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2. Quartalsbericht Luise v. Hagen, AVAG

5. März 2023 von Luise von Hagen

Nach nun schon 6 Monaten in Auroville fühle ich mich von Woche zu Woche mehr angekommen  und es hat sich nach anfänglichem “ ich muss ganz viel erleben und hab Angst was zu verpassen Stress”  etwas innere Ruhe in mir eingestellt, und das Gefühl angekommen zu sein. 

Ich glaube, das ist ein Gefühl, was sich aber auch immer weiter steigern kann.

Ich hatte ein längeres, emotionales und körperliches Tief zwischen Ende November und Mitte Januar, was ich mittlerweile halbwegs gut überstanden habe und was wohl mehrere Ursachen hatte. 

Zum einen habe ich mich gefragt, ob es normal ist, mich so zu fühlen in dieser Zeit des Jahres und meine innere Uhr sozusagen auf Winter, Dunkelheit und Familienfeste eingestellt ist- alles Dinge die eher wenig Freude in mir auslösen 😉

Zum anderen war ich gesundheitlich nicht ganz fit, hatte Herausforderungen in meinem Projekt und mit meinem Zeitmanagement und etwas Lagerkoller von Auroville, da ich zuvor immer nur in größeren oder kleineren Städten, aber nie auf dem Land gelebt habe.

Seit November/ Dezember habe ich mehrere Perioden von Krankheit durchlebt und ich wurde immer wieder von kleineren und größeren Infekten heimgesucht. 

Mehrere Grippeartige und Magen Darm Infekte gingen in Auroville rum und ich habe sie gefühlt alle mitgenommen. Eigentlich ist das sehr untypisch für mich und ich habe immer von mir sagen können, ein gutes Immunsystem zu haben.

Gesundheit ist natürlich die Grundlage für die vielen anderen schönen Sachen im Leben und wenn da der Wurm drin ist, fehlt natürlich Energie für alles andere.

Das nervt natürlich, ist aber hoffe mal, nicht ganz ungewöhnlich, wenn man anderen Viren ausgesetzt ist, als gewohnt.

Herausfordernd für mich ist das Thema Zeitmanagement hier im allgemeinen. In Bezug darauf, dass es mir schwer fällt, alles was ich mir vornehme und gerne erleben möchte und die Arbeit sowie Alltagsverpflichtungen, sowie ausreichend Erholung unter einen Hut zu bekommen. Das liegt vor allem daran, dass ich Auroville als sehr spannenden Ort empfinde, in dem ich viel lernen und erleben kann, tolle interessante Workshops, Projekte erleben und tollen Menschen begegnen kann. 

All das benötigt aber viel Zeit, Raum und Energie, was ich mit dem Arbeitspensum, Alltagsverpflichtungen und der Kraft die mein Körper und Psyche zur Anpassung braucht, manchmal schwer zu vereinbaren finde. 

Auch im Projekt hat sich das Thema Zeitmanagement als schwierig herausgestellt.

Teilweise schwankt das Arbeitspensum zwischen wenigen Aufgaben bis hin zu viel zu viel in kurzer Zeit, da wir bei manchen Projekten ziemlich Zeitdruck haben.. 

Ich habe oft das Gefühl, dass eine bessere oder frühere Kommunikation sehr nützlich für viele Arbeitsprozesse wäre, unsere Projektleitung aber oftmals so beschäftigt und womöglich auch überfordert ist, um das zu gewährleisten. 

Auch bemerke ich mein typisch deutschen Wunsch nach Effizienz und sinnvoller Nutzung meiner, mir hier sehr kostbar gewordenen Zeit. .

Als sehr bereichernd habe ich eine Reise nach Kerala und einen kleineren Ausflug nach Tiruvannamalai empfunden, bei dem ich die atemberaubend schöne Natur Keralas und die spirituellen Pilgerorte Tiruvannamalais hautnah erleben durfte.

Wir waren dort im Ashram, in einer Hohle in der Ramana Maharshi 17 Jahre lang meditiert haben soll, im Arunachalesvara Tempel und haben den heiligen Berg Arunachalla, der die Verkörperung Shivas sein soll, zumindest teilweise zu Fuß umrundet. Beim Reisen kommt man mit der indischen Kultur und ihren Menschen natürlich nochmal intensiver in Kontakt, als in der international geprägten Auroville Blase. Dieses Spannungsfeld finde ich aus sehr spannend und ebenfalls herausfordernd, da ich mir Auroville als internationales Projekt einerseits ausgesucht habe und ich mich dennoch nach vier Monaten, in denen ich nicht wirklich aus Auroville raus gekommen bin, etwas darin gefangen gefühlt habe. Irgendwie ein komisches Gefühl zu wissen, dass es da um einen herum noch so viel zu sehen, entdecken und zu verstehen gibt und man irgendwie in einer Parallelwelt, in einer Parallelwelt lebt.

Auch hat mir die Reise sehr geholfen, mich besser zu orientieren, mir das Gefühl von Selbstwirksamkeit, Selbstständigkeit und mehr Selbstsicherheit geschenkt, da ich vorher das Gefühl hatte, dass Auroville zu einer krassen Komfort Zone für mich geworden ist, aus der jeder Schritt heraus, als anstrengend, schwierig oder kompliziert von mir bewertet wurde, da ich vorher wenig Selbstwirksamkeitserfahrungen außerhalb Aurovilles machen konnte.

Es fühlt sich gut an zu wissen, dass man sich ein Zugticket/ Busticket kaufen kann,  das richtige Gleis findet und selbständig von A nach B kommt, und man da draußen irgendwie klar kommt. 

Ein Gefühl, was ich vorher irgendwie vermisst hatte und mich in mir und in Auroville etwas gefangen fühlen ließ. 

Seit dieser Ausflüge geht es mir psychisch und emotional deutlich besser und ich weiß nun auch die Ruhe und Weitläufigkeit Aurovilles viel mehr zu schätzen.

In Bezug auf meine eigene persönliche Entwicklung bin ich sehr dankbar und stolz darauf, dass ich es geschafft habe,  gesunde Routinen wie Sport, Meditation und Journaling weitestgehend in meinen Alltag zu integrieren und beizubehalten. Allgemein fällt es mir hier deutlich leichter, einen gesunden Lebensstil zu führen und ungesunde Genussmittel wegzulassen, was mich sehr freut.

Ansonsten habe ich ein starkes Bewusstsein für die Kostbarkeit meiner Zeit und die Wichtigkeit von Prioritätensetzung entwickelt, was  für die Gestaltung  meines zukünftigen Lebens sicher von Bedeutung sein wird. Auch ist mir klar geworden, wie wichtig mir Werte wie Selbstverantwortung und Bestimmung, Freiheit und Abwechslung im Alltag sind. Mit all diesen (Selbst) Erkenntnissen und  Learnings freue ich mich auf den baldigen Umzug in eine andere Community und die weitere Zeit in Auroville und auch danach. Ich habe jetzt schon das Gefühl, sehr viel für mich mitnehmen zu können, was in meinem weiteren Leben von Wichtigkeit sein wird.


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