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  1. Ein kleiner Reisebericht: Kodaikanal, Kumily und Chinnakanal

    30. Mai 2023 von Lucia Lenters

    In der letzten Woche war ich mit Luise in Kodaikanal und Kerala unterwegs – um der Hitze in Auroville zu entfliehen suchten wir uns als Ausgangs-Reiseziel ein kleines Örtchen (Vattakanal) neben Kodaikanal in den Western Ghats aus – mit dem Sleeperbus in ca. 10 Stunden erreichbar. Ein Katzensprung! (für indische Maßstäbe…). Mit den Sleeperbussen lässt sich hier verhältnismäßig komfortabel Reisen, wobei es am besten ist die unteren Liegen zu buchen, da es ganz schön rumpelig werden kann. Jede Pipi-Pause zu nutzen lege ich außerdem allen wärmstens ans Herz! (denn es ist ungewiss, wann und ob es eine Nächste geben wird). Als wir in Kodaikanal ankamen wehten uns angenehme 20 Grad entgegen, was im Vergleich zu den derzeitigen Temperaturen in Auroville (etwa 40 Grad) ein wahres Träumchen ist. Und schön mal wieder ein paar Berge zu sehen, im Gegensatz zum sehr flachen Auroville.

    Nachdem wir ein paar Tage in Kodaikanal waren wollten wir weiter in die Nähe von Munnar, wo die Landschaft nochmal anders ist, es viele Teeplantagen gibt, und was schon zum indischen Bundesstaat Kerala gehört. Wir machten uns morgens in Kodaikanal auf den Weg mit lokalen Bussen – Dabei sollte man etwas Geduld mitbringen und muss sich meist länger durchfragen bis man vertrauenswürdige Auskunft und den richtigen Bus gefunden hat, da es keine wirklichen Busfahrpläne gibt und jede 2te Person dir unterschiedliche Informationen gibt. Also am besten möglichst viele Menschen fragen und schauen, was die größte Schnittmenge bildet – welche Route sinnvoll ist und wo man umsteigen kann/muss. An den Busbahnhöfen laufen aber auch viele erkennbare, da in einheitlicher Kleidung gekleidete Menschen herum, die für gewöhnlich Auskunft geben können. Dennoch weiß man nie wirklich, wie lang der Bus im Endeffekt für eine Strecke braucht, und wann die Anschlussbusse in anderen Orten fahren. Die meisten Busse fahren allerdings recht regelmäßig, daher ist das nicht so ein großes Problem. Also: Go with the Flow. In unserem Fall war es so, dass wir uns um 18 Uhr auf etwa der Hälfte der Strecke eingestehen mussten, dass wir es nicht mehr zu unserem geplanten Ziel schaffen würden. Also planten wir spontan um, fanden ein wunderschönes und günstiges Homestay in dem Ort an dem wir gestrandet waren, und wurden durch diese spontane Reiseumplanung in die wirbelige Lebendigkeit des Moments geworfen. Kumily, der Ort in dem wir gelandet waren, liegt direkt an der Grenze zwischen Tamil Nadu und Kerala. Für mich war es das erste mal in Kerala und ich war total überrascht, wie anders ich die Atmosphäre dort wahrgenommen habe. Ich hatte das Gefühl, die Menschen sind total warmherzig und offen in Kontakt mit uns gegangen und die Kommunikation war sehr viel angenehmer als ich es häufig in Tamil Nadu erlebe. (Wo man oft einfach nur angestarrt wird und nicht richtig mit einem kommuniziert wird *meine persönliche Wahrnehmung*). Außerdem wirkten die Menschen insgesamt auf mich viel glücklicher, lebendiger und ausgelassener – etwas, was ich hier häufiger vermisse bzw. gegenteilig erlebe. Wir haben ein bisschen herumgerätselt, woran das liegen könnte. Einige Vermutungen waren, dass Kerala der wohlhabendste Bundesstaat Indiens ist, es eine recht breite Mittelschicht gibt und das Kastensystem dort möglicherweise nicht mehr so starken Einfluss auf die Bevölkerung hat. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass es eine größere Vielfalt an Menschen mit unterschiedlichen religiösen Hintergründen gibt.

