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  1. 9 Monate in einer anderen Welt

    Juni 28, 2024 by Viviana Tsotsos

    Nach neun Monaten in Indien wird mir klar, wie schnell die Zeit vergeht. So viele wunderschöne Momente mit wundervollen Menschen, Begegnungen und viel Platz zum Wachsen. Im Grunde bin ich einfach sehr dankbar und glücklich, hier zu sein. Ich weiß jetzt schon, dass ich einiges vermissen werde, vor allem die Menschen, Freunde, die ich sehr in mein Herz geschlossen habe. Aber generell von den wundervollen Farben Indiens bis zum Essen und möglicherweise im Endeffekt auch die Toiletten, was ich vorher nie gedacht hätte.

    Ich denke tatsächlich viel darüber nach, wie es sein wird, zurückzugehen, wie anders, jetzt wo ich mich an diese komplett andere Welt gewöhnt und sie lieben gelernt habe. Ich versuche aber einfach im Moment zu bleiben und die Zeit, die wir dann doch wohl noch haben, z

    u genießen und so viele Erfahrungen, Erinnerungen und Wachstum mit nach Hause zu nehmen, wie mir Auroville noch bieten kann. Es geht mir hier wirklich sehr gut, abgesehen von ein wenig krank sein und manchmal sehr anstrengendem Wetter.

    Rückblickend auf die letzten drei Monate würde ich sagen, dass ehrlich gesagt Disziplin eine meiner größten Herausforderungen dargestellt hat. Wirklich bei einer Sache zu bleiben und diese durchzuziehen, ist ein Punkt, an dem ich noch lernen darf. Auch in meiner Unit habe ich in letzter Zeit öfter mal gefehlt, auch wenn ich nicht immer wirklich zuhause hätte bleiben müssen. Ich habe mich einfach oft wirklich überwältigt gefühlt, von der Hitze, all den Eindrücken und auch dem Gedanken zurückzugehen, der mich manchmal wirklich gelähmt hat. Ich war tatsächlich krank, versteh mich nicht falsch, nur jetzt reflektierend und rückblickend hätte ich an einigen Enden öfter einfach mal durchziehen sollen und mich nicht so von meinen Emotionen überwältigen lassen. Ehrlich gesagt bin ich auch immer noch dabei, diese Herausforderung zu meistern. Was mir sehr hilft, sind To-Do-Listen, aber auch meine Freunde, die mich sehr unterstützen. Im Endeffekt fällt dann doch alles so zusammen, wie es kommen soll. Das hilft mir auch, einen klaren Kopf zu bewahren und meine Prioritäten zu überdenken.

    Fast ein Jahr in Indien. Ich glaube wirklich, ich habe mich über dieses Jahr sehr verändert. Ich bin sensibler geworden für andere Kulturen, habe mich mit Rassismus beschäftigt und wo er dann doch ein wenig in jedem von uns schlummert. Ich habe so viele Dinge über mich selbst und die Welt gelernt, dass ich mich schon gar nicht mehr richtig erinnern kann, wie ich war, bevor ich hier hingekommen bin. Ziemlich verrückter Gedanke, dass ich mich nicht mal mehr genau erinnern kann, wie teuer meine Lieblingspizza zuhause war.

    Als ich noch in Deutschland war, haben mir viele Leute von den Erfahrungen berichtet, die sie gemacht haben aber auch, dass Indien einem den Spiegel vorhält. Was ich hier gelernt habe, ist: Wir haben zuhause vielleicht ein Bild von der Welt, wissen über Google, wie die Welt aussieht, zum Beispiel Indien, aber solange man nicht in die Welt zieht, solange man hier nicht hinkommt, kann man nicht verstehen, wie groß die Welt eigentlich ist, wie reich an jedem Extrem und jeder hat dann wieder eine ganz persönliche eigene Geschichte zu erzählen. Aber ja, ich finde auch, so ein wundervoller Ort steckt voller schneller Veränderungen und auch Konfrontationen mit Punkten von einem, die man vorher vielleicht nicht sehen konnte. Also ja, es hält dir einen Spiegel vor, zumindest für mich. Mir ist es jetzt wirklich nur noch wichtiger geworden, mit offenen Armen, Empathie, aber natürlich auch einem Hauch von Vorsicht in die Welt zu ziehen.

