage, an denen mir alles zu viel wird und ich ausbrechen will in die Freiheit – an denen es mich nervt, an einen Vertrag gebunden zu sein (auch wenn ich ihn natürlich selbst unterschrieben habe).

    Meine größte Herausforderung in den vergangenen Monaten war, vor allem in sozialen Kontexten, meine Grenzen zu setzen und mit ungewollter Aufmerksamkeit umzugehen. Nachdem ich mir Zeit genommen habe verschiedene Situationen zu reflektieren und mir Handlungsmöglichkeiten bewusst zu machen, hat sich mein Umgang damit geändert und ich bemerke, dass das Thema gerade nicht mehr so präsent ist. Vermutlich weil ich selbst mehr Klarheit im Kontakt mit Menschen habe und diese daher auch ausstrahle. Yay, Challenge accepted & accomplished. – Grade heute hatte ich dann doch mal wieder eine solche lustige Situation, in der ich nach dreimaligem klaren „Nein“, welche konsequent wegignoriert wurden (und man versuchte, mich ja doch noch zu überreden, „come on“ „are you scared of me?“ „i dont bite“ „yes sure sure, but come on, just a tea“ Blablablablabla…) einfach gegangen bin. Früher wäre ich wahrscheinlich noch mindestens 10 Minuten länger stehen geblieben, hätte mich doch zu nem Kaffee breit schlagen lassen oder meine Nummer rausgerückt (um dann nicht zu antworten aber mich dennoch schuldig zu fühlen weil ich ja auch nicht „ghosten“ will – bescheuert oder?). In der Beziehung kann ich hier in multiplen Situationen gut üben, meine People-Pleasing Tendenzen gegenüber Fremden ein bisschen abzulegen. Ich merke leider auch dass ich dadurch in meinen sozialen Beziehungen auch nicht grade kooperativer werde zur Zeit… ööhm…Naja – Alles nur ne Phase, das pendelt sich bestimmt wieder ein 😉

    Eine weitere Herausforderung ist für mich, hier in Auroville eine Balance zu finden aus Arbeit – Freizeit – Alltag – Neues. Ich habe das Gefühl, die Zeit, die ich in der Arbeit verbringe ist recht viel, dafür dass ich gerne noch Workshops mitmachen möchte, soziale Beziehungen aufbauen und pflegen möchte und nach der Arbeit aber oft auch erstmal Pause für mich brauche und um einfache Alltagsaufgaben (wie essen, einkaufen, wäsche, putzen) zu machen. Dabei entsteht dann manchmal so eine Art „Freizeitstress“, da ich möglichst viel mitnehmen will von den Workshops aber eigentlich gar nicht die Zeit und Kapazitäten dazu habe. In diesem Trubel vergesse ich dann schon mal abzuschalten, tief durchzuatmen und einfach zu relaxen. 

    Eine sehr aktuelle Herausforderung für mich ist, meine innere Ruhe zu bewahren und ganz Shaanti zu bleiben, wenn es um mein Motorrad und die Zuverlässigkeit (oder besser gesagt den Mangel an Zuverlässigkeit) von Mechanikern geht. Hier läuft die Welt halt ein bisschen anders – nicht alles was man sagt, macht man auch. Und “Nalaikkee, Nalaikkee” (Tamil für Tomorrow, Tomorrow) bedeutet nicht gleich Tomorrow, Tomorrow, sondern ehr (wenn du Glück hast): übermorgen – oder realistischer: nächste Woche (aber auch nur wenn du jeden Tag anrufst und nachfragst, sonst: übernächste vielleicht?). Ach wie schön, die pünktlich, ordentlich, zuverlässig geprägte Deutsche trifft auf eine andere Kultur! 

    Trotz oder vielleicht auch durch diese kleinen kulturellen Anpassungshürden merke ich immer wieder, dass ich sehr viel offener geworden bin und ich im Laufe der letzten Monate innere Vorurteile und Rassismen (auch wenn ich nicht stolz drauf bin) in mir entdeckt habe und beobachte, wie diese sich mit der Zeit langsam auflösen – das finde ich super schön. Ich merke, dass ich viel mehr ein Gespür für die Menschen entwickele, unabhängig von äußerlichen Merkmalen.