    In Kumily gibt es auch einen Nationalpark, in dem viele besondere Tiere leben, darunter auch 45 Tiger und zahlreiche Elefanten. Da man diesen Nationalpark nur in gebuchten Trekking Touren betreten darf, buchten wir einen Green Walk durch den Dschungel und begegneten dabei ziemlich vielen Blutegeln…

    Nachdem wir zwei Tage in Kumily verbrachten, zog es uns doch nochmal Richtung Munnar. Da wir nicht direkt nach Munnar wollten, da dies wohl touristisch sehr überlaufen und teuer ist, suchten wir uns einfach auf Google Maps ein Örtchen in der Nähe aus und planten, dort hin zu fahren. So landeten wir in Chinnakanal, einem kleinen Ort neben Munnar – ein Flop. Der Ort bestand eigentlich nur aus einer Straße, die man entweder hoch oder runter laufen konnte. Die Kommunikation mit den Menschen vor Ort war ehr schwierig und die Atmosphäre des Ortes war seltsam. Und schon beim Anblick der meisten Essenslokale ist mir der Appetit vergangen. So haben wir die meiste Zeit drinnen verbracht und uns von Obst und Fried Rice mit Chips ernährt. Aber das Klima war angenehm 😉

    Zurück sind wir von Chinnakanal nach Theni mit einem lokalen Bus und von Theni mit dem Sleeperbus wieder in die heiß-stickige Klima-Suppe von Pondicherry/Auroville gefahren.


  2. Noch ein Bericht übers Farmleben

    13. April 2023 von Valerie Schäfer

    Valerie Schäfer 06.03.2023 AuroOrchard

    Ein weiterer Quartalsbericht steht an. Nach 6/7 Monaten farmen auf AuroOrchard kennt man seine Arbeit in und auswendig. Alles nur noch Routine!

    Neue Volunteers kommen und gehen. Es wird heißer und die Freiwilligen mehr aus irgendeinem unempfindlichen Grund. Die Hitze ist wirklich intensiv, ich muss bereits meine Chappels tragen damit ich mir die Fußsolen nicht verbrenne.

    Wenn man seine Arbeit so gut kennt, wird es zugegebenermaßen irgendwie langweilig und man fängt an sich mehr mit anderen Dingen zu es beschäftigen, beispielsweise:

    mit Schlangen 🙂 Hierbei handelt es sich um eine ‚Ratsnake‘ gefunden haben wir sie irgendwo zwischen den Büschen und Sträuchern auf der Farm. Wir haben dank eines neuen Mitarbeiters, der Aufklärungskurse über Schlangen in Auroville gibt, ein Buch über Schlangen auf der Farm. Denn die laufen einem dort schon öfters übern Weg und da ist es gut bescheid zu Wissen bevor man sie aufhebt 😉

    Doch keine Sorge von Schlangen geht für gewöhnlich keine Gefahr aus, da sie sich viel lieber verstecken und ins Grüne flüchten als in Angriff zu gehen.

    Das einzige Tier das mich hier soweit angegriffen hat ist tatsächlich die Ameise, die Skorpionameise. Und die hat es in sich. Nachdem ich zweimal in die Hand gebissen wurde, als ich so lieblich mexikanische Sonnenblumen pflückte, hatte ich zuerst einen stechenden Schmerz und dann fing meine Hand an zu schwellen. Am Abend war sie nur noch ein dicker Ballon. In den Tagen drauf verteilte sich die Schwellung, wurde flacher und weiter. Und am vierten Tag begann sie abzuschwellen. Die Schwellung war nicht schmerzhaft, sondern sah nur sehr witzig und bedenklich zugleich aus. Also keine Sorge vor dem Wildleben auf der Farm.

    Auch eine interessante Beschäftigung ist es die Gräser und Kräuter auf der Farm zu bestimmen. Viele neue Freiwillige bringen wissen über jegliche Pflanzen mit und man kommt in den Austausch mit Ihnen. Sie erzählen wie sie Daheim die Pflanzen nutzen, in Kochrezepten oder in Heilkunde oder als Nutzpflanze auf der Farm daheim. So weit scheint es als wenn so ziemlich jede Pflanze irgendeinen Nutzen hat, denn auch der gewöhnlichste Grashalm wird irgendwo in Nordindien übers essen gestreut. Ein Kräuterbuch über AuroOrchard wäre tatsächlich ein äußerst interessantes Projekt.

