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  1. Vorbereitungsseminar in Lehesten, weltwärts 2018/19

    15. Juni 2018 von Anuschka

    Da stand ich nun, am 8.5.2018 in Saale, am Hauptbahnhof, neugierig, 10 Meter entfernt von drei anderen, voll bepackten, sich sichtlich noch orientierenden Freiwilligen.

    Als ich im Zug noch alleine an meiner Selbstvorstellung feilte, hatte ich ein kurzes Gefühl von Unsicherheit vor der ersten Begegnung mit den anderen, doch sobald das erste Hallo gefallen und die erste Umarmung geschehen war, machte die anfängliche Sorge Platz für unendliche Freude.

    Zur Begrüßung gab es leckeren Kuchen, Kaffee und strahlenden Sonnenschein in Thüringen.

    Die noch etwas angespannte Stimmung unter uns 18 bunt gemischten Volunteers lockerte sich rasant nach ein paar Kennlernspielen auf.

    Zum Abend hin starteten wir dann mit unseren Selbstvorstellungen, die uns ein kleines Stückchen näher an die Wesenszüge unseres Gegenübers brachten, oder uns einfach kurz staunen oder schmunzeln ließen.

    Am nächsten Morgen gab es für uns alle ein leckeres Frühstück bzw. erst mal eine große Tasse Kaffee. Daraufhin folgte eine Menge Input wie z.B. Infos & Fakten über Auroville, ein kleines Quiz und ein Film von ehemaligen Freiwilligen, der mit viel Liebe gemacht war.

    Nach dem täglichen Mittags-Mampfen um 12:30 Uhr ging es endlich in die lang ersehnte Vertiefung unserer Projekte.

    Birgit und Thomas stellten die verschiedenen Einsatzstellen nochmal detailliert und langsam für uns alle vor.

    Hätte es diese Einheit nicht gegeben, wäre ich wahrscheinlich mit falschen Vorstellungen in mein Projekt gegangen.

    Vor dem Abendessen (welches vegetarisch/vegan, gesund und lecker war) fanden wir uns zum sogenannten „Stammtisch“ zusammen, in dem wir in Kleingruppen mit einem Koordinator*in den Tag , also unsere Gefühle, Fragen und Erkenntnisse reflektierten.

    Dieser, meiner Meinung nach ziemlich intime, Austausch ermöglichte es uns die anderen Freiwilligen noch mal von einer anderen Seite zu erleben, als es in der großen Runde der Fall war.

    Bereits nach zwei Tagen merkte ich, wie sich ein starkes Gruppengefühl aufbaute und wie achtsam und respektvoll jeder mit jedem umging.

    Bei mir schlich sich langsam aber sicher der Verdacht ein, dass ich mit dieser Gruppe von Menschen wohl einen Volltreffer gelandet habe.

    Nach ein wenig Organisatorischem und Input zu Fundraising kamen wir am dritten Tag endlich zur lang ersehnten Projektverteilung.

    Jede*n von uns an die gewünschte Einsatzstelle heranzuführen stellte sich komplizierter dar, als gedacht.

    Nach langem reden, umdenken, anhören, Ideen sammeln und wieder verwerfen, lösten sich auf einmal ein paar Knoten und es gelangten alle zu einem passenden Projekt.

    Am Nachmittag trudelten nach und nach immer mehr Menschen bei uns ein (circa 70-80) , die sich zu den Auroville-Tagen zusammenfanden, der genau wie unser Seminar im Schieferpark Lehesten statt fand. In den letzten drei Tagen hatten wir dadurch die Chance mit vielen Leuten ins Gespräch zu kommen. Wir begegneten aller Art Menschen, die ihre persönliche, individuelle Verbindung zu Auroville haben. So wurden wir, zum Beispiel, Teil von einem gemeinsamen Spaziergang, einem Flöten Konzert von einer in Auroville aufgewachsenen Frau sowie dem gemeinsamen Schauen eines aktuellen Films über Aurovilles Geschichte & Gegenwart. Am letzten Abend gestalteten wir das Programm selber und spielten gemeinsam ein Quiz, versuchten stille Post (mit sehr vielen Menschen) und praktizierten Lachyoga.

    In der einen Woche, in der wir erstmals zusammen kamen, konnten wir bereits eine Menge erfahren. Zwischenmenschlich sowie insgesamt über unsere immer näher rückende Reise.

    Wir haben eine Menge gelacht, gelernt und einen kleinen Vorgeschmack bekommen, auf den Ort, den wir hoffentlich bald unser zweites Zuhause nennen können.


