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  1. Halbzeit: ein Reisebericht

    Februar 15, 2024 by Milena Mahler

    Fast Halbzeit, 6 Monate sind fast vorbei weitere 6 liegen vor mir, bevor es zurück nach
    Deutschland geht. Was diese noch mit sich bringen werden frage ich mich manchmal, doch
    sich den Kopf darüber zu zerbrechen bringt auch nichts. Was kommt, wird kommen und mein
    Einfluss darauf ist begrenzt.


    Um die letzten 3 Monate zu rekapitulieren habe ich mir die Fotos auf meinem Handy aus
    dieser Zeit angeguckt. Hierbei sind die allermeisten aus der Zeit als meine Schwester, Luca,
    mich besucht hat und ich ihr zum einen mein Leben hier in Auroville gezeigt habe und wir
    zum anderen zusammen verreist sind.

    Das Wiedersehen von Luca und mir

    Luca ist Mitte Dezember gekommen und fast für einen Monat geblieben. Als Vorbereitung
    auf unsere Reise und Zeit zusammen habe ich mit vielen verschiedenen Menschen
    gesprochen und mir Tipps für Reisezeile in Südindien geholt, da wir wussten das wir hier im
    Süden bleiben wollen. Mithilfe von diesen ganzen Tipps habe ich daraufhin eine grobe Route
    geplant. Folgend habe ich mir überlegt was wir hier zusammen in Auroville machen können
    und was Orte und Plätze sind die ich ihr gerne zeigen würde. Dabei ist mir auch aufgefallen
    wie viel es gibt, was ich selbst noch nicht gesehen habe. Natürlich wurden auch Packlisten
    geschrieben und eine Wunschliste was ich gerne aus Deutschland hätte wie Lebkuchen,
    Gummibärchen, meinen Wecker, Kamera und ein paar Klamotten. Dann war sie endlich da
    und ich habe mich wie verrückt gefreut, das einzige blöde: der Koffer war auf dem Weg in
    Abu Dhabi steckengeblieben. Daraufhin hieß es jeden Tag 15-mal bei den verschiedenen
    Fluggesellschaften und Flughäfen anrufen. Er kam dann auch ca. 2 Wochen später, einen Tag
    nachdem wir zu unserer Reise aufgebrochen waren, endlich an. Deswegen hatten wir nur eine
    Kamera dabei anstatt der geplanten vier, die Fotos hat sie dann in Deutschland entwickeln
    lassen. Für unsere Reise hatten wir im Vorhinein nur einen Bus gebucht und entschieden den
    Rest alles spontan zu planen, damit wir freier entscheiden können wie lange wir wo bleiben
    wollen. Die Orte welche ich für uns rausgesucht habe waren Kodaikanal, Thekkady, Kochi,
    Alappuzha, Varkala, Kanyakumari, Rameswaram, Madurai und dann von dort zurück nach
    Auroville.

    Wir wollten mit diesen Orten eine gute Mischung aus Natur, Stadt, Kultur, Strand
    und Entspannung haben. Und wir beide waren am Ende der Reise der Meinung, dass uns eine
    Mischung aus diesen Orten genau das geboten hat. Schlussendlich haben wir Alappuzha und
    Rameswaram ausgelassen um mehr Zeit an anderen Orten zu verbringen und nicht so viel
    Zug und Bus zu fahren. Wir haben außer dem ersten gebuchten Bus immer den öffentlichen
    Busverkehr genutzt, wobei wir immer Hilfe von anderen bekommen haben, welcher Bus der
    richtige für uns ist. Da diese nicht in Englisch anzeigen wohin sie fahren. Die Busse halten
    wirklich überall und so dauert die Fahrt immer 2-3 Stunden länger als Google Maps für die Strecken
    berechnet, sind nicht so ganz für unsere Beinlängen ausgelegt und halten auch nicht damit
    man mal auf Toilette gehen kann. Was bei 7h Bus fahren zu großer Freude über eine Toilette
    nach dem Aussteigen führt, aber man reist sehr viel billiger, sieht mehr von der Natur und
    Dörfern und kommt sehr viel schneller in Kontakt mit anderen. Zudem sind wir auch Zug
    gefahren und haben hier immer die Tickets am gleichen Tag bei dem Schalter in der Station
    gekauft. Anfangs hatten wir ziemlich Schwierigkeiten das Ticket zu lesen, da keine
    Zugnummer oder Plattform drauf steht. Aber mit nachfragen und am Ende auch einer App
    die die Züge anzeigt sind wir immer außer einmal in den richtigen Zug gestiegen. Ich würde
    es also alles genauso wiederholen wie wir es gemacht haben. Übernachtet haben wir meistens
    in Homestays wo wir auch immer Frühstück bekommen haben, mit den sehr willkommen
    heißenden Familien reden konnten und uns Tipps und Empfehlungen für den jeweiligen Ort
    geholt haben.


