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  1. Heimreisevorbereitungen

    Juli 29, 2014 by Leo

    Heute ist Dienstag der 29. Juli. Es bleiben also nur noch 12 Tage in Auroville.

    Eigentlich müsste ich heute arbeiten, aber ich habe mir frei genommen. Die letzten Wochen war ich sehr eingespannt im Bamboo Center, wir hatten mehrere Workshops, mit vielen Menschen jeweils. Gepaart mit dörflichen Festivitäten kann das sehr schnell zu personellen Engpässen führen. Deswegen habe ich letzte Woche meinen ersten eigenen Workshop geleitet. Meine Aufgabe war es drei Nordinderinnen den Möbelbau mit Bambus näher zu bringen. Gar nicht so einfach, wenn man selbst nur auf wenig Erfahrung zurückgreifen kann. Eigentlich ist das größte Problem aber nicht das Handwerk an sich, sondern die Erwartungen an das selbige. In den 3 Tagen wird nämlich den meisten Teilnehmern klar, dass sie eben nicht den gebogenen wippenden Liegestuhl bauen können, sondern eher einen kleinen vierbeinigen Hocker mit 90° Winkeln und das auch nur mit viel Mühe.

    Viel arbeiten, bedeutet wenig Zeit für anderes, etwa Heimreisevorbereitungen. In meiner Küche hängt ein Zettel mit vielen Dingen, die ich bis zur Abreise noch erledigt haben möchte. Das fängt an mit dem Verkauf des Motorrads, was sich als sehr schwierig gestaltet, und endet mit dem Kauf von Mitbringseln. Der Sinn einer Liste, wie dieser ist es ja eigentlich, Gedanken festzuhalten um sie sich immer wieder ins Gedächtnis rufen zu können. Und wenn man dann, je nach Vorliebe, etwas abhakt oder durchstreicht dann soll das ein Erfolgserlebnis auslösen. So zu mindest in der Theorie.

    In der Realität wird meine Liste aber immer länger. So lang, dass ich sie bald noch um ein zweites Din A4 Blatt erweitern muss.. Was für ein Stress.

    Aber da steht noch ein Punkt auf der Liste, irgendwo mittendrin und noch nicht durchgestrichen oder abgehakt: “Zeit genießen”. Und das mach ich gerade. In der Kofibar sitzen, Cold Coffee Extreme trinken und nicht auf die Uhr gucken. Und gleich fahr ich nach Hause mit dem guten Gefühl einen Punkt weniger auf der Liste zu haben: “Blogeintrag schreiben”. „Zeit genießen“ werd‘ ich nicht streichen.


  2. Vom Instrumentenbauer zum Schreinergehilfen?

    Dezember 5, 2013 by Leo

    Eigentlich hat sich alles geändert. Ich wohne nicht mehr im Bamboocenter, arbeite jetzt aber dort. Der Projektwechsel war schon seit einem Monat geplant, doch ich sollte erst zum Dezember die Arbeit wechseln dürfen. Zu viel war noch zu tun bei der Exarbeitsstelle Svaram: Die seit zwei Jahren geplante Website sollte fertiggestellt werden, Feinschliff an den Texten, meiner Ansicht nach viel zu lang um Internettauglich zu sein, irgendwo fehlt auch noch ein Bild – keiner weiß wo. Chaos. Die Blätter voll handschriftlicher Änderungen stapeln sich neben meinen Rechner. Kein Licht zu sehen im dunklen Büro, und dabei erinner ich mich daran, was ich mir vorgesetzt habe für das Jahr: möglichst wenig Computerarbeit, dass bringt dich nämlich nicht weiter. Das klappt ja super!

    Die Werkstatt ist ein in sich geschlossener Kosmos. Jeder weiß was er tun muss und was er tut. Fast jeden Tag stürmen Reisegruppen in den Showroom und kaufen das halbe Lager leer. Die Nachfrage ist groß und der Druck auf die Arbeiter auch.

    Montag morgen halb neun, Morning Circle. Aufgabenverteilung und Kontrolle des Fortschritts. Danach folgt dann etwas wie “a lot of work this week”. “this week” ist gut. Ich habe feststellen müssen, dass bei dem engen Zeitplan kein Platz für unerfahrene Freiwillige bleibt. Deswegen sitzen die auch alle im Büro, in der Produktion ist niemand.
    “Ooohmm” verschallt es dann im Kreis. Energie soll es bringen und einen. Es ist tatsächlich ein sehr interessantes Phänomen wie die Stimmen verschmelzen und jeder intuitiv weiß, wann er aufhören muss zu singen. Das stelle ich wöchentlich fest wenn ich für eine Stunde teil das Auroviller Ohmchoires bin.
    Im Svaram Kontext hat es aber etwas zynisches, nicht alle singen, die Stimmung ist ein wenig bedrückend.

    So geht das nicht weiter, dachte ich mir und habe dann vor etwa einem Monat meinen Unmut publik gemacht und mit Aurelio und Ulrike, den Leitern von Svaram, gesprochen. Verständnis haben sie gehabt und mir zugesprochen, dass ich zum ersten Dezember das Projekt wechseln kann.
    Nun habe ich schon zwei Tage in der Werkstatt vom Bamboo Research Center hinter mir. Ich werde grade in die Produktion von sehr gut aus sehenden, dreibeinigen Hockern eingewiesen und bin fleißig am leimen, schleifen und hämmern. Man könnte dies auch unter Schreinern zusammenfassen. In den nächsten neun Monaten werde ich bestimmt eine Menge lernen. Und das ist es auch was ich bei Svaram so vermisst habe: Etwas zu lernen! 13 Jahre andauerende Informationsaufnahme, und da ist man gerade mal drei Monate weg und schon vermisst man Edukation. Das Wort habe ich grad eingedeuscht.