    Ich bin immer noch sehr zufrieden mit meinem Projekt – Thamarai. Sehr dankbar für all die Möglichkeiten und wundervollen Menschen, die mich immer unterstützen, wo sie nur können. Manchmal fällt es mir jedoch schwer, mich mit hauptsächlich tamilischen Kollegen komplett zu öffnen, da die kulturen Unterschiede, das Leben und der Lifestyle so verschieden sind. Ich glaube, das hält mich dann doch auch etwas zurück, um tiefere Verbindungen aufzubauen.

    Ich freue mich sehr auf alles, was noch kommt hier, in Deutschland oder generell – mein Leben.

    Viviana Tsotsos

    25.06.2024


  2. Halbzeit

    Juni 28, 2024 by Viviana Tsotsos

    6 Monate in Auroville, Indien.

    Jetzt ist es schon fast ein halbes Jahr her, dass wir nach Auroville gekommen sind.
    Es fühlt sich wie eine Ewigkeit an und doch ging die Zeit so schnell rum. Es ist
    wirklich verrückt, was für ein komplett anderes Leben man sich in so einer
    Zeitspanne aufbauen kann. Hier ist irgendwie gefühlt alles anders, von der Position
    des Mondes und den Sternen, über die Kultur (natürlich), bis zum Geld. Eine andere
    Welt. Dennoch sind wir nicht nur in Indien, sondern auch in Auroville, was einem nochmal die westliche Sicherheit gibt und das Leben auf eine andere Art und Weise dann doch noch einfacher als normal ansehen lässt. Ich genieße die Zeit hier sehr. Auch noch nach sechs Monaten bleibt es spannend, man lernt neue Dinge oder Menschen kennen und vor allem ganz viel über sich selbst, zumindest ist das für mich der Fall. Natürlich ist nicht immer alles eine bunte Blumenwiese, manche Sachen sind nicht so einfach und vor allem auch nicht alle Gefühle, die ich die letzten sechs Monate hatte. Aber dieser Ort hier, Auroville, mit all seinen Facetten ist dennoch ein wundervoller Ort zu wachsen und zu lernen und, auch wenn das wahrscheinlich etwas kitschig klingen mag, der beste Ort an dem ich grade sein kann und auch sein möchte! Ich habe hier schon so viele tolle Menschen kennengelernt, die ich fest in mein Herz geschlossen habe und auch einiges lernen dürfen. In Zukunft würde ich sehr gerne noch mehr von der
    wundervollen Natur Indiens sehen und ein wenig mehr reisen, aber der Sommer steht auch vor der Tür, die Hitze bietet sicherlich eine tolle Gelegenheit die Berge besuchen zu gehen. Dadurch dass ich grade noch in MDJ (la maison de jeunes) lebe, einer kleinen Jugendcommunity, aber Anfang März umziehen werde, zur Udavi Schule, glaube ich, dass ich dann mehr Zeit habe, mich auf mich selbst zu konzentrieren.
    Hoffentlich finde ich auch die Zeit, einige Workshops zu besuchen. Auch wenn ich meine Mitbewohner, meine Mdj family, vermissen werde, freue ich mich auch schon darauf, ein wenig mehr Raum für mich zu haben; und auch darauf, mit Leonie zusammenzuwohnen, wir sind gute Freunde, aber unsere Welten momentan eher separat als eine. Das letzte halbe Jahr bin ich durch viele Phasen gegangen, einige
    einfacher als andere, aber die grund Dankbarkeit, hier zu sein, all das erleben zu dürfen, hat mich die ganze Zeit begleitet. Ich hatte eine Zeit, wo ich kaum Energie hatte, wahrscheinlich wegen eines Vitaminmangels. Auch mein epileptischer Anfall hier hat mir ein wenig Angst gemacht, doch freue ich mich jetzt umso mehr, dass

