Vom 14. bis 17. Mai dieses Jahres trafen sich mit Auroville und dem Integralen Yoga Verbundene in Herbstein (Osthessen).
Zunächst schien das Seminarhaus eine Notlösung. Der Seminarraum für die Veranstaltungen im Plenum wirkte etwas gedrängt, der erste Besuch bei Regen ließ es ungemütlich erscheinen. Als zu Beginn unseres Treffens am Donnerstag aber der strahlende Sonnenschein durch die großen Fenster auf das mit Tüchern und Blumen dekorierte Zentrum des Stuhlkreises in unserem Seminarraum flutete und sich die Auroville-Freunde zu einem ersten Austausch dazusetzten, zeigte sich schon, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Kaspar und Matthias starteten das Programm mit einem Kennenlernspiel, bei dem sich alte und neue Weltwärtsler, Aurovilianer und Auroville-Freunde zusammenfanden und sich ausmalten, wie sie gemeinsamen einen schönen Tag in Auroville verbringen würden. Danach ließen wir den Anreisetag mit einem neuen Film aus Auroville ausklingen.
Am nächsten Morgen ging es von unseren gemütlichen Bungalows entweder über die Sonnenterrasse oder vorbei am Büchertisch mit Publikationen, Filmen, T-Shirts und Taschen aus Auroville zum Hauptgebäude und dem Essraum. Von dort hatten wir bei den Mahlzeiten – für die das bemühte Küchenpersonal sogar auf vegane Rezepte umstellte – einen wundervollen Blick ins Tal und auf die Wälder. Vor dem Frühstück meditierten besonders Aktive mit Gitta oder nutzten tagsüber die Wiese auf dem Hang ins Tal, um sich bei Gesprächen zu sonnen und Frisbee zu spielen.
Der erste Vormittag startete mit Georgs Vortrag „Harmonie im Missklang – die Welt als Entfaltung von Bewusstsein“. Ausgehend von Sri Aurobindos Philosophie eröffnete er uns eine inspirierende Perspektive auf die Prozesse in uns und in der Welt, die wir gern „Probleme“ nennen. Vielleicht steht ein anderes Bewusstsein hinter diesen negativ „wirkenden“ Dynamiken, das uns erlaubt, sie als Entwicklungschancen aufzufassen. Ausgehend von dieser Betrachtungsweise tauschten wir uns in Kleingruppen zu Themen wie Umwelt, Medizin oder Politik aus. Parallel bot Helmut einen Dialog zum Thema „Wissenschaft und Spiritualität“ an. Anschließend teilten wir im Plenum unsere hoffnungsvollen Blickwinkel. So könnten zum Beispiel die Herausforderung des globalen Klimawandels zu einem neuen Sinn von Einheit in der Menschheit beitragen oder Probleme im Gesundheitssystem zu einer stärkeren individuellen Selbstverantwortung.
Am Nachmittag ging es mit Berichten aus und einer Gesprächsrunde über Auroville weiter. Unter anderem entstand eine lebhafte Diskussion über die intensive und langjährige Arbeit der deutschen Pavillongruppe, als über aktuelle Entwicklungen in der Internationalen Zone und über die Europäische Zeremonie berichtet wurde. Interessante Perspektiven auf den Landkauf in Auroville bot eine Diskussion mit Aurovilianern und es wurden Möglichkeiten für weiteres Fundraising im Rahmen der „Acres for Auroville“–Kampagne ausgetauscht. Außerdem wurde zum Bericht über den „Auroville Retreat“ ein Film der Auroville-Jugend über ihre Wünsche für Aurovilles Zukunft gezeigt. Besonders berührend war die Anwesenheit und kurze Vorstellung einer jungen Tamilin, die aufgrund des auch von einigen unserer Mitglieder geförderten Projekts „Ausbildung für Dorfmädchen“ ein Studium in Chennai absolvieren konnte und gerade ein Au Pair-Jahr in Deutschland hinter sich hatte. Insgesamt bekamen wir also eine Möglichkeit, mehr über Entwicklungen in Auroville zu erfahren und uns über Möglichkeiten der Mitarbeit zu informieren.
Am Abend lauschten wir gespannt einem Vortrag von Anu und Vinaya mit dem Titel „Yoga Psychology – A Tool to know oneself“. Die beiden indischen Psychologen gaben uns einen Überblick über die westliche Psychologie und wie die praktische Psychologie der indischen Yoga-Traditionen unser Bewusstsein nach innen führen kann. Nach diesem intensiven Tag entspannten wir uns am Lagerfeuer, gut unterhalten durch Gitarren, Trommeln, unsere Sangeskünste und eine Feuer-Show der ehemaligen Freiwilligen Arina.
Der Samstag begann mit einer gut besuchten Herzmeditation für Frühaufsteher mit Christa. Bei der Mitgliederversammlung am Vormittag stellten die Kassenprüfer Christoph und Kaspar ihren Bericht vor. Der Vorstand wurde für seine Arbeit gelobt, entlastet und wiedergewählt. Kaspar und Matthias werden die nächste Kassenprüfung durchführen. Auch die Beteiligung der jüngeren Vereinsmitglieder wurde thematisiert. Es zeigte sich, dass sie sich selbst ausreichend wahrgenommen fühlen und sich nach eigenen Interessen und Kapazitäten involvieren. Es wurde noch einmal betont, dass der Vorstand zwar ein nach deutschem Recht notwendiges Organ eines gemeinnützigen Vereins darstellt, nützlich für Interaktion mit anderen Institutionen, das Sammeln von Spenden für Auroville, etc. – aber damit natürlich nicht die Zahl der aktiven Vereinsmitglieder auf „fünf“ reduziert ist. Alle Vereinsmitglieder – ganz gleich welchen Alters – sind eingeladen, in der Gemeinschaft der Auroville-Freunde aktiv zu werden und gemeinsame Projekte umzusetzen. Ähnlich wie in Auroville kommt es unabhängig von Titeln oder Ämtern auf die Eigeninitiative an. Der Wunsch nach weiteren gemeinsamen Aktionen über das Jahr und Möglichkeiten der Umsetzungen wurden im Abschluss-Sharing wiederholt. Am Nachmittag genossen manche von uns einen Spaziergang durch die schöne Natur in der Umgebung, während andere an einem Workshop zum Integralen Yoga mit Ortwin teilnahmen.
Danach trafen wir uns wieder zum Bericht der ehemaligen Freiwilligen zu ihrem Jahr in Auroville. Muna stellte gerührt fest, dass neben den langjährigen Auroville-Freunden in diesem Jahr aus jeder Weltwärts-Generation mindestens ein Freiwilliger vertreten war. In dieser familiären Atmosphäre teilten die Freiwilligen Paul (WW 2012) und Amelie (WW 2013) mit bewegender Offenheit ihre Erfahrungen mit uns. Paul ließ uns an seiner Entwicklung einer tiefen Naturverbundenheit durch die Arbeit in Sadhana-Forest, auf der Discipline-Farm und seine Reisen durch Indien und den Himalaya teilhaben, die sich jetzt im Studium nachhaltiger Landwirtschaft fortsetzt.
Amelie, die ihre Tatkraft ebenfalls auf der Farm einsetzte und uns Einblicke in ihre inneren Prozesse gab, studiert jetzt Psychologie. Durch ihre Erfahrungen in Auroville inspiriert, will sie ihren Beitrag dazu leisten, den Horizont der westlichen Psychologie zu erweitern.
Am Abend wurde das Qualitätssiegel für Entsendeorganisationen QUIFD mit einem großen Lob für die geleistete Arbeit vom Prüfer an AVID übergeben. Während die neuen Weltwärtsler meist parallel zu den Veranstaltungen der Auroville Tage auf ihre Zeit in Auroville vorbereitet wurden, stellten sie sich jetzt mit vorbereiteten Spielen und einem Auroville-Song vor. Zuerst gab Jan, der dieses Instrument während seines Freiwilligendienstes in Auroville erlernt hatte, ein Tabla-Konzert. Danach lachten wir uns durch pantomimische Darstellungen der Lieblingsspeisen der neuen Freiwilligen, errieten überraschende Begebenheiten ihrer Lebensläufe wie Rodeo-König-Titel, verschiedenste Haarfarben oder Festnahmen, die uns stereotype Vorurteile vor Augen führten, und sangen gemeinsam ein von ihnen komponiertes Auroville-Lied. Später teilte Mark, der Vater unserer ehemaligen Weltwärtslerin Mirella, mit uns seine Passion für historische Tänze, die er routiniert anleitete und uns nach Zugaben riefen ließen. Erschöpft aber glücklich unterhielten wir uns noch etwas an der Bar oder fielen in unsere Betten.
Zum Abschluss des Treffens teilten wir eine besondere Meditation. Christoph hatte mit Aurovilianern, Weltwärtslern, Seil, Karabinern und viel Spaß an der praktischen Aktion ein Labyrinth entstehen lassen. Er erklärte uns, dass es sich nicht um einen „Irrgarten“ handle. Stattdessen könne sich jeder eine gerade wichtige Frage mit auf den Weg durch das Labyrinth nehmen. Den Windungen des Labyrinths hinein zum Mittelpunkt und zurück folgend, würden wir unser inneres Rätsel von verschiedenen Seiten betrachten können. Auf der grünen Wiese in der Nähe unseres Seminargebäudes war eine stille und konzentrierte Atmosphäre spürbar, als wir uns zuerst vor dem Labyrinth sammelten und dann nacheinander schweigend hindurchschritten. Die meditativen Spaziergänger begegneten sich auf ihren Wegen und grüßten sich mit einem Lächeln oder einer Umarmung.
Beim Abschluss-Sharing spiegelte sich dann auch diese Atmosphäre wieder. Einer der neuen Weltwärtsler brachte es auf den Punkt: Er habe sich weniger wie auf einem Vereinstreffen, sondern mehr wie auf einem Familienfest oder einer Hochzeit gefühlt. Es wurde große Freude und Dankbarkeit über die gemeinsame verbrachte Zeit und den Austausch geteilt. Jemand empfand es so, als hätte das Treffen „immer im Moment“ stattgefunden – „wie bei der Begegnung von seelischen Wesen“. Der größte Wunsch war, diese Gemeinschaft auch über ein alljährliches Treffen hinaus zu erhalten und zu vertiefen. Hierzu haben wir jederzeit durch selbst organisierte Stammtische, Ausflüge, Feste, Regional-Gruppen, Fundraising-Aktionen oder andere Veranstaltungen wie Vorträge und Workshops die Möglichkeit. Unserer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. In diesem Sinne: Liebe Besucher der Auroville Tage 2015– vielen Dank für das schöne Wochenende! Bis bald.