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Rebecca – Aikiyam School

Der erste Quartalsbericht- Sind wir tatsächlich schon drei Monate hier? Erst drei Monate? Die Zeit ist unglaublich schnell vergangen. Wenn man jedoch auf die vielen Erlebnisse und Erfahrungen zurückblickt, scheint es, als wären wir schon ewig hier.

Habe ich mich für das richtige Projekt entschieden? Wo will ich wohnen? Wie wird das Essen wohl sein? Ist mein Motorrad zu groß für mich? Alle Sorgen und Gedanken, die ich mir in Deutschland gemacht habe, hätte ich mir wohl sparen können.

Indien, Auroville, Kuilapallayam hat mich in seinen Bann gezogen. Fasziniert von allem habe ich mich hier sehr schnell eingelebt.

Besonders in meinem Projekt, der Aikiyam School ist es mir schnell gelungen Fuß zu fassen. Sowohl von meinen Lehrerkollegen als auch von den Kindern wurde ich mit offenen Armen empfangen, was mir den Einstieg in meine Arbeit sehr leicht gemacht hat. Gleich in der zweiten Woche haben wir einen Lehrerausflug nach Chidambaram gemacht. Wir haben gemeinsam gefrühstückt, den großen Tempel besichtigt und schließlich auch eine Bootsfahrt in den Backwaters gemacht. Hier konnte man sich schon einmal „beschnuppern“ und langsam kennenlernen. Es war wunderschön, die Lehrer so ausgelassen, fröhlich und scherzend zu erleben!

Mittlerweile ist mein aufregendes Leben hier in der Aikiyam School zum Alltag geworden.

Gemeinsam mit meinem Co-Teacher Selvaraj bin ich Klassenlehrerin der 3. Klasse. Meine zwanzig Drittklässler sind zwischen 7 und 9 Jahren alt. Nach einer kleinen Morgenrunde startet das tägliche Ritual: Die Kinder beten, dann wird die Anwesenheit kontrolliert, jeder erzählt, was er gefrühstückt hat, Beschwerden werden besprochen und die Kids haben Zeit, Bücher aus der Bücherei zu lesen. Zusätzlich ist jeden Montag „Checking Day“: Hier wird auf die Pflege der Kinder geachtet. Fingernägel, Haare, Zähne, Schuluniform, Schuhe, Schulranzen usw. werden kontrolliert.

Ab 9.00 Uhr beginnt der reguläre Unterricht mit dem Fach Englisch. Selvaraj und ich teilen uns die Arbeit gut auf, sodass jeder einen Teil am Unterricht übernimmt. So arbeite ich sowohl in der Rolle des Assistenzlehrers, als auch häufig in der des Lehrers. Ich lese mit den Kindern, korrigiere und erkläre. Wir singen, machen Lernspiele oder üben Zungenbrecher. Donnerstags halte ich eine Stunde Englische Grammatik komplett selbstständig. Bisher haben die Kids verschiedene Satzstrukturen kennengelernt.

Um 9.45 Uhr fängt die zweite Stunde an. Täglich wechseln sich die Fächer Science und Social Science ab. Hier lernen die Kids Verschiedenstes über Land, Leute, Natur und Kultur.

Da die Aikiyam School eine bilinguale Schule ist, läuft aller Unterricht (außer natürlich Tamil) auf Englisch ab. So habe ich keine Verständigungsprobleme.

Um 10.30 Uhr treffen sich alle zur Snackpause. Es gibt Chai und je nach Tag Marmeladenbrot, Käsebrot oder Kichererbsen.

Um 11.00 Uhr hat meine Klasse Mathematikunterricht bei einem anderen Lehrer. In diesen Stunden variiert meine Arbeit von Unterrichtsplanung über Korrigieren, Lehrmaterial basteln, Laminieren und Internetrecherchen bis hin zum Erstellen von Klausuren.

Um 12.00 Uhr beginnt unser Mathematikunterricht in der zweiten Klasse. Die Kids lernen Addition, Subtraktion, Multiplikation und geometrische Figuren kennen. Ich denke mir Aufgaben aus, rechne an der Tafel vor oder versuche auf spielerische Weise neue Themen einzuführen. Manchmal bekomme ich eine Kleingruppe Kids zugeteilt und mache mit ihnen Einzelunterricht. Meist können sich die Kinder hier besser konzentrieren und sie sind auch durch die Aussicht auf einen „STICKER“ sehr motiviert! Hier erlebe ich des öfteren kleine Erfolgserlebnisse.