  2. Sommertage

    31. Mai 2018 von Mira

    Der Sommermonsun hat die südliche Westküste von Indien erreicht, es kann sich somit nur noch um ein paar Tage handeln, bis er auch bei uns ankommt, falls er Auroville überhaupt erreicht (mit dem jetztigen Tief). Die Termiten sind auch schon ausgeflogen, was ein gutes Vorzeichen ist. Die Straßen sind ziemlich staubig und der Sommer dieses Jahr soll bisher überdurchschnittlich warm gewesen sein. Landwirtschaft lässt sich erst bei Beginn des Wintermonsuns wieder richtig gut betreiben, doch endlich wieder einmal im Regen stehen ist ein unglaublich schöner Gedanke. Bis dahin sollte man seine Zeit an kühlen, schattigen, luftigen Orten verbringen und alles sehr viel gemächlicher angehen. Bloß keine Eile! Am besten erledigt man seine wichtigen Sachen früh morgens oder spät abends und hält in der lunch time einen Mittagsschlaf.

    Eingang zur Windaara Farm

    Die meisten von uns machen zur Zeit housesitting, dürfen also in den Häusern der verreisten Aurovillianer wohnen, welche ziemlich gut an das Klima hier vor Ort angepasst sind (besser als die einfachen Behausungen der Tamilen). So wohne ich jetzt auf der Windaara Farm im Grünen und mit offenen Fenstern (Gittern) zu allen Seiten, so dass ich nicht mal einen fan brauche, da mich der Wind schon ausreichend abkühlt. Hier, in diesem schon recht luxiorösen Heim mit amma und einem unglaublich tollen Holzfußboden, lässt es sich gut sein Jahr in Auroville ausklingen. Ayoyo, das Ende naht so schnell…

    Jetzt im Sommer wird auf Aurovilles Farmen weniger Gemüse, dafür aber umso mehr Obst geerntet. Bananen und Papayas gibt es das gesamte Jahr über, doch nun darf man sich auch an Mangos, Jackfruits, Soursops, Eggfruits, Litschis, Ananas und weiterem erfreuen.

    Da bei dieser Hitze rein gar nichts mehr los ist in Auroville (und man bei diesen Temperaturen auch nicht gerade wirklich Lust hat, irgendetwas draußen zu unternehmen), ist Kochen, besonders von mir zusammen mit ein paar Freunden, nun zu einer häufigen Freizeitaktivität geworden. Doch irgendwie lerne ich hier in Indien fast nur indisch zu kochen – wer hätte das gedacht?

    Idlis mit Chutneys – Standardrepertoire der südindischen Küche

    Auch an aufwendigeren Gerichten wird sich versucht

    Baati Chokha, ein typisches Gericht aus Uttar Pradesh

    Nach bereits unglaublichen 9 Monaten in Auroville, die doch gerade erst gestern angefangen haben, stehen übrigens unsere dritten Quartals – Berichte an. Eigentlich möchte man ja noch so einiges hier in Auroville erledigen und erleben, aber zur Zeit ist alles von einer gewissen Trägheit befallen…


  3. Sommer ist, …

    21. Mai 2018 von Mira

    -wenn die Temperaturen tagsüber an den 40° C kratzen (es kann aber noch heißer werden, der (Hoch-)Sommer ist erst Mitte Juni „vorbei“) und auch nachts nicht unter 30° C fallen

    -wenn man morgens aufwacht und einfach nur noch ein verklebtes, verschiwtztes Bündel ist

    -wenn die Natur immer brauner und verdorrter wird, wobei sich manche Bäume entschließen, genau jetzt ihr gesamtes Laub abzuwerfen und in einem rasend schnellen Tempo lauter frische, grüne, junge Blätter zu bekommen

    -wenn Auroville wie ausgestorben ist. Diesen Fakt hat man schon oft vorher zu hören bekommen von anderen Weltwärtslern oder Aurovillianern, aber dass dann hier im Mai wirklich rein gar nichts mehr los ist, hätte ich nicht erwartet. Keine sich länger aufhaltenden Touristen mehr, kaum noch Freiwillige und selbst die Aurovillianer nehmen sich Urlaub und verschwinden. Auroville ist wirklich wie tot. Und kulturelle Events gibt es eigentlich auch keine mehr. Dies führt dazu, dass wir als Weltwärtsler wieder etwas mehr zusammen unternehmen, also entweder selbst kochen oder auswärts essen gehen. Etwas anderes kann man ja nicht machen.

    -wenn man mittags bereits nach 15min in der Sonne einen Sonnenbrand bekommt und das, obwohl man eigentlich schon recht braun gebrannt ist und man eigentlich nur irgendwo zum Essen hinfahren möchte und wieder zurück zur Arbeit. Dies führt dazu, dass man an seinen freien Wochenenden tagsüber nichts draußen unternehmen kann und trotz des sonnigen Wetters (naja eigentlich gerade wegen), immer irgendwo drinnen hocken muss. Selbst die beste Sonnencreme hilft da nicht wirklich weiter. Kleine Anmerkung: Während des Monsuns hat einen der Regen daran gehindert, etwas draußen zu unternehmen. Jetzt ist es die Sonne.

    -wenn Schwimmen die einzige vernünftige Sportart ist, die man jetzt noch hier betreiben kann. Aber nur im Schwimmbad, denn im Meer tummeln sich zur Zeit recht viele Feuerquallen, wie manche von uns schmerzhafter Weise schon feststellen mussten

    -wenn man überall kleine, rote, juckende Punkte/Pickel auf der Haut bekommt, also „Prickly Heat“

    -wenn das Wasser aus der Leitung einen manchmal fast verbrennt, da der Wassertank auf dem Dach steht und tagsüber ordentlich aufgeheizt wird

    -wenn das Leben in Pondicherry erst nach Einbruch der Dunkelheit beginnt, da alle tagsüber vor der Sonne flüchten

    -wenn man nicht mehr barfuß weder in Tempeln noch auf steinigen Bergen laufen kann (auch nicht, wenn die Sonne bereits untergegangen ist)

    -wenn man einen Pizzaabend auf Discipline begeht, ihn mit Weihnachtsgesang einläutet und sich vor dem brennenden Holzofen den Sternenhimmel unter Palmen anschaut, da man ja noch nicht genug schwitzt auch ohne Feuer


  4. Blog der 4.

    4. Mai 2018 von Niklas

    Nun ist es jetzt schon eine weile her, dass ich ein Bericht geschrieben habe.
    In dieser Zeit ist natürlich einiges Passiert. Es ist so viel passiert, dass ich bestimmt vieles vergesse, aber ich versuchs mal.

    In der Schule, oder eher auf der Arbeit, geht es mir wirklich richtig gut!

    Die Kinder sind richtige Freunde von mir. Die sind einfach richtig super.
    Das Lehren an sich ist so ganz ok, aber mit den Kindern ist es immer sehr witzig und macht viel spaß. Vielen habe ich auch schon meine Adresse weitergegeben, damit die mich dann besuchen wenn sie groß sind. Anfangs hatte ich noch nicht so eine Verbindung mit den Mädchen, mittlerweile mache ich aber mit den Mädchen genau so quatsch wie mit den Jungs. Im Unterricht blödeln wir natürlich nicht rum! Denn wie ein Schüler gesagt hat: „when we have class you are our teacher and in the breaks we are friends.“ (Klappt so leider nicht überall)
    In den Pausen laufe ich über den Schulhof, spiele mit bombaram (Indisches Spielzeug) oder quatsche mit Schüler/innen.

    Was wirklich neu ist, ist dass ich angefangen habe einen kleinen „Parkour Spielplatz“ zu bauen.
    Damit geht es mittlerweile auch richtig voran! Wir haben schon einen Sandkasten, die Kletterwand ist so gut wie fertig, ein Seil zum schwingen, einige reifen zum herumhüpfen. Wenn ich in der Pause oder während einer Freistunde gebaut habe und die Kinder das mitgekriegt haben, haben die mich Ausdauermäßig in Grund und Boden gearbeitet. Die Kinder haben sich fast schon gestritten wer denn jetzt als nächstes buddeln darf.

     

    Die Wohnsituation hat sich sehr stark verändert! Von der Luxus Bude „Protection“ in Kuliapalayam in die Bambushütte in „Discipline“.
    Das leben hier ist ganz anders als in Protection, aber ich bin viel glücklicher hier!
    Ich komme hier sehr gut zur Ruhe. Keine Geräusche von Motoren, kein Geschreie, kaum Tempelmusik. Die einzigen Geräusche sind Kühe, Vögel und Farmarbeiter/innen. Die Kapsel (Bambushütte) ist nicht wirklich verschließbar, also bin ich eigentlich immer draußen.

    Während den Ferien arbeite ich in der Schule zusammen mit den „Ammas“.

    Amma heißt Mutter auf Tamil, ist aber zusätzlich auch eine Berufsbezeichnung.

    Die Ammas machen, mit dem Gardener, die ganze Fleißarbeit rund um die Schule.
    Mit denen zusammen zu arbeiten macht sehr viel Spaß!