    In meinem Projekt, in das ich Anfang November gewechselt bin, fühle ich mich nach wie vor sehr wohl, das Team lebt eine sehr familiäre und trotzdem produktive ausgerichtete Atmosphäre. Eine Herausforderung im Projekt ist für mich aber dennoch, meinen Platz zu finden und sinnvoll beizutragen. Obwohl meine Arbeitskollegen sagen, dass ich super wichtige sinnvolle Aufgaben übernehme, kommt mir das selbst manchmal gar nicht so vor. Ich bin gespannt, wie sich die Arbeit im Projekt weiterentwickelt. Unter Anderem findet im März in Auroville eine Aktionswoche zum Thema Wasser statt, für die ich und meine Kolleg*innen Dinegar und Mukta etwas vorbereiten werden.

    Davor geht es jetzt endlich mal raus aus Auroville für mich. Bisher habe ich Auroville noch kein einziges mal länger als für ein Wochenende verlassen, – und selbst übers Wochenende auch erst ein mal zum hinduistischen Feiertag Mahashivarathri. Jetzt haben Luise und ich vor, für 9 Tage nach Hampi und dann nach Goa zu fahren – ein bisschen mehr von diesem großen Land erleben. Denn sind wir mal ehrlich: Auroville ist nicht gleich Indien. Auch wenn es immernoch in Indien ist. Aber eben ehr wie eine Auroville-Bubble in Indien. 

    Und: es wird jeden Tag heißer, der Respekt vor den Temperaturen des Sommers wächst! 


  4. Schwupps, die ersten 4 Monate rum.

    Januar 11, 2023 by Lucia Lenters

    Liebe Lesende,

    i proudly present, mein erster Quartalsbericht (von Anfang Dezember) in Blogbeitragsform 😉

    Part 1: Sadhana Forest
    Seit über drei Monaten sind wir bereits in Auroville, Indien. Die ersten zwei Monate habe ich im Projekt Sadhana Forest gearbeitet, welches eine vegan lebende Gemeinschaft bestehend aus vielen lang- und kurzzeit Freiwilligen ist, die sich hauptsächlich die Wiederaufforstung des „tropical evergreen forest“ zur Aufgabe gemacht hat. Neben der Wiederaufforstung gibt es auch weitere Projekte in Sadhana Forest, wie etwa die geretteten Kühe (Goshala) oder den wöchentlich stattfindenden „Eco Film Club“ am Freitag Abend.
    Der Tag beginnt in Sadhana Forest um 5.30 mit dem morgendlichen Weckdienst, den 1-2 Freiwillige übernehmen und dabei kreativ ihre musikalischen Fähigkeiten zum Ausdruck bringen können. Um 6.00 kommen alle im Morgenkreis zusammen um für 5-10 Minuten Dehnübungen zu machen, welche ebenfalls von immer wechselnden Freiwilligen angeleitet werden. Anschließend werden die Aufgaben für den ersten „Seva“ verteilt. Seva ist ein Sanskrit Wort und beschreibt den selbstlosen Dienst in der Gemeinschaft als spirituelle Praxis. Die Aufgaben im ersten Seva sind entweder die Zubereitung des Frühstücks für alle, die Küchenhygiene, Waldarbeit (pflanzen, graben, mulchen) oder das Kümmern um die Kühe. Um 8.30 endet der erste Seva und es gibt Frühstück für alle in der großen Gemeinschaftshütte. Nach dem Frühstück werden die Aufgaben für den zweiten Seva von 9.45 bis 12.15 verteilt, diese können die Zubereitung des Mittagessens, Putzen, Aufräumen, Termitenbehandlung oder die
    Toilettenhygiene umfassen. Nach dem zweiten Seva gibt es das gemeinschaftliche Mittagessen um 12.45. Nach dem zweiten Seva ist es allen freigestellt, wie sie ihren weiteren Tag verbringen. Es gibt zusätzlich eine Tafel, auf der zusätzliche Gemeinschaftsdienste verteilt werden, von denen jeder Freiwilliger wöchentlich 3 zugeteilt bekommt. Diese Dienste umfassen zum Beispiel das Kochen für das Abendessen, das Kümmern um die Kühe am Abend, die Zubereitung der Mahlzeiten am Wochenende oder das Spülen nach dem Essen.
    Neben dieser alltäglichen Struktur gibt es auch eine wöchentliche Struktur, welche sich in Sadhana Forest etabliert hat. Jeden Montag Abend gibt es den „Core Value Talk“, in dem sich alle Interessierten über einen der Kernwerte von Sadhana Forest unterhalten. Diese wichtigen Werte sind u.a. Veganismus, Mitgefühl (Compassion), Freies Lernen (Unschooling), kein Wettbewerb (non-competition), Schenkökonomie (gift-economy). Dienstags gibt es den „Sharing-Circle“, ein Raum in dem alle aus ihrem persönlichen Leben oder was sie grade beschäftigt erzählen können.
    Am Mittwoch gibt es die sogenannte „Non-Talent-Show“ in der gemeinsam nicht- kompetitive Spiele gespielt werden und Menschen etwas vorführen können. Am Donnerstag ist die „Night out“, da es kein Abendessen gibt gehen an diesem Tag die meisten Abends zusammen in Auroville essen.
    Freitags findet der Eco Film Club statt, zu dem immer besonders viele Besucher*innen in den Sadhana Forest kommen. Es gibt eine längere Tour über das Gelände des Projekts, anschließend wird ein Film gezeigt der häufig etwas mit Nachhaltigkeit, Veganismus, Artenvielfalt, Umweltschutz zu tun hat. Zum Abschluss wird Abendessen für alle serviert.
    Samstags wird meistens ein besonderes Abendessen zubereitet und Sonntag Abends gibt es ein wöchentliches Community Meeting, welches für alle verpflichtend ist. Bei diesem Meeting werden zusätzliche Aufgaben verteilt, die sonst nicht abgedeckt sind über die Tafel oder die Sevas. Das sind Aufgaben wie Essen servieren, Hunde und Katzen versorgen, Weckruf, Dehnübungen anleiten und mehr.