Viele meiner Zweitklässler sprechen meinen Namen Rebecca „RebAKKA“ aus, und das finden sie ganz lustig. „AKKA“ ist auf Tamil die große Schwester, und die bin ich mittlerweile für sie alle. Egal wo ich bin- am Meer, im Dorf, zu Hause, beim Einkaufen – von überall her ruft es „AKKA!AKKA!AKKA!“ und die Kids winken und lachen mir zu.

Um 12.45 Uhr heißt es auf zum Lunch! 200 Kids in grün-karierten Hemden und grünen Hosen/Röcken stehen in einer Reihe vor der Essensausgabe. Zu Mittag gibt es täglich Reis mit Sambar, Buttermilch und einer Banane. Je nach Tag gibt es Kartoffeln, Kraut, Rotebeete oder ein Ei dazu. Ich esse täglich mit den Kids auf dem Boden. Die Atmosphäre ist entspannt, es wird gelacht und ich lerne andere Seiten der Kinder kennen. Momentan sind sie eifrig dabei mir Tamil beizubringen- mehr oder weniger erfolgreich.

Meine zwei Nachmittagsstunden sind von Tag zu Tag unterschiedlich. So habe ich mittwochs „Be true not violent“- Unterricht. Ein Projekt, bei dem die Kinder durch eine Bildergeschichte verschiedene Konflikte und dazu passende Lösungen kennenlernen. Teilweise fragen wir die Kinder, ob sie bestimmte Situationen wie beispielsweise häusliche Gewalt schon erlebt haben. Dabei kommt es vor, dass sich die Kinder emotional öffnen und über ihre Lebenssituation sprechen. Anfangs war ich extrem schockiert, dass die Kinder vor der ganzen Klasse danach gefragt werden… Aber es ist tatsächlich so, dass die Kinder sich untereinander Tipps geben können und jeder ähnliche Probleme zu Hause hat.

Zweimal die Woche habe ich die Chance in die sogenannten „Options“ reinzuschnuppern. Hier können die Kids verschiedene Aktivitäten wie Töpfern, Schreinern, Schneidern, Tanz, Gesang oder Kunst wählen. Momentan nehme ich am Töpfern und Schneidern teil- ganz zur Freude der Schüler, die mir tatkräftig überall unter die Arme greifen aber sich natürlich auch gut amüsieren, wie ich mit der manuellen Nähmaschine zu kämpfen habe.

Nach der Schule helfe ich zweimal pro Woche auf dem Sportsground mit. Zuerst hatte ich beim Volleyball mitgemacht. Mittlerweile habe ich aber eine andere Aufgabe gefunden: Ich gebe gemeinsam mit einem Bademeister Kindern aus der 7. Und 8. Klasse Schwimmunterricht. Leider wird das Schwimmbad gerade saniert, so legen wir eine kurze Pause ein, aber ich freue mich wenn es bald wieder los geht.

Alles in allem macht mir meine Arbeit total viel Spaß. Ich bin komplett fasziniert von den Aikiyam Schulkindern. Diese Offenheit, Disziplin, Herzlichkeit und besonders die Dankbarkeit, die sie jeden Tag zeigen, rührt mich. Ich bin glücklich, dass ich mein Jahr hier mit ihnen verbringen darf und ich muss gestehen, dass sie mir jetzt schon alle sehr ans Herz gewachsen sind.

Außerhalb der Schule läuft für mich soweit auch alles sehr gut. Ich habe ein schönes Zimmer in der Teacher’s Residence, wo ich zusammen mit Julia wohne. Am Wochenende mache ich gern kleine Ausflüge wie z.B. nach Mamallapuram oder Thanjavur. Ansonsten probiere ich Yoga, Pilates, Aerobic und Fitness aus. Hier in Indien bekomme ich Lust zu lesen, kochen und Neues zu versuchen.

Meinen weiteren 8 Monaten hier in Indien blicke ich mit Vorfreude und Spannung entgegen. Ich bin sicher, dass es eine unvergessliche, erfahrungsreiche, aufregende Zeit für mich wird.

 

 

 

 

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