    Jetzt will ich nur noch was über mein neues Zuhause erzählen: Groß ist es, und kuppelartig – Den Platzzuwachs genieße ich sehr. Luftig ist es auch und abgelegen. Celebration heißt es. Eine große moskitodichte Küche gibt es auch. Insgesamt ein sehr schöner Fleck, wo ich bestimmt eine Weile bleiben werde. Wobei, ins Dorf will ich auch noch mal ziehen…
    Man hat hier einfach zu viele Möglichkeiten, manchmal mehr als einem lieb sind.
    Letztends war ich bei einem Klavierkonzert. Schumann und Chopin gespielt von einem italienichen Majestro, in einer kleinen völlig überfüllten Turnhalle mit lauter weiß gekleideten Menschen. Ganze drei Mal hat sich der Majestro durch die Menge gedrängelt um prompt unter tosendem Applaus wieder einzumarschieren. Beim dritten mal habe ich das ein oder andere Schmunzeln im Publikum entdecken können. Die haben sich warscheinlich auch gedacht: Son richtiger Majestro braucht das bestimmt. Einfach weiter klatschen, bis er mit dem Maß der Anerkennung zufrieden ist.

    Ach, Auroville ist schon ein lustiger Ort.


  3. Tiruvannamalai und Gingee

    Oktober 15, 2013 by Leo

    Über das Wochenende waren ein paar Freunde und ich im etwa 140km Land einwärts liegenden Tiruvannamalai. In etwa 4 Stunden lässt sich der Ort mit den indischen Linienbussen erreichen. Dabei passiert man Gingee, einen Ort der für seine Affentempel bekannt ist, die über bizarr wirkenden Felsformationen emporragen. Nach einem 1,5 Stunden Aufstieg ist man oben angelangt und kann den Ausblick auf sich [hier ist auch der Leser gemeint] wirken lassen.

    Stairway to the Mountain FortMountain Fort IHills of Gingee

    Die Tempel machen ihren Namen alle Ehre: Überall hängen und warten Affen auf unvorsichtige Touristen, die ihre Taschen außer Acht lassen. So mussten wir den tragischen Verlust eines Erste Hilfe-Kits verzeichnen, welches ein wenig später, wenn auch zur Unkenntlichkeit zerbissen, wieder geborgen werden konnte.

    Thoughtful Monkey

    Nach diesen Blicken hat sich der Trip für mich schon gelohnt, aber der zweite Tag in Tiruvannamalai hat das bisher gesehene noch übertroffen.

    Der Berg um Tiruvannamalai ist 800 Meter hoch und kann in 3 Stunden, wenn man sich Zeit lässt, bestiegen werden. Um der Sonne zu entfliehen sind wir schon im frühen Morgen losgelaufen.

    Morning in India

    Oben erwartet einen ein stetiger kühler Wind und ein gigantischer Ausblick. Nur ein paar sehr wenige Berge stechen aus der sonst flachen Landplatte hervor, dadurch scheint der Horizont mit dem Himmel zu verschmelzen.

    Tiruvannamalai II

    Insgesamt ein sehr schöner Trip mit netten Leuten und tollen Blicken. Ich habe mir schon vorgenommen den Berg abends zu besteigen und oben zu übernachten um den Sonnenauf – und Untergang und den morgendlichen Bodennebel zu sehen.


  4. Ein Monat Indien

    September 24, 2013 by Leo

    Chili

    Jetzt bin ich schon seit einem Monat in Indien, doch ich habe das Gefühl wenig mit der indischen Kultur in Kontakt zu kommen. Auroville mit all seinen Vorzügen scheint im Moment nicht die Brücke sondern eher eine Barriere zwischen tamilischer und westlicher Kultur zu sein. Generell sind meine Eindrücke von Auroville anders als erwartet. Es ist noch zu früh um darüber zu urteilen, aber man merkt recht schnell wie weit Ideal und Realität teilweise von einander entfernt sind. Gerade der Einheitsgedanke ist in meinen Augen kaum umgesetzt und man hat ein bisschen das Gefühl, dass sich die vielen Communities und deren Bewohner untereinander wenig unterstützen bzw. wenig Interesse daran besteht Gemeinsamkeiten zu haben. Ich habe auch schon interessante Gespräche mit Aurovillianern gehabt, die mir meinen (ersten) Eindruck bestätigen konnten.

    Obwohl ich jetzt mit Kritik angefangen habe, überwiegen meine positiven Eindrücke und das Leben hier ist einfach sehr schön. Vorgestern war ich bei einer „Sandbag-Party“ in einer der zahlreichen Beachcommunities. Seit dem Tsunami von 2010 wird da der Strand kontinuierlich abgespült und die ersten Hütten sind der Strömung schon zum Opfer gefallen. Versuche die Strömung zu „brechen“ sind gescheitert und haben das Problem nur ein paar hunderte Strandmeter weiter verschoben. Der Strand ist jetzt geschätzt nur noch 3 Meter breit und das Wasser gräbt sich immer weiter in Richtung der Hütten. Am Sonntag haben wir deshalb Sandsäcke befüllt, zugenäht und mit einer Kontruktion aus tief im Sand vergrabenen Steinen und daran verketteten alten Fahrradreifen am Strand fixiert. