Letzte Woche haben Caro und ich unseren freien Samstag dafür geopftert – oder besser gesagt: Wir haben die wunderbare Chance dazu bekommen, im Rahmen unseres Projektes „Pitchandikulam Forest“ in das ca. 30-40km nördlich von Auroville gelegene Dorf Nadakuppam zu fahren, wo Pitchandikulam mit den „NEEC“ einen zweiten Standpunkt aufgebaut hat, um deren Arbeit von Auroville auch auf dessen Umgebung, die sog. „Kaliveli-Bioregion“, und dementsprechend in die dort ansässigen Dorfkommunen auszuweiten.
Die Arbeit dort begann damit, dass Pitchandikulam vor ca. 8 Jahren anfing, die dort gelegene Nadakuppam Village School zu unterstützen, indem z.B. sanitäre Anlagen mit natürlichem Wasseraufbereitungssystem und weitere Lehrgebäude errichtet wurden, Bäume gepflanzt, Zäune und ein Gemüsegarten angelegt, sowie diverse Umweltbildungsprojekte und -workshops durchgeführt wurden und werden. Mittlerweile übernimmt dies vorrangig das schulinterne Lehrpersonal, das, von Pitchandikulam ausgebildet, die Lehrprogramme über Ökologie, Abfall- und Wasserbewusstsein, heimische Flora und Fauna, sowie organische Landwirtschaft mit sehr praktischer Ausrichtung inzwischen nahezu selbstständig durchführt. Wirklich beeindruckend ist dabei, dass sich seit dem Beginn der Arbeit dort die Rate der Schüler mit erfolgreichem Abschluss von 9,3% auf 80% erhöht hat.
Weiterhin sind dort das Nadakuppam Field und der Nadakuppam Forest entstanden bzw. gerade immer noch dabei, zu entstehen.
Wasseraufbereitungssystem der Schule
Nadakuppam Field
Das Field bietet Raum für die Arbeit mit benachteiligten Frauen der Region, welche sich zu Arbeitsgruppen zusammenschließen, die dann in der Perspektive zu kleinen, sich selbst tragenden Unternehmen heranreifen sollen.
Pitchandikulam bietet dazu verschiedene Workshops, z.B. zu traditioneller Pflanzenheilkunde oder verschiedenen Handwerken, sowie zu Marketing an und unterstützt die Gruppen bei der Vermarktung ihrer Produkte innerhalb Aurovilles und der Region.
Mittlerweile sind daraus schon 24 Unternehmen hervorgegangen, die u.a. pflanzliche Medizin, ayurvedische Nahrungsmittel, Lampenschirme und Hängematten produzieren. Einige davon arbeiten und finanzieren sich bereits komplett selbstständig. Ein Unternehmen, das Spirulina-Algen züchtet und verarbeitet, befindet sich auch direkt auf dem Gelände. Außerdem betreuen die Frauen dort das Tree-Nursery, welches die Grundlage für die Aufforstungsarbeit im Nadakuppam Forest bildet.
Workshop zu Pflanzenheilkunde Spirulina-Farm
Nadakuppam Forest
Der Forest hat Caro und mich persönlich am meisten interessiert, da es ja schließlich auch in erster Linie die Aufforstungsarbeit war, wegen der wir uns für das Projekt entschieden haben. Die Fläche des Waldes umfasst momentan 35 Acres (das sind ca. 14 Hektar), ist durch den Zukauf von weiteren Flächen aber stetig am wachsen. Dieser erst etwa 7 Jahre junge „Forest in the Making“ ist zum einen deshalb so interessant, weil dort wirklich von Anfang an zu beobachten ist, wie aus den trockenen Brachflächen langsam wieder ein richtiger Wald heranwächst, während der ausgewachsene, dichte und nunmehr schon über 40 Jahre alte Wald hier in Auroville nur noch sehr schwer erahnen lässt, aus welchem wüstenartigen und erodierten Boden er einst emporgesprossen ist.
Zum anderen ist das Konzept dieses „integrativen Waldes“ sehr interessant, in dem es darum geht, u.a. auch landwirtschaftliche Flächen in den Wald zu integrieren. Diese werden organisch bewirtschaftet, um das Gebiet auch für die Landbevölkerung nutzbar zu machen und deren Akzeptanz für das Projekt zu gewinnen, das anfangs eher auf Unmut stieß, da das Bewusstsein für den langfristigen ökologischen Nutzen, wie so oft in dieser Welt, weniger präsent ist als das, für den kurzfristigen wirtschaftlichen. Vor allem aber, um zu zeigen, dass der Mensch durchaus in einer gesunden Koexistenz mit der Natur leben und auch wirtschaften kann.
organische Landwirtschaft innerhalb des Waldes
Am spannendsten aber ist das Wassermanagement-Konzept des Nadakuppam Forest, bei dem über die gesamte Fläche ein durch Kanäle und kleine Ablaufrinnen verbundenes System aus Teichen und Wasserauffangbecken angelegt wurde, welches dazu dient, das Niederschlagswasser der etwa dreimonatigen Monsunzeit langfristig auf dem Land zu halten und für die restliche, quasi vollkommen trockene Zeit des Jahres verfügbar zu machen. Das System wurde in entsprechend kleinerem Maßstab, einfach von den „Kaliveli-Wetlands“, dem Gebiet in dem auch Nadakuppam liegt, abgeschaut und kopiert. Dieses spezielle Wassernetzwerk hat sich dort auf ganz natürliche Art gebildet.
vorher: Brachfläche jetzt: junger Wald mit Wassersystem
Wieder einmal ein Beispiel dafür, dass bei technischen Fragen oft einfach nur ein Spaziergang durch die Natur, sowie ein genaues Beobachten und Verstehen derselbigen genügt, um das Problem zu lösen…
Nach dieser wunderbaren Exkursion sind wir schon sehr gespannt darauf, noch tiefer in die Ökologie des hier heimischen „Tropical Dry Evergreen Forest“, kurz TDEF einzutauchen und freuen uns darauf, endlich auch selbst anzupacken und uns die Hände (vermutlich auch noch mehr) schmutzig zu machen, um bei der Aufforstungsarbeit und dem Anlegen des Wassersystems mitzuhelfen.
super stark. Letzteres ist ja wirklich genau das Richtige 🙂 Freue mich auf weitere Berichterstattung