    alles gut ist und ich auch etwas davon mitnehmen konnte und zwar auf meinen
    Körper zu hören. Oder vielleicht generell öfter
    einfach mal zuzuhören. Ich glaube, dass ich mich
    hier schon ziemlich verändert habe, aber ich kann
    ehrlich gesagt nicht genau sagen oder beschreiben
    inwiefern, wahrscheinlich weil das alles ein
    Prozess ist, der immer noch anhält. Ich bin mir
    ziemlich sicher, dass ich hier in Indien schon sehr
    viel mehr zu mir selbst gefunden habe, mich selbst
    nicht mehr so viel von anderen abhängig mache
    und stabiler in meiner Person bin, selbstbewusster.
    Meiner Meinung nach, bin ich etwas ruhiger und
    empfänglicher geworden, wo vorher immer eine
    kleine Stimme in meinem Kopf war, die sich gerne
    mitteilen wollte, kann ich nun ab und zu auch stille
    genießen. Es ist tatsächlich nicht so einfach
    auszumachen, inwiefern ich mich verändert habe, inwiefern ich gewachsen bin, in
    dieser Zeit, die sich wie zwei Wochen und ein Jahr gleichzeitig anfühlt. Ich glaube,
    alles in einem, gehe ich immer mehr Schritte zum Erwachsen sein. Ich arbeite immer
    noch sehr gerne in Thamarai, nur habe ich mich in letzter Zeit öfter mal schlecht
    gefühlt, weil ich so viel krank war oder hier und da Unfälle hatte, wobei ich mich sehr
    gerne mehr in die Arbeit integriert hätte. Aber ich freue mich, Teil von so wichtiger
    Arbeit und einem so herzlichem Team zu sein. Ich habe mittlerweile auch ein
    Motorrad und arbeite daran, den Führerschein zu bekommen, nächste Woche habe
    ich die erste Fahrstunde. Die politische Lage hier ist manchmal ziemlich drückend
    durch zum Beispiel all die Bäume, die gefällt worden sind und das auch so kurz vor
    dem heißen Sommer, aber ich versuche optimistisch zu bleiben und zu sehen, wie
    sehr Auroville aus einer Situation wie dieser wachsen kann. Alles in einem ist
    Auroville eine, für mich, sehr intensive Erfahrung, die jeder einmal erfahren sollte,
    oder zumindest diejenigen, die offen für eine freie Welt und kollektiver Entwicklung
    sind. Es ist und bleibt etwas, das man erleben muss, wenn man es verstehen will und
    ich bin sehr dankbar, dass ich das darf. Ich bin mal gespannt wie es weiter geht. Bis
    in drei Monaten..

    Viviana Tsotsos

    20.02.2024


  3. 3 Monate Auroville, Indien

    Juni 28, 2024 by Viviana Tsotsos

    Jetzt sind es schon fast drei Monate, die wir bereits hier sind. Hier in Auroville, einer kleinen
    Europäischen Bubble im südlichen Tropen Gebiets Indiens. Mittlerweile hat sich auch für
    mich alles ein wenig eingelebt. Dinge die einen in der ersten Woche zum staunen gebracht
    haben, sind jetzt irgendwie normal, wie beispielsweise die Kühe und Ziegen überall und die
    bunten Farben des Lebens hier. Auch wenn einen das alles immer mal wieder realisieren
    lässt, wo wir hier eigentlich gerade sind und ich auch glaube, dass das ganze Jahr nicht
    ganz normal sein wird.
    Auch in Thamarai (Tamil für Lotusblüte), dem Projekt in dem ich meinen Freiwilligendienst
    verbringe, hab ich so langsam meinen Platz gefunden. In der Anfangszeit war alles noch
    ziemlich neu und überwältigend, weswegen ich mich oftmals ein bisschen verloren gefühlt
    habe, nicht genau wusste wo und wie ich helfen kann und mich dementsprechend auch
    nicht so wie ich wollte, einbringen konnte. Thamrai’s Philosophie ist, dass jeder die
    Möglichkeit haben sollte wie eine Blüte sein volles Potenzial auszuschöpfen und sich voll
    und ganz zu entfalten.
    Thamarai besteht aus mehreren Programmen. Zum einen dem After-School-Programm,
    welches am meisten zu meinem Alltag gehört. Nach der Schule kommen die Schüler, die
    meistens Government-Schulen besuchen, zu Thamarai. Nach einer halben Stunde freiem
    Spielen folgen English Classes und nach einer Snackbreak dann die Hausaufgaben. Viele
    der Eltern der Kinder haben selber keine, oder keine gute eigene Schulbildung genießen
    können und sind dementsprechend auch nicht wirklich im Stande, ihren Kindern mit den
    Hausaufgaben zu helfen. Auch laufen die Dinge hier noch ein wenig altmodischer ab, so
    dass es immernoch normal ist dass in der Schule Gewalt angewendet wird, wenn mal
    jemand seine Hausaufgaben nicht hat. Dementsprechend find ich echt toll, was Thamarai
    mit seiner Arbeit bewirkt.
    Zum anderen besteht Thamarai auch aus einem Wellbeing-Programm, welches ein oder
    zwei mal im Monat die verschiedenen Dörfer einlädt um einen Gesundheitscheck
    durchzuführen. Dort werden dann beispielsweise der Blutzucker gemessen, Gewicht und
    Grösse notiert oder der Puls gecheckt, um vorallem bei älteren Dorfbewohnern die
    möglicherweise nicht oft die Möglichkeit haben einen Arzt aufzusuchen, zu checken ob alles
    im grünen Bereich ist. Zusätzlich werden dann auch verschiedene Therapien und Methoden
    angeboten, um dann die Beschwerden mit denen die Leute oftmals kommen entgegen zu
    wirken. Zum Beispiel Yoga, Akupunktur oder Cranial Sacral Therapie. Dabei wird aber
    tatsächlich viel Wert drauf gelegt, dass die Menschen die kommen auch ein bisschen
    Wissen mitnehmen und dieses dann Zuhause auch selber anwenden können.
    Der dritte Aspekt Thamarais ist das Leadership-Programm, in dem die Dörfler lernen sich
    und ihre Gefühle auszudrücken und auch für ihre Gemeinde einzustehen und somit ein
    gesundes Selbstbewusstsein aufzubauen. Dieses Pogramm findet in Form von Workshops
    ein Wochenende im Monat statt.
    Ich bin in meiner Arbeit tatsächlich so ein bisschen Teil von allem, auch wenn ich bisher
    noch nicht bei einem der Leadership Workshops mitgemacht habe, was aber
    höchstwahrscheinlich noch passieren wird. Mein Alltag läuft mittlerweile so ab, dass ich
    jeden Morgen, außer Mittwoch Morgens, von 9:15-12:30Uhr im Office arbeite. Das kann
    ganz verschieden aussehen, manchmal putzen wir hier wenn es nötig ist, aber meistens
    lade ich beispielsweise Bilder in den Drive oder schreibe Reports über Sachen die wir mit
    Thamarai unternommen haben. Ich bin auch neuerdings zuständig für die Instagram Seite
    von Thamarai. Montags, Mittwochs und Freitags arbeite ich dann Abends in der Afterschool,
    meistens von 17-20:00Uhr, manchmal fange ich aber auch schon um 16:30Uhr an. Ich helfe
    dort mit den Hausaufgaben, ab und zu habe ich auch schon English-Classes gegeben, was
    am Anfang nicht so einfach war, weil ich selber erstmal ins Englisch sprechen reinfinden
    musste. Den jüngeren Kindern, die oftmals nur sehr wenig Englisch verstehen, dieses
    beizubringen kann schon eine kleine Herausforderung sein. Dienstags und Donnerstag
    komme ich um 14:00 Uhr nach der Lunchbreak wieder ins Office und bleibe dann bis 16:00
    Uhr. Manchmal verschiebe ich aber auch die Lunchbreak nach hinten und arbeite bis 14:30
    Uhr durch. Samstags bin ich dann in der Regel von ca. 9:15 Uhr bis 12:00 Uhr Teil vom
    Weekend-Programm welches immer mal wieder variiert. In Zukunft wird das dann
    wahrscheinlich auch nicht nur Samstags, manchmal auch Sonntags sein. Wenn es dann zu
    den Wellbeing Days/Mornings kommt, helfe ich oft in verschiedenen Bereichen zum Beispiel
    beim Snacks vorbereiten, oder beim eintippen/notieren der Daten. Ich hatte auch schon
    bereits die Möglichkeit selber einige der Therapien auszuprobieren, wofür ich wirklich sehr
    dankbar bin.
    Wie ihr vielleicht herauslesen konntet, beschäftigt sich das Projekt in dem ich mitwirken darf
    hauptsächlich mit den Dörfern rund um Auroville. Das ist eine Sache, die mir ziemlich gut
    gefällt da ich so auch ein bisschen mit ins Dorf eintauchen kann. In meiner Freizeit, also
    neben dem Freiwilligendienst, spielt mein Leben dann eher in Auroville ab. Ich find es schön
    so beide Welten mitbekommen zu können, da man echt wohl sagen kann das die
    Privilegien, die die westliche Welt so mit sich bringt auch in Auroville zu spüren sind. Man
    kann schon irgendwie sagen Auroville ist in vielen Bereichen anders als Indien, aber ich
    kann für mich sagen, dass es eine sehr große Bereicherung für mein Leben ist – und das
    schon nach drei Monaten.
    Ich bin sehr dankbar hier sein zu dürfen, all die Erfahrungen zu machen, die ich bereits
    machen konnte und aber auch noch machen werde, wie auch für all die tollen Menschen die
    ich schon treffen durfte. Ich freue mich auf alles was die Zukunft so bereit hält. Schaun wir
    mal was wird.
    Viviana Tsotsos