RSS Feed
  1. Von einer die auszog, die Einsamkeit zu lernen

    3. Februar 2016 von Laura

    Wer wandernd nicht Gefährten trifft,
    die besser, oder doch ihm gleich,
    zieh einsam fest die Straße fort –
    Gemeinschaft gibt’s mit Toren nicht.

    Buddha

    Auf dieses Zitat bin ich gerade gestoßen und fand es sehr passend, auch wenn es bei meinem minimalistischen Aesthethikempfinden einen Unwillen – vergleichbar mit dem mit welchem meine Chefin über bunte Rangolis spricht oder unsere Ama die Töpfe beim Saubermachen stehen lässt – auslöst.

    Und doch ist es sehr zutreffend für mich. Ich ging nach Auroville mit vielen Vorstellungen, wie ich an mir arbeiten könnte und was sich verändern würde. Doch eine meiner Idealvorstellungen war, und das ist es immer noch zum Teil, die Einsamkeit zu lernen und sie umarmen zu können wie einen alten Freund. Damit ich selbstzufrieden, ohne mich auf andere verlassen zu müssen oder mich selbst einzuschränken, durch’s Leben gehen kann. Ein nach wie vor guter Vorsatz, wie ich finde. Dabei habe ich jedoch nicht die Kraft der Gemeinschaft hier einberechnet. Dass auch dabei andere Menschen eine Rolle spielen, und ja, auch benötigt werden. In den letzten paar Wochen vorallem habe ich immer stärkere Gemeinschaftsgefühle entdeckt und eine Liebe, die tiefer geht als alles, was ich bis jetzt gespürt habe – für die Umgebung hier, für die Menschen, die ich immer näher kennenlernen darf, aber auch für Fremde, die hierherkamen, und für die Mirriade an möglichen Zukunftssträngen, die vor mir liegen so wie der blinkende Sternenhimmel über unserer Dachterasse, der mir heimlich zuzuzwinkern scheint.

    Ich habe oft das Gefühl, dass es gleich meine Brust sprengt vor Dankbarkeit und Freude und… ja auch ein bisschen Demut, das hier erleben zu können. Und anscheinend hatte Buddha Recht, ich musste so weit reisen und mich in neuen Umlaufbahnen bewegen – physisch und geistig – um etwas zu finden, was so unglaublich nah ist und alles überspannt wenn ich es nur zulasse. Das möchte ich mir wirklich bewahren, die Tore noch weiter aufstoßen. Und wenn das nicht geht, dann komme ich halt zum Fenster rein.


  2. Ach, ist das schön hier

    16. Januar 2016 von Felix Pander

    Morgens in der Kapsel auf Discipline aufwachen, das Mückennetz, Hüttendach und darüber die sonnenbestrahlten Palmen sehen, vor einem blauen Himmel… die frische Luft riechen, die Ruhe im Grünen geniessen…

    Voller Freude auf dem Motorrad durch die Gegend brausen, sei es zu Freunden, ins Kino oder zu einem Workshop, Abendunterhaltung oder zum Essen…

    Sich jetzt in der Touristensaison fast wie ein Einheimischer Aurovillianer zu fühlen und den ganzen Touristen erklären, wie sie jetzt nochmal wohin kommen…

    Weihnachten und Silvester gemütlich gemeinsam in der Gruppe verbringen…

    In einem Bambus-Workshop neue Leute kennenlernen, mit tollen Ideen und an der Umsetzung mitarbeiten…

    Am Strand in der Sonne liegen, das Meer, die Wellen, das Wasser geniessen…

    Lecker Essen gehen…

    Auf Reisen tolle andere Orte in Indien entdecken, an einer staatlichen Safari durch einen Nationalpark teilnehmen und Elefanten in freier Wildbahn in einem wunderschönen Wald sehen…

    Weltwärts-Freiwillige aus anderen Teilen Indiens in Auroville treffen und deren Geschichten hören…

    Das mehrfach wöchentliche Eis auf La Terrace…

    Die Gemeinschaft in der Gruppe…

     

    Selbst wenn einen nachts der Tempel gerade jetzt zu Pongal weckt, die Moskitos noch beissen, die Pflichten hier und da manchmal etwas grösser ausfallen, die Küche nicht immer sauber hinterlassen wird 🙂 oder ein guter Mitfreiwilliger und Freund, der von Anfang an da war, fertig ist mit seinem Freiwilligendienst und daher Auroville verlässt (und man dabei merkt, wie schnell die Zeit vergeht)…

     

    Es ist einfach schön hier, im Dschungel 🙂


  3. Hast du dich schon eingelebt?

    22. Dezember 2015 von Flo

    Wenn ich um 05.00 Uhr morgens von der Tempelmusik geweckt werde, wenn meine Nachbarin vergeblich versucht um 06.00 Uhr Chai-Tee vorbei zu bringen, wenn ich morgens aus meiner Zimmertüre trete und eine Urinlache von den zugelaufenen Hunden auf mich wartet, wenn ich nicht in die Pfütze trete sondern mit einem Lächeln darüber hinwegschreite und versehentlich auf einen Tausendfüßler steh, wenn ich in Flipflops, T-shirt und kurzer Hose auf mein Motorrad steige um zur Arbeit zu fahren und wenn der Weg zur Arbeit von einer suizidgefährdeten Kuh blockiert wird, wenn ich von zwei hupenden Motorräder gleichzeitig überholt werde, wenn mich der Schulbus von der Straße abdrängt, wenn am Straßenrand Fisch verkauft wird – in der prallen Sonne – . wenn sich um 10.00 Uhr eine Internationale Gruppe trifft um zusammen Tee zu trinken, wenn ich um 12.00 Uhr in die Solarkitchen gehe um zu essen, wenn ich nach meiner Portion noch den Rest anderer Freiwilligen unter dem Motto „WasteLess“ essen darf, wenn ich nach dem Essen zum PTDC rolle um einzukaufen und nach der ausreichenden Mahlzeit mit Anneke noch einen Schokokuchen bei Aurovelo nasche, wenn ich trotz der Hitze lieber im Garten arbeite als im Office, wenn ich nach der Arbeit die Möglichkeit habe zum Yoga zu gehen oder MMA zu machen, wenn ich nach Hause komme und mit meiner WG abendesse, wenn wir uns regelmäßig gegenseitig als verrückt erklären, wenn wir unser Bedürfnis nach körperlicher Zuneigung durch Gruppenkuscheln befriedigen und wenn das alles nur ein Tag war dann hab ich mich in Auroville eingelebt.

    Wenn die Regenzeit beginnt, wenn es Tage lang regnet, wenn es ein Jahrhundertregen gibt, wenn die Kleidung niemals Trocken wird, wenn sich ein leichter aber prägnanter Duft von Schimmelpilz im Zimmer ausbreitet, wenn die Sonne nur noch ab und zu ihr wärmendes Gesicht zeigt, ja dann weiß ich, dass ich mich im Monsun eingelebt habe.

    Wenn Seen entstehen wo zuvor Wüsten waren, wenn Graß wächst wo nur rote Erde war, wenn ich in den Bus einsteige und 8 Rupies zahle für eine Fahrt, wenn ich über den Sundaymarket laufe und mit dem Angebot leicht überfordert bin, wenn es zum Abendessen Parotha gibt und zum Frühstück Idli, wenn ich im Fußballstadion die Hero Super League verfolge, wenn ich nach dem Bus frage und als Antwort „wait wait wait“ bekomme, wenn mir der Verkäufer erzählen möchte dass mir Größe S genauso gut passen wird wie Größe XL, wenn sich der Signalton vom Rückwärtsgang eines Autos anhört wie die polyphone Version von „Für Elise“ aus dem Jamba Sparabbo, wenn sich wildfremde Menschen in Bus und Bahn miteinander unterhalten als würden sie sich seit Jahren kennen, wenn es sich Passanten zur selbstverständlichen Aufgabe nehmen mit mir zu warten bis ich in den richtigen Bus steige, wenn ich in die Berge fahre und merke dass ich viel zu wenig warme Klamotten dabei habe, wenn die Kühe statt auf wiesen in der Stadt grasen, wenn 80 Gerichte auf der Speisekarte aufgelistet sind aber nur 4 zur Auswahl stehen, wenn ich bei Stromausfall im dunkeln auf die Toilette gehe und erst hinterher bemerke, dass eine Maus drin schwimmt und mich das nicht wundert,  wenn der Winter sich anfühlt wie Sommer und wenn die ersten Weinachtsmänner vor dem Kaufhaus einen Sonnenbrand bekommen, ja dann hab ich mich in Südindien eingelebt.

    liebe Grüße an alle die sich grade irgendwo einleben!

     


  4. Update der Projekt Seiten auf dem Auroblog

    3. Dezember 2015 von Kaya

    Hi ihr da draussen, die ihr nicht seit 5 Wochen vom Monsun-Regen geplagt werdet… Hier ist alles einfach nass, überflutet und schimmlig – kurz – der heftigste Monsun seit mehr als 10 Jahren.

    Aber darum soll mal gar nicht gehen sondern um den Blog hier. Es gibt im Menü ja den Punkt Projekte wo viele mittlerweile Ehemalige vor Jahren mal ihre Projekte genauer beschrieben haben – einer der Anlaufpunkte für Alle, die sich näher für Weltwärts in Auroville interessieren oder sogar schon angenommen sind und sich jetzt noch für ein Projekt entscheiden müssen… Leider sind viele dieser Seiten in letzter Zeit nicht aktualisiert worden und (glücklicherweise) sind auch neue Projekte dazugekommen.

    Als Info für alle, die sich vielleicht gerade für die nächste Generation bewerben und über diesen Block gestolpert sind: Wir arbeiten gerade daran, diese Seiten zu aktualisieren. Heute ist auch die Seite fürs WasteLess Projekt geschrieben worden: Zur WasteLess Seite hier… Schaut euch die Projektbeschreibungen trotzdem mal an, die meisten Infos stimmen noch…

    Liebe Grüße 🙂

    p.s. Falls ihr Fragen habt oder jemanden etwas fragen wollt, der gerade hier in einem der Projekte arbeitet, schreibt über die Kontakt Seite.


  5. Indischer Fußball – Oxymoron?

    29. November 2015 von Lukas

    Die Indian Hero Super League wurde 2013 gegründet, um Fußball in Indien populärer zu machen und in Zukunft indische Nationalspieler herauszubringen, welche ihre Nation durch die Qualifikation zur WM-2022 führen können. Die Indian Hero Super League nahm ihren Spielbetrieb, erstmals 2014 auf. Es gibt 8 Mannschaften aus ganz Indien, die zwischen Oktober und Dezember gegeneinander antreten und in einer finalen Playoff-Runde um die Meisterschaft spielen. Die Haupt-Attraktion der Liga sind in die Jahre gekommene Fußball Stars wie Roberto Carlos, Marco Materazzi oder Luis Garcia. Die Art der Liga – keine Auf- und Abstiege, sondern Sportfranchises – und deren Qualität wird in Europa zumeist belächelt. Kann so eine Liga nicht ernst genommen werden oder hält die Liga, was sie auf ihrer Homepage verspricht. Drei Freiwillige wollten es ganz genau wissen.

    Unser Trip hätte nicht besser starten können: Überschwemmung in Chennai. Aufgrund dieser kurzen und prägnanten Meldung wurde unsere Tripvorbereitung, um einiges komplizierter als gedacht: „Wird das Spiel überhaupt stattfinden, wenn halb Chennai unter Wasser steht?“, „Was müssen wir nun alles einpacken?“ und „Können wir den Reisepass bei soviel Regen überhaupt mitnehmen?“.

    Am Ende sind Flo, Hilal und ich mit einem Taxisharing relativ billig, schnell und trocken um 12 Uhr in Chennai angekommen. Achja, es hatte ja überhaupt nicht mehr geregnet. Unsere Tickets für’s Spiel hatten wir bereits online erworben und so konnten sie ohne große Umschweife an der Ticket Box mitgenommen werden. Der Anpfiff war noch viele Stunden von uns entfernt und so stärkten wir uns mit Parotta und Curry und bummelten ein bisschen durch die Straßen von Chennai. Wobei bummeln nun wirklich ein sehr positiv konnotiertes Verb ist, denn indische Großstädte sind anstrengend, es gibt kaum Gehwege und falls man einen findet, wird dieser durch Packet, Roller oder andere Gegenstände unpassierbar gemacht. Einige Seitenstraßen waren bis zu 30cm mit Wasser geflutet, aber der Teil der Stadt, in dem wir uns befanden, war noch verschont geblieben, verglichen zu den Bildern die man am Vortag im Internet sehen konnte. Wir fanden ein nettes Hotel gleich neben dem Stadion, wo uns auch ohne originale Dokumente wie Reisepass oder Residential Permit ein Zimmer gegeben wurde.

    Vor dem Anpfiff kaufte sich Flo noch Trikots beider Teams, die bald gegeneinander antreten sollten und schon sahen wir uns zwischen Chennai und Kerala-Fans und suchten uns die besten Sitzplätze in unserem Block. Vor dem Spiel sorgt ein DJ für gute, westliche Musik und das Stadion füllte sich langsam. Das Jawaharlal Nehru- Stadium (auch Marina Arena) bietet Platz für bis zu 40.000 Menschen, am heutigen Abend wird seine Kapazität jedoch nur zur Hälfte in Anspruch genommen. Was sofort auffällt: Es gibt keinen Gästeblock. Fans beider Lager sitzen zusammen im Block, in Deutschland eigentlich undenkbar. Einen Block voller treuer Ultras sucht man aber auch vergeblich – aber wie auch – denn die Liga ist ja erst ein Jahr alt. Die Zeit vor dem Anpfiff gestaltet sich genauso wie in Deutschland, die Torhüter beginnen mit dem Aufwärmen, danach die Feldspieler, jedoch wärmen die sich in etwa so diszipliniert auf wie die C-Jugend des SC Worzeldorf. Der Anpfiff rückt näher, die Spieler des Gegners und der Heimmannschaft werden vorgelesen, der Trainer von Chennai, Marco Materazzi, erntet den größten Applaus. Ja, genau der Italiener, der durch den Kopfstoß von Zinedine Zidan zum großen Feindbild Frankreichs aufstieg. Ein Vereinslied gibt es nicht, dafür wird genau vor Anpfiff die indische Nationalhymne gespielt. Nun noch ein eingespielter 10 Sekunden Countdown, „3… 2… 1…“, der Schiedsrichter pfeift an und Feuerwerkskörper erleuchten den Nachthimmel von Chennai.

    Die Stimmung ist gut, eingeübte Vereinslieder gibt es nicht, doch jeder Ballverlust und -gewinn wird durch den indischen Fan mit Jubeln oder Stöhnen kommentiert. Das Spiel zwischen Chennaiyin F.C. und Kerala Blasters F.C. ist sehr laufintensiv und gekämpft wird auch viel, immer fair. Nach 2 Toren und 2 weiteren Feuerwerk-Shows steht es zur Halbzeit 2:0 für Chennai gegen den völlig überforderten Tabellenletzten aus Kerala. Auch in der zweiten Halbzeit kann Kerala nicht zur Stärke der Vorsaison zurückfinden – damals Vizemeister – und wird mit 4:1 abgefertigt. Drei Tore vom Kolumbianer Mendoza, der auch schon beim VFB Stuttgart im Probetraining war, machten ihn gleichzeitig zum Topscorer der Liga. Auch ein kurzer Regenschauer kann das Spielgeschehen nicht stoppen und das kurzweilige Spiel erhöht die Chancen von Chennai, doch noch in die Playoffs zu gelangen. Nach Spielende müssen Hilal, Flo und ich noch für gefühlt 400 Selfies mit Indern im Alter von 8 bis 40 Jahren im Stadion verharren. Auf dem Weg zurück ins Hotel wird außerdem versucht uns noch mehr Trikots anzudrehen, doch wir schaffen es unbeschadet und ohne weitere Kleidungsstücke in unser Hotel.

     

    Fußball ChennaiFußball Chennai

     

     

     

     

     

     

     

    Am nächsten Morgen starten wir mit einem leckeren, indischen Frühstück unseres Hotels in den Tag. Wir machen noch einen Abstecher in einen Museumskomplex mit moderner Kunst, einem Kinder- und Naturkundemuseum, der nicht der Rede wert ist, denn jedem europäischen Kurator würden bei dem Museumsbesuch die Haarpracht verloren gehen. Unsere Rückreise treten wir mit S-Bahn, Zug, Bus und Autorikscha an und wir kommen tatsächlich noch vor Sonnenaufgang in Auroville an.

    Der Ausflug nach Chennai war seine Zeit und sein Geld auf jeden Fall wert, denn ein indisches Fußballspiel zu sehen, ist auf jeden Fall ein Erlebnis. Die Liga ist für ihr zweites Jahr schon gut strukturiert und bringt teilweise mehr Leute ins Stadion als die zweite deutsche Bundesliga. Der Fußball war taktisch manchmal undiszipliniert, doch wurde das durch Laufbereitschaft und Kampfwillen wettgemacht. Wenn es Chennai in die Playoffs schafft und es ein weiteres Spiel am Wochenende geben sollte, würden wir so einen Trip sicherlich wiederholen, wenn nicht gibt es ja noch andere Sportarten zu entdecken!

    Mit sportlichen Grüßen

    Lukas