    Es hat mich sehr gefreut mal mehr von Tamil Nadu und auch Kerala zu sehen als nur
    Auroville, die Umgebung darum und die 3 Orte zu denen ich bei meinen Worktrips fahre.
    Dazu kam die Freude alles mit meiner Schwester zusammen zu entdecken und erkunden. Die
    Reise war etwas sehr neues und bereicherndes für unsere Bindung, zum einen weil ich als
    kleine Schwester ihr mal hier mein Laben zeigen konnte, was bisher eher andersherum war.
    Zum anderen weil es unsere erste wirkliche Reise zusammen war und wir alle auch mal
    schwierigen Momente zusammen gemeistert haben ohne uns auch nur einmal zu streiten.


    Die Rückkerhr nach Auroville war dann geprägt von verschiedenen Gefühlen, zum einen
    hätte ich am liebsten weiterreisen wollen, ich wusste das meine Schwester in ein paar Tagen
    zurück nach Deutschland fliegen würde und gleichzeitig hat es sich angefühlt wie nach Hause
    kommen ins Grüne, Stille und bekannte Auroville. Ich habe es mehr zu wertschätzen gewusst
    und die Besonderheit nochmal aus ganz neuen Augen sehen können, nachdem ich davor ein
    so ganz anderes Indien als Auroville erlebt habe. Der Abschied von Luca viel mir sehr
    schwer, besonders weil ich nach den zurückkommen krank wurde und mich so nur in einem
    halbbewussten Zustand verabschieden konnte. Zudem war das wiedersehen so fern.
    Doch der Alltag, Arbeit, Hobbies und Freunde wiedersehen hat mich bald auf andere
    Gedanken gebracht. Sodass die Trauer über das entfernte wiedersehen einer Dankbarkeit über
    unsere Reise und Zeit zusammen gewichen ist. Zudem gab es mehr bei der Arbeit zu tun was
    mich gefreut hat, da es vorher nicht ganz so viel war. Wir haben in einem unserer Projekte in
    den Kalrayan Hills Hämoglobintests an einer Schule durchgeführt und waren viel mit dem
    Auswerten dieser Daten beschäftigt. Zudem die Allgemeine Frage wie es in einigen Projekten
    weitergehen soll, welcher Weg der richtige zum, einschlagen ist und was dafür die nächsten
    Schritte sind.


    In meiner Freizeit hier probiere ich verschiedenen Aktivitäten aus, wie klettern, Kickboxen,
    Fotografieren, Zumba und Yoga wobei mir aufgefallen ist das es mir schwerfällt bei einer
    Sache kontinuierlich dabei zu bleiben und ich dazu tendiere etwas in einer Woche
    anzufangen und dann in der nächsten Woche nicht mehr hinzugehen. Daran würde ich gerne
    Arbeiten und Ein oder Zwei Sachen finden die ich jede Woche kontinuierlich mache und die
    mir Spaß bringen.

    Zudem fahre ich jetzt auch endlich Motorrad, ich habe mir eines Anfang Dezember gekauft in Auroville für ca. 110 Euro, was ich dann nochmal für 75 Euro reparieren lassen habe. Außerdem habe ich mir auch einen Helm gekauft, nach anfänglichem Widerstand dagegen und fühle mich jetzt sehr viel sicherer.


  2. Die ersten Wochen und Monate in Auroville

    November 23, 2023 by Milena Mahler

    Als ich mit Anton zusammen am 28.8. aus dem Flugzeug in Chennai gestiegen bin, war ich übermüdet, super nervös und aufgeregt zugleich. Jetzt geht es endlich los, nach dem langen Warten. Anton und ich
    mussten 4 Tage später als die anderen fliegen, weil typisch Berlin das Visa nicht rechtzeitig
    gekommen ist und nur für 6 Monate ausgestellt wurde. Auf dem Flug hierher habe ich zwar
    versucht zu schlafen, aber es nicht wirklich hinbekommen, weil einfach zu viele Gedanken,
    Ängste, Vorfreunden, Hoffnungen und Trauer über das Zurücklassen von allem was ich kenne in
    meinem Kopf waren.
    Am Flughafen mussten wir zuallererst bei der Einreise erklären, warum unser Visum denn
    ausläuft vor dem Rückflugdatum und das wir unser Visum hier verlängern wollen und wenn das
    nicht klappt wir unseren Rückflug umbuchen. Ich war äußerst überrascht als wir dann endlich
    den Stempel bekommen haben und nun offiziell in Indien waren. Wir haben unsere Koffer
    geholt, sind aus dem Flughafen gelaufen und ich habe erstmal alle Eindrücke auf mich
    niederprasseln gefühlt. Die Hitze hatte ich mir schlimmer vorgestellt, aber die fremden
    Geräusche, Sprache und Gerüche überwältigen einen dann doch immer. Der Taxifahrer der auf
    uns warten sollte war nirgendwo zu sehen, also mussten wir von einem fremden Handy Gabi in Auroville anrufen, damit diese mit ihm Kontakt aufnehmen kann.
    Während Anton noch mit dem Mann mit dem Handy geredet hat, da dieser Geld von uns wollte
    aber wir noch keine Rupees hatten, ist unser Taxifahrer zu mir gelaufen gekommen. Hat mir sein
    Schild mit unseren Namen gezeigt, meinen Koffer genommen und ist losgejoggt. Ich habe nach
    Anton gerufen und wir sind direkt hinterher, halb lachend, halb überfordert, mit der Frage im
    Kopf was wir hier eigentlich machen. Als wir beim Taxi angekommen sind hatte ich erstmal die
    Realisation, dass das Lenkrad auf der „falschen“ Seite ist aber da ging die Fahrt auch schon los.
    Wir beide konnten nur staunend aus dem Fester starren und den Verkehr beobachten, wo wirklich
    alles was kann auf der Straße unterwegs ist Menschen, Hunde, Autos, Kühe, Fahrräder,
    Motorräder, Mopeds, Rikschas, Kleintransporter und das für uns in einem nicht
    nachvollziehbaren System, wo einfach immer gehupt und überholt wird. Auf der richtigen
    Straßenseite fahren wird hier auch nicht so ernst genommen. Die Kühe waren meine zweite
    Realisation, denn jeder weiß die Kühe in Indien laufen auf der Straße und die anderen weichen
    aus aber, dass wirklich zu sehen ist nochmal etwas ganz anderes. Nach einiger Zeit des aus dem
    Fester Guckens sind wir dann beide auf den Rücksitzen erschöpft eingeschlafen, denn die Fahrt
    nach Auroville hat nochmal circa 3 ½ Stunden. Beim Ankommen im Guesthouse, wo wir die erste
    Woche alle zusammenwohnten, haben uns die anderen schon erwartet und uns in ihre offenen
    Arme geschlossen. Danach hieß es duschen, umziehen und los geht’s. Denn die erste Woche hier
    ist eine Orientierungswoche, bei der wir mit unseren Koordinatoren zusammen uns alle Einsatzstellen und wichtigem Orte angucken. Auf dem Programm des Tages stand meine Einsatzstelle, EcoPro. Ich bin mit Gabi Motorrad dahin gefahren, was meine Lebensgeister wiedererweckt hat. Diese sind dann allerdings bei dem Vortrag von meinem Chef über unsere Arbeit hier etwas weniger geworden, da ich schwer mit meiner Müdigkeit zu kämpfen hatte, was natürlich nicht den besten ersten Eindruck erweckt. Nach dem Vortrag hat Gabi mich gefragt ob sie mich nach Hause fahren soll für einen Mittagsschlaf, was ich liebend
    gerne angenommen habe. In dem Moment habe ich gewusst das wir hier in guten Händen
    aufgehoben sind.. Dann hieß es für mich 5h Tiefschlaf, was ich sehr benötigt hatte und danach den Abend mit den anderen im Guest House verbringen.

    Die nächsten Tage waren gefüllt von Fahrradfahren über rote Erde, gesäumt von grünen Bäumen
    unter blauem Himmel. Die Verwunderung wie ich mich hier je orientieren soll, weil die Wege
    alle gleich aussehen und die Realisation das Auroville sehr viel verstreuter ist als ich erwartet hätte.
    In der ersten Woche bin ich abends jeden Tag vollkommen erschöpft in mein Bett gefallen, gefüllt von den Eindrücken die ich am Tag gesammelt habe und glücklich das wir einen sanften Einstieg in unsere Zeit in Indien bekommen.
    Nach einigen Tagen hieß es dann Umzug in eure eigenen Wohnungen. Ich wohne zusammen mit
    Rosa in einer Wohnung. Neben uns wohnen Anton und David mit denen wir uns einen Balkon und eine Dachterrasse teilen. Wir essen abends meistens alle zusammen und reden noch lange bevor wir uns in unsere eigenen Gemächer zurückziehen.
    Es ist sehr schön sich austauschen zu können wie es den anderen gerade geht, weil wir alle in der
    gleichen Situation stecken, aber mit dieser ganz unterschiedlich umgehen.

    Eine der einschlägigsten Entscheidungen in meiner Zeit hier war meine Haare abzurasieren. Ich
    wollte eigentlich zusammen mit Anton zu einem Tempel fahren und es dort opfern, aber an dem
    geplanten Wochenende stand ein Feiertag an weshalb alle Taxis ausgebucht waren. Wir sind
    spontan an dem Tag zu einer Bekannten gefahren, wo sich zufälligerweise auch ein anderes
    Mädchen die Haare abrasiert hat. Also habe ich mich dazu entschieden die Chance zu
    ergreifen, ein Frisör aus Pondy war da und hat uns die Haare geschnitten. Das überraschende war das ich gar kein Geld zahlen musste, sondern Geld für meine Haare bekommen habe weil der Frisör die spenden möchte. Wir saßen draußen, ein Freund hat Gitarre gespielt, ich habe den Wind in den Bäumen rauschen gehört die Augen geschlossen und den Moment zutiefst genossen. Jetzt habe ich also eine Glatze und langsam beginnen meine Haare wieder nachzuwachsen. Die Anderen sagen mein Kopf fühlt sich wie ein
    Tennisball an und ich habe die Entscheidung noch nicht einmal bereut. Nur vor einem
    Sonnenbrand auf dem Kopf habe ich Sorgen, dazu ist es bis jetzt aber glücklicherweise noch
    nicht gekommen.