    Javed, ein Farmer von einer Insel in der Karibik, der scheinbar auch Schokolade herstellt, erzählte mir von einer Pflanze auch unter dem Namen Sorgenwein bekannt. In der Karibik ist sie invasiv; bei uns auf der Farm wächst sie wild. Und dort wo er herkommt machen sie Milchtee aus der Pflanze. Mein Anlauf Tee aus der Pflanze zu machen war leider etwas kläglich. Es hat nach Wasser und Laub geschmeckt aber zumindest habe ich es gewagt und bin nicht gestorben als ich diese Brühe verspeiste. Ich dachte mir wash it cook it peel it, wie wir es im Seminar gelernt haben 😉

    In meinem Projekt fühle ich mich wohl, solange ich neugierig bleibe sollte sich daran nichts ändern.

    Auf der Farm ist es entspannt, nur etwas heiß zur Zeit, da hilft nur Urlaub!


  3. Von der NGO-Work und dem Rest

    13. März 2023 von Bastian Metzler

    Nun bin ich schon seit 6 Monaten in Auroville/Indien. Ich bin gut gebräunt und wackele mit dem Kopf, um den Kauf meines Aloo Parathas zu bestätigen. Ich habe mich ebenfalls ein bisschen mit den Kühen angefreundet, die einem egal wo man sich in Indien befindet auf der Straße begleiten. In diesem Bericht möchte ich also analog meine sechs Monate abfahren.

    Karte der Bundesstaaten Indiens, in rot Telenganga

    In meinem Projekt hat sich viel getan. Ich war das erste Mal mit Ramesh auf NGO-Work in Nord Indien. Genauer gesagt in Telengana. Dieser Staat befindet sich nördlich von Andhra Pradesh, zu dem es auch noch bis 2014 gehörte, dann aber seinen eigenen Staat gründete. Die Hauptstadt ist Hyderabad. Dort angekommen wurden uns von unserer Partnerstiftung Bharat Vikas die Unterkunft gezeigt. Hierbei handelte es sich um eine der schönsten Unterkünfte, die uns für unsere Arbeit bisher bereitgestellt wurden. Wir befanden uns in einer Region Telenganas, die für ihre Chillis und das daraus gemachte Masala Pulver bekannt ist. Überall auf dem Weg zu den Dörfern sah man grüne Felder, die bei genauerem Betrachten durch die Chillies rot gepunktet waren.

    Unser Tagesablauf in den folgenden Tagen war ungefähr so: Wir brachen um ca. 8 Uhr morgens in unserem Isuzu Pick-Up Truck auf und frühstückten auf dem Weg meist Dosai mit Chai. Nach ca. 2 Stunden Autofahrt kamen wir am ersten Dorf an. Wir besuchten zwei Dörfer täglich. Der einzige Haken an der netten Vorstellung gemütlich mit dem Auto zu fahren ist, dass die Rückbank nicht nur mit drei sportlichen jungen Männern besetzt war, was schon so eng war, sondern der zuständige Koordinator sich ebenfalls dazu quetschte. Diese Autofahrten waren somit eine verkrampfte, schwitzige Kuschelsession. Dies hat rückblickend natürlich auch sein Flair, aber in der Situation selbst war es weniger entspannt. Hatten wir dann die Fahrt durch die „straßenähnlichen Schlagkrater Akkumulationen“ geschafft, fing die richtige Arbeit an. Im Optimalfall hatten die Dorfbewohner bereits die alte Wasserpumpe aus dem Bohrloch entfernt und wir konnten direkt damit anfangen, das Solarpanelgestell aufzubauen und die neue Wasserpumpe vorzubereiten. Die alten Wasserpumpen waren in einem sehr schlechten Zustand, sehr oft gerostet. Diese Pumpen benötigen Wechselstrom, der in der Regel aus dem in Indien sehr instabilen Netz genommen wird, somit fallen die Pumpen häufig aus und die Wasserversorgung ist nicht gewährleistet. Die Idee von diesem Projekt ist, die alten Pumpen zu entfernen und durch neue Pumpen mit mehr Leistung zu ersetzten. Diese werden dann an Gleichstrom angeschlossen, der von 6 Solar Panels erzeugt wird, somit ist die Stromversorgung unabhängig vom öffentlichen Netz und eine sicherere Wasserversorgung ist gewährleistet. Ein Problem, das dennoch mehr als einmal auftauchte war, dass die Gleichstrompumpe noch während unserer Anwesenheit mit einem Verlängerungskabel an eine Hochspannungsleitung angebracht wurde. Unsere Erklärungsversuche scheiterten. Es war sehr schwer zu vermitteln, dass ein verlässliches Gleichstromsystem besser funktioniert als ein durch Netzwerkschwankungen beeinflusstes Wechselstromsystem. Hierbei kann man zwar nur tagsüber Wasser hochpumpen, dennoch ist es Long-Term zuverlässiger. Nachdem wir die Dörfer verließen wurden, trotz aller Erklärungen die Gleichstrompumpen einfach an das Wechselstromnetz mit hohen Schwankungen per Haken angeschlossen. Das hat mich fast ein wenig geärgert. Da ich weder Tamil noch Telugu spreche konnte ich selbst den Dorfbewohnern die Zusammenhänge nicht erklären wodurch ich mich teilweise hilflos gefühlt habe. Letztendlich müsste man viel mehr am technischen Verständnis der Bevölkerung arbeiten, damit solche Projekte angenommen und gut umgesetzt werden können.  Das ist harte Lebensrealität in der NGO Arbeit.