    Ich lerne nebenbei Tamil, wir lachen viel zusammen und ich hab Abwechslung vom Unterrichten.

    Wenn ich mal nichts zu tun hatte, bin ich in das Dorf gefahren um mit ein paar Schüler/innen Bombaram zu spielen. Meine Schüler wollen mir dann immer ihr zu hause zeigen, woraufhin ich immer direkt von den Eltern zum essen eingeladen werde.
    An einem Tag hab ich mit 5 Schülern im Dorf Parkour gemacht, echt sehr talentierte kids!

    Mittlerweile freue ich mich auch schon sehr auf zu Hause, meine Familie und Freunde, aber ich freue mich genauso auf die noch kommenden 4 Monate Indien!

     

    Der Anfang des Sandkastens

    Kletterwand kommt dazu

    Teepause mit den Ammas 

    Bombaram im Dorf

    Parkour im Dorf

    Ohrring im klassischen stile

     

    thiruvannamalai

    Meine Hütte von Jan-März

     

     

     


  5. Stille Nacht

    19. April 2018 von Nina

    (Leben in Discipline)

    Schlafen im Schatten des Geckos

    Was war mein größter Irrtum ante-weltwärts über das Leben in Indien? Hatte mein unschuldiges, unbescholtenes und hinterwäldlerisches Selbst nicht mit dem Müll, den Stromausfällen, der Armut, der Wärme, der Sonne, den Kühen, der indischen Mentalität oder dem scharfen Essen gerechnet? Nein, die Vorbereitungsseminare ließen keinen dieser Fakten unerwähnt. Jedoch hatte ich irgendwie die ziemlich abwegige Illusion, dass sich in den dunklen Stunden eine friedliche Stille über das ländliche Indien legen würde. Ähm, ich kann nur sagen: Nein.

    Kitchen-Aid

    Dieser Fakt fiel mir wieder ein, als ich eine übernächtigte Besucherin morgens in der Küche traf, die ihr Jetlag auf Grund von erhöhter Lärmbelastung der Naturklänge nicht ausschlafen konnte. Hoffentlich konnte die bezaubernde Gesellschaft (gerade leben Jasper, Jola und ich in den Kapseln in Discipline), die idyllische Lage (im wuchernden Grün der biologischen Farm), das bunte, erstaunende und schöne Drumherum und unser Zuhause unseren kritischen Gast ausreichend entschädigen.

    Als die Gottesanbeterin in meine heiligen Hallen pilgerte

    Vor allem die Küche ist als der WG-Verkehrsknotenpunkt eine Sehenswürdigkeit an sich. Als Inventar befinden sich ein gelber Küchentisch mit ausgeblichenem rot-orangen Muster inklusive Bank und Hocker, eine auf dem bodenliegende sofaähnliche Ansammlung von Polstern, als Lebensmittelaufbewahrungsorte Schrank, Regal und Kühlschrank (in absteigender Ameisensicherheit geordnet) und neben den üblichen Kücheneinrichtungen (Herd & Spüle) noch eine kleine Bibliothek. Für eine regelmäßige Körperwässerung steht das Bad eine Tür weiter zur Verfügung und bezaubert durch eine geräumige Dusche, die aber aktuell auf Grund von limitierten Dusch-Armaturen nicht in voller Gänze genossen werden kann. In diese beiden heimeligen und vor allem kühlen Höhlen gelangt man von der sogenannten „Terrasse“, die mit einem riesigen gelben Tisch mit aufgemalten Spielfeldern ausgestattet ist, dessen Nutzung selten ist und, wenn vorhanden, eher einer Liegefläche gleicht.

    Happy Family

    Für die oben genannten feinen Schönheiten ist der gemeine Tourist aber meist eher blind. Die besuchenden Familien und Freunde steuern meist zielgerichtet auf die Hauptattraktion zu: die Komposttoilette! *Hust*

    Mehr als störend werden dabei die im Weg stehenden Kapseln, aus Naturmaterialien gebaute Stelzenhäuser (Nein, keine Baumhäuser!), wahrgenommen. Diese drei unterschiedlich großen und luxuriösen Behausungen wurden dieses Jahr durchgängig von drei oder vier Weltwärtslern bewohnt. Seit mehr als vier Monaten genieße ich meinen Blick auf Indien von der obersten Treppenstufe der größten Kapsel. Bin Gast bei den vorbeihuschenden Tieren. Wische Sägemehl von meinen Besitztümern. Schlafe mit Grillenzirpen ein, um von Tempelmusik und Streifenhörnchen geweckt zu werden.