    Sadhana Forest

    Im folgenden erzähle ich ein bisschen, wie meine Erfahrungen in Sadhana Forest waren. Zu Beginn war ich ziemlich fasziniert von der Struktur und Haltung in Sadhana Forest und viele der Werte sind mir persönlich sehr wichtig. Die „einfache“ Art zu leben hat mir von Anfang an relativ gut gefallen, so finde ich es zum Beispiel total cool dass es nur Komposttoiletten in Sadhana Forest gibt und dass das Essen auf dem Feuer gekocht wird. Die Unterbringung in Sadhana ist eine kleine private Hütte für die Langzeitfreiwilligen, die Kurzzeitfreiwilligen sind in einer großen Schlafsaal-Hütte untergebracht. An das Leben in der Hütte musste ich mich erstmal gewöhnen, da die Hütten ziemlich klein sind und wenig Bewegungsraum und wenig Privatsphäre
    bieten. Die erste Hütte in der ich gelebt habe hatte zudem große schwarze Holzbohrer Bienen, welche unglaublich laut sind. Nach einiger Zeit habe ich dann meine Hütte glücklicherweise noch einmal wechseln können. Was ich wunderbar fand war, dass mich immer eine der Sadhana Katzen besucht hat in meiner Hütte.
    Zu Beginn habe ich die meisten der Aufgaben in Sadhana nacheinander ausprobiert um einen Überblick über die verschiedenen Aspekte zu bekommen. Nach einiger Zeit habe ich dann vor allem die Arbeit im Wald und das Kochen den anderen Aufgaben vorgezogen. Ich merkte bereits nach einigen Wochen, dass mir die konkrete Arbeit in Sadhana nicht wirklich Freude bereitet hat, da alles sehr repetitiv war und wenig Möglichkeit für kreative Ideen oder eigene Projekte gegeben wurde.

    Die Strukturen in Sadhana habe ich als sehr gefestigt wahrgenommen mit wenig Offenheit zu neuen Herangehensweisen oder Perspektiven. Bereits nach einigen Wochen wurde mir klar, dass ich nicht länger in Sadhana Forest bleiben will, da ich mich auch auf persönlicher Ebene nicht frei gefühlt habe. Durch die Gemeinschaftsstruktur, in der ich eine Hierarchie zwischen Freiwilligen und Projektmanagern deutlich gespürt habe, hatte
    ich das Gefühl auch in meiner Freizeit keinen Rückzugsort zu haben.
    Da es Malina ähnlich ging haben wir uns relativ bald an unsere Koordinator*innen und Mentor*innen gewandt. Zu Anfang November konnten wir beide unser Projekt wechseln und ich habe in meinem neuen Projekt Wasteless angefangen.

    Transforming Waste Together

    Part 2: WasteLess
    Wasteless ist eine non-profit Organisation die hauptsächlich Bildungsmaterialien und Spiele für Kinder zwischen 6 und 15 Jahren zum Thema Müll, Müllvermeidung und nachhaltigen Konsum entwickelt und aktuell das neue Bildungsprogramm „Sea Change“ veröffentlicht hat, in welchem es um Plastik und Mikroplastik im Ozean geht und die Auswirkungen, die dies auf die Umwelt und auf uns hat.
    Ich habe mich von Anfang an sehr wohl gefühlt und wurde herzlich aufgenommen von Ribhu und Chandra, die das Projekt ins Leben gerufen haben. Insgesamt besteht das Team zur Zeit aus 6 festen Mitarbeiter*innen. Einige Tage bevor ich zum Projekt dazugestoßen bin wurde „Sea Change“ veröffentlicht, ein Programm welches das Team von Wasteless speziell für Government Schulen in Tamil Nadu entwickelt hat. An meinem zweiten und dritten Arbeitstag hatte ich die Gelegenheit bei einem Teacher Training dabei zu sein, in dem die Lehrerinnen mit den Unterrichtsmaterialien vertraut
    gemacht wurden, um das Programm bestmöglich in ihren Schulen durchführen zu können. Die ersten zwei Wochen gab es viel zu tun und ich habe dabei geholfen, Pakete zu packen und an Schulen zu fahren um mit Schüler*innen eine Umfrage zu machen, die den Lernerfolg durch das Programm (vorher /nachher) erfassen sollen. Anschließend wurde es etwas ruhiger und ich habe mit dem Einführungsprogramm angefangen, welches Wasteless für neue Mitarbeiterinnen und Freiwillige entwickelt hat, um einen Überblick über das Projekt und das Anliegen des Projektes zu bekommen. Im Rahmen dessen habe ich mir die Bildungsprogramme und Projekte angeschaut, die Wasteless in der Vergangenheit entwickelte sowie verschiedene Dokumentationen zum Thema Müll und Plastik und die Konsequenzen unseren Umgangs mit Müll für die Umwelt und das Leben auf der Erde. Durch diese Einführung habe ich einen guten Überblick bekommen und bereits viel gelernt und merke schon jetzt, wie sich mein Verhältnis zu dem Müll, den ich produziere, verändert. Wie ich mich im Supermarkt noch einmal mehr frage: Brauche ich das (in Plastik verpackte) jetzt wirklich? Wie trenne ich meinen Müll eigentlich wirklich gut? Wo benutze ich Plastik in meinem Leben, welches ich leicht durch nachhaltigere Alternativen ersetzen könnte?
    Ich bin sehr froh, jetzt Teil des WasteLess Teams zu sein und bereits gespannt auf die nächste Zeit. In den kommenden Monaten wird sich die Arbeit weiterhin hauptsächlich um „Sea Change“ drehen. Im Zeitraum Januar/Februar werden wir verschiedene Schulen zur „Sea Change Celebration“ (ein Bestandteil des Programms) besuchen und die Umsetzung des Programms in den Schulen betrachten. Außerdem werden wir weitere Social Impact Befragungen an Schulen machen um den Lerneffekt zu evaluieren. Ich freue mich darauf nach meinem Einführungsprogramm jetzt langsam mehr in die konkrete Arbeit von Wasteless einzutauchen und daran mitzuarbeiten.

    Ein Bild was gestern (10.01.23) entstanden ist. Wir haben einen Fundraising Film für Wasteless gedreht – in dieser Szene stelle Ich mit den Schüler*innen die Social Impact Befragungen nach, bei denen ich im November mitgekommen bin.