    Dieses Beispiel zeigt einen Punkt mit dem ich hier seit Ankunft kämpfe. Dem Prinzip, dass solange es im Jetzt funktioniert, es gut ist, es wird häufig das Langfristige nicht bedacht, dass sich ein Mehraufwand lohnt um zukünftig von etwas profitieren zu können. Ein großes Problem zeigt sich gerade  auch hier in der Korruption. Staatliche Gelder, die für den Erhalt und Ausbau von Straßen, der Stromversorgung und vieles anderes mehr bereitgestellt werden, werden nicht dafür verwendet, sondern zweckentfremdet eingesetzt. Trotz alle dem habe ich Indien als sehr fortschrittlich erlebt, was die erneuerbaren Energien und die Infrastruktur betrifft, selbst wenn die Ausführung oft zu wünschen übrig lässt.

    Von einer politischen Herausforderung zu einer persönlichen. Für mich gestaltet sich das Essen hier in Indien sehr schwer. Vor Allem auf meinen arbeitsintensiven und sonnenreichen Projekten außerhalb Aurovilles hatte ich oft Lebensmittelvergiftungen, Durchfälle und Erbrechen.  Wenn man nicht gut genug aufpasst verliert man übers Schwitzen zu viel Wasser und Salz, dazu kommt die intensive Sonneinstrahlung, dann scheint die kleinste Unreinheit im Essen zu reichen, so dass der Körper alles auskotzt. Wenn ich in sehr abgelegenen, ländlichen Gebieten gearbeitet habe, war es schwierig Essen zu finden, was ich gut vertragen habe, da es zumeist in sehr altem Fett zubereitet wurde und teilweise auch durch Kohle verunreinigt war. Ich lernte mich Mit Kekesen, Rieswaffeln und Müsliriegel aus einem der „Supermärkte“ (Aple Store) einzudecken um über die Runden zu kommen. Vor einer Woche wurden nach mehreren Tagen massiver Magen Darm Probleme bei mir Amöben diagnostiziert Und wurde mit einem Antibiotikum behandelt. Amöben sind Kleinstlebewesen, die auf meist ungewaschenem Obst und Gemüse wohnen. Isst man also nicht gekochtes/gebratenes Obst, Gemüse oder Salat in einem Restaurant, welches seine Lebensmittel nicht sorgfältig genug wäscht, kann man sich sehr schnell diese kleinen Tierchen einfangen. Somit gilt die alte Regel: Cook it, Peel it, Wash it. Ebenfalls ist es ratsam nur Mahlzeiten zu sich zu nehmen, von denen man weiß, dass sie in ihrer Herstellung einmal erhitzt wurden, ein Beispiel dafür wäre Fried Rice. Das sind die leinen Fallen in Indien und möchte mich darüber aber nicht beklagen, wenn man sich das Leben hier gut sortiert ist es super, trotz Lebensmittelvergiftung. Sehr zu empfehlen sind die Beaches. Tagsüber vor Allem der Tantos Beach oder auch Shri Ma Beach sowie der Quiet Beach. Ebenfalls sollte man mindestens einmal gesurft sein. Ich habe damit erst recht spät angefangen, weiß aber von meinen Kollegen Jasper und Jonas, dass man sehr schnell Fortschritte machen kann. Ich persönlich habe mich auf Kalariepayattu konzentriert. Dies ist ein Kampfsport aus der Region des heutigen Kerala und fokussiert sich auf den Kampf mit Waffen. Dennoch braucht man erst eine hohe körperliche Fitness, bevor man an die Waffen gelassen wird. In den ersten paar Monaten sehr hartes Kraft und Beweglichkeitstraining. Es beinhaltet viele Elemente des Yogas und Kicks. Für mich ist die Intensität und der Meditative Aspekt der Trainings was mich jeden Tag dort hinzieht.

    Zuletzt kann ich noch als letztes Update geben, dass meine Prototypen in Sunlit angekommen sind. Dominik und ich mussten an ihnen nochmals einen Nachmittag nacharbeiten (es entsprach nicht unserem Qualitätsanspruch), um ihre Funktionsfähigkeit sicherzustellen. Die Tests verliefen wie erhofft und nun bin ich im Gespräch mit mehreren Herstellern, um sie weiter zu vermarkten. Jetzt muss ich mich mit Material und Arbeitskosten, Lieferketten und Sprachbarrieren auseinandersetzen. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass es weiterhin gut verläuft. Ich werde in ein paar Monaten nochmal ein Update geben und bei erfolgreicher Beendigung einen extra Bericht über dieses Projekt schreiben.

    Ciao


  4. 2 Quartalsbericht Hanna Robbers, Botanical Garden

    8. März 2023 von Hanna Robbers

    Nach etwa sechs Monaten hier in Indien und Auroville fühle ich mich sehr angekommen und habe mich gut eingelebt. Es ist fast nichts mehr neu für mich und auch auf den Trips habe ich mich an die indische Lebensrealität gewöhnt, wobei ich sie an manchen Stellen immer noch nicht verstehe, aber sie ist mir nicht mehr fremd. Eigentlich gefällt mir die indische Kultur sehr gut zum Beispiel bedanken sich Tamilen nicht aus Höflichkeit sondern traditionell nur wenn sie wirklich zu tiefst dankbar sind und nicht wenn man ihnen das Salz über den Tisch reicht. Trotzdem bin ich dankbar nicht komplett in Indien zu leben sondern auch in Auroville, weil Dinge wie der Feminismus oder die westliche Kultur mir schon fehlen würden bis zu einem gewissen Grad.
    Ich habe jetzt auch viele Freunde außerhalb der Gruppe mit denen ich sehr gerne Zeit verbringe. Ich war zum Beispiel mit einem erst letztens schwimmen in einem Pool. Jedenfalls war es in sofern praktisch mit Mma anzufangen, weil ich über den Kampfsport viele von meinen jetzigen Freunden kennengelernt habe. Ich habe mich nicht nur wegen dem regelmäßigen Sport so gut eingelebt sondern auch durch den Chor, dem ich schon ganz am Anfang beigetreten bin. Dadurch hatte ich auch die coole Möglichkeit an einem Chorauftritt im Dezember teilzunehmen und ich werde hoffentlich auch an einem Mma Wettkampf mit meinem Team teilnehmen.
    Was tatsächlich auch sehr praktisch ist, dass ich in Kuilapalayam lebe und somit sehr viele Restaurants und Cafes in direkter Reichweite sind. An meinen lieblings Cafes und Restaurants treffe ich mich gerne mit meinen Freunden oder genieße das Wlan ganz alleine für mich.
    Die letzte drei Monate waren aber auch nicht nur einfach und schön. Ich glaube die Zeit hier lässt sich am besten mit dem Wort intensiv beschreiben, weil ich sowohl extrem schöne und glückliche Erfahrungen mache aber auch Erfahrungen in andere Richtungen. Es ist zum Beispiel manchmal schwer sein Leben unter einem Hut zu bekommen, weil man unabhängig und zu 100% für sich selbst verantwortlich ist. Das bedeutet dann konkret, dass man den Haushalt machen muss auch wenn man keine Energie mehr hat, weil die Arbeit oder die Freizeit mal anstrengend waren. Auch ist es für mich nicht immer einfach von meiner Partnerin getrennt zu sein. Allgemein ist es schwierig so weit weg zu sein und dann familiäre Probleme in der Heimat zu haben, weil man nur telefonisch und dann noch mit Zeitverschiebung da sein kann.
    Ich merke auch jetzt schon nach nur sechs Monaten wie ich mich verändert habe. So bin ich etwas entspannter geworden, was man, wenn man hier lebt, auch schwer vermeiden kann, weil ziemlich oft Dinge sehr spontan sind und nie so wirklich klappen wie man es möchte. Ich bin aber auch erwachsener und selbstständiger geworden, was alltäglich Dinge angeht wie Haushaltsführung oder Freizeitplanung. Tatsächlich hat die Zeit hier in Auroville auch einige Denkprozesse bei mir angestoßen was Spiritualität, die westliche Kultur und Nachhaltigkeit angehen. Das war auch schwer zu vermeiden, weil ich hier so viele Menschen getroffen habe die eine komplett andere Weltsicht haben als ich, mit denen ich zusammen arbeite oder befreundet bin. Am Anfang war das auch schwer, weil es natürlich komfortabler ist, sich nur mit Menschen mit den selben Ansichten auszutauschen. Insofern wurde mein Horizont aufgebrochen und ein ganzes Stück erweitert.
    In meinem Projekt fühle ich mich immer noch sehr wohl und ich kann den Garten nur empfehlen. Mittlerweile habe ich meine festen Aufgaben aber immer noch die Möglichkeit auh andere Sachen zu machen, wenn ich das möchte. Und viele Kollegen sind zu Freunden geworden, mit denen ich ser gerne zusammen arbeite und nebenbei rede.
    Abschließend kann ich sagen, dass in Auroville eine sehr schöne Zeit habe, die wie jeder Alltag auch ab und zu stressig ist.

    Auroville, 5.3.2023


  5. Mirror, Mirror on the wall…

    6. März 2023 von Rick-Marcel Dohlich

    Vorwort:
    Liebe offizielle Stellen, da ich ein eher kreativer Mensch bin, und in meiner vorherigen Arbeit viele langweilige 0815-Berichte gelesen und geschrieben habe, folgt nun ein Bericht der etwas anderen Art. Dennoch werden in dem Bericht die Reflexionsfragen, die wir als Inspiration an die Hand gelegt bekommen haben, beantwortet.  
    Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.

    Spieglein, Spieglein an der Wand….

    …sag mir, wie geht es mir, nach 6 Monaten Auroville?

    „Warum fragst du mich das? Ich bin nur ein Spiegel. Du musst doch am besten wissen, wie du dich fühlst!“    

    „Na! Weil du ein Spiegel bist. Du kannst doch jedes Objekt und jede Person reflektieren, das/die vor dir steht. Komm schon! Sag mir wie ich mich fühle.“     

    „Nun gut ich will den Versuch wagen und dir erzählen, wie du dich fühlst. Lass mal sehen. Am Anfang war alles neu für dich und du musstest dich erstmal einleben. Doch auch nachdem du Auroville und alles drumherum kennengelernt hast, war ein Gefühl in dir präsent. Du hast dich hier fremd gefühlt. Irgendwie fühltest du dich nicht zuhause. Und schließlich kam eine Zeit, ungefähr nach 4 Monaten, in der sich all deine negativen Emotionen zu einer dunklen Wolke über dir verhärtet haben. In der Zeit stank dir ganz Auroville zum Himmel und du wolltest einfach nur weg. Alles machte dich missmutig und manchmal warst du depressiv. Daher hast du Urlaub genommen. Der Urlaub hat dir gutgetan. Einen ganzen Monat Abstand von Auroville! Es war ein Traum für dich. Und als du wieder zurückgekehrt bist, haben sich deine Gefühle in Bezug auf Auroville komplett verändert. Schließlich hast du dich in Auroville endlich angekommen gefühlt. Jetzt fühlst sich Auroville für dich wie eine Heimat an. Dir ist zwar klar, dass du hier nicht leben möchtest, aber das ist damit auch gar nicht gemeint. Du fühlst dich nun gut hier. Du kennst den Ort hier. Auf Menschen, besonders auf die in der MDJ-Community, kannst du jetzt mit mehr Leichtigkeit zugehen. Du magst dein Zimmer und bist glücklich darüber, dass du in MDJ für sechs weitere Monate bleiben kannst.
    Dennoch macht sich Traurigkeit in dir breit. Es sind nur noch fünf Monate. Dann geht es zurück in dein Heimatland. Der Gedanke an die wenige Zeit, die dir hier noch bleibt, macht dich wehmütig. Es fühlt sich so an, als müsstest du noch so viel hier machen. Als würdest du unendlich viel verpassen, wenn du gehst. Es gibt hier noch so viel zu erleben und zu erfahren. Und du fühlst, als hättest du bis jetzt noch Garnichts gemacht. Die Zeit ist verflogen. Viel zu viel Zeit ist für die Arbeit draufgegangen. Einen Großteil deiner Interessen konntest du nicht befriedigen. Und dann ist da noch die indische Frau, in die du verliebt bist. Du hast Ideen, wie es mit euch weitergeht, aber dennoch ist alles so ungewiss und unsicher. Du weißt nicht was passieren wird, aber du hast einen Plan und du versuchst deine ganze Energie in diesen Plan zu legen. Es gibt dir Kraft und doch fühlst du dich manchmal kraftlos, unsicher und planlos. Du wandelst zwischen zwei Welten. Zwischen zwei Gefühlszuständen. Du bist glücklich und traurig. Du bist Feuer und Wasser. Du möchtest allein sein und doch in Zweisamkeit verweilen. Du bist hier und dann doch dort. Du bist ein Chaos und doch eine Ordnung. Das ist, was in dir vorgeht. Und zum ersten Mal in deinem Leben bist du dir all dieser Zustände, all dieser Emotionen, all dieser Gedanken bewusst.      
    Lass mich dir einen Rat geben:   
    Finde deine Mitte, dein Zentrum, deine Harmonie, dein Gleichgewicht! Das ist das, worauf du deinen Fokus legen solltest. Dann wird alles zu dir kommen. Sorgen gehören zum Leben dazu wie auch glücklich zu sein. Neben Angst ist auch Selbstbewusstsein da. Arbeit braucht Relaxation. Das eine kann ohne das andere nicht bestehen. Merke dir das. Lass die Gefühle zu und sei präsent mit ihnen. Es ist gut, dass du fühlst. Es ist gut, dass du bist. Also genieße alles, was du hier noch erlebst, erfährst und fühlst. Sei es noch so klein und unbedeutend. Es ist deine Welt und sie passiert mit dir, nicht gegen dich. Also akzeptiere sie, so wie sie ist.“

    „Okay, danke lieber Spiegel für die Einsicht in meine Gefühlszustände und danke für deinen Ratschlag. Ich werde ihn beherzigen. Wenn du so weise bist, kannst du mir sicherlich noch eine weitere Frage beantworten.

    …sag mir, was war für mich die größte Herausforderung, hier in Auroville?“

    „Leben ist eine Herausforderung. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute siehst du dich konfrontiert mit Dingen. Es gibt normale Alltagsaufgaben, wie zum Beispiel Wäsche waschen, kochen, spülen, Einkaufen, die du erledigen musst, andernfalls ist es schwierig zu überleben.    
    Darüber hinaus musst du Entscheidungen treffen und dabei immer im Hinterkopf haben, was du brauchst und wie du dich fühlst. Sich deiner Bedürfnisse und Gefühle bewusst zu sein. Dich selbst zu reflektieren und gesunde Schlüsse rauszuziehen, ist herausfordernd.  
    Doch auch wenn du Entscheidungen triffst, die mit dir in Harmonie stehen, gibt es auch immer noch Menschen um dich herum. Jede / Jeder hat Bedürfnisse und Gefühle. Manchmal stehen diese im Konflikt mit deinen eigenen. Die der anderen in Einklang mit deinen eigenen zu bringen, ist herausfordernd, ja manchmal sogar unmöglich.

    Hier in Auroville war die größte Herausforderung, für dich lieber Rick, in einer Beziehung zu leben. Du bist eigentlich ein sehr in sich selbst gekehrter Mensch. Du liebst es allein zu sein, für dich zu sein. In deiner Vergangenheit warst du immer allein. Du hast sogar eine Angst vor sozialen Kontakten und vor Nähe entwickelt. Paradoxerweise warst du auch einsam und du hast dich eigentlich nach jemanden gesehnt, der dich versteht, dich fühlt, dich hält, dich liebt für den der du bist. Nie zuvor warst du in einer Beziehung nun steckst du mittendrin. Es macht dich glücklich. Doch am Anfang war es schwierig. Die eigenen Bedürfnisse mit den von einer anderen Person in Einklang zu bringen war nicht leicht. Oft gab es Konflikte. Über Kleinigkeiten sowie über große Themen. In der Diskussion habt ihr euch aber nicht selbst verloren. Nein, immer wieder saßt du mit ihr zusammen und habt über euch gesprochen. Und darüber welche Bedürfnisse ihr eigentlich braucht. Nach dem Gespräch ist dir viel zu oft, lieber Rick, ein Licht aufgegangen und dir ist klar geworden, was du selbst eigentlich brauchst. Die Konflikte haben euch mehr zueinander gebracht als auseinandergetrieben. Ihr habt gelernt, welche Perspektive die andere Person hat. In dem Reflexionsseminar, welches du heute hattest, konntest du schließlich dein Gelerntes Wissen anwenden. Ihr habt heute darüber gesprochen, wie Konflikte entstehen und eskalieren können. Und darüber, wie Konflikte in einem diplomatischen Weg ablaufen können, sodass daraus eine Kooperation entstehen kann. DU konntest verstehen und nachvollziehen, was euch erzählt wurde.

    Jetzt kannst du mit Fug & Recht behaupten, dass du vielleicht kein Meister, aber doch ein fortgeschrittener Anfänger in Sachen Konflikt-Bewältigung bist. Herzlichen Glückwunsch!“

    „Nun Spiegel, eine letzte Frage sei mir hoffentlich noch gestattet….

    …sag mir, wie habe ich mich verändert? Ist dir mittlerweile etwas anderes wichtiger als vorher?

    Nun, du hast dich verändert und bist dennoch derselbe geblieben. Du kamst nach Auroville, um herauszufinden wohin es für dich danach geht. Der Weg ist für dich immer noch nicht klar, aber dennoch sieht du ihn besser denn bevor. Wie als hättest du nach vielen Jahren herausgefunden, dass du eine Brille brauchst. Und nun hast du die Brille aufgesetzt und es erscheint alles deutlicher. Du hast nun ein Ziel vor Augen. Du hast nun auch Ideen, wie du das Ziel erreichst. Du kannst es gar nicht erwarten loszulegen, und doch hemmt dich die Ungewissheit.         
    Du bist immer noch introvertiert, doch fällt es dir nur einfacher deine Komfortzone zu erweitern. Du möchtest gar nicht immer mit Menschen zusammen sein und reden, und du weißt nun, dass das ok ist. Dennoch merkst du, dass du es manchmal brauchst. Dein Empathie Empfinden ist feiner geworden, doch merkst du auch, dass du nicht von dem Schmerz eines jeden Menschen erfahren und beeinflusst werden möchtest. Du brauchst Distanz, um nah zu sein.         
    Du bist selbstbewusster geworden und hast herausgefunden, dass es für dich wichtig ist, für dich selbst und deine Meinungen, Interessen und Ideen, wie auch für andere Menschen einzustehen. Du hast gelernt stark zu sein. Und diese Stärke zeigt sich nicht nur in deinem Selbstbewusstsein. Nein, auch in deiner Fähigkeit Gefühle zu zeigen. In Tränen zu versinken, nur um dann in Freude aufzublühen. 
    Du hast gelernt, dass es nicht immer eine Lösung braucht. Oft reicht es, zu beobachten, zuzuhören, präsent und für andere da zu sein. Menschen sehnen sich nach einem sicheren Raum, um sich anderen mitzuteilen. Oft ist dies schon Heilung genug. Lösungen entstehen danach von allein. 
    Nun, lieber Rick, ich kann diese Liste bis in das Unendliche weiterführen und dir aufzeigen, was du so alles gelernt hast. Doch ist die Deadline für deinen Quartalsbericht längst überschritten. Daher rate ich dir, nimm das mit was ich dir erzählt habe, verpacke es in einen Bericht, mit dem du dich wohlfühlst und schicke ihn ab. Da wird sich deine Organisation sehr freuen.“

    „Nun denn, lieber Spiegel, deine Worte sprechen von großer Weisheit. Ich werde tun, wie du mir rätst. Für deine Zeit und die Einsicht, die du mit gewährt hast, danke ich dir vom ganzen Herzen. Mach es gut, bis zum nächsten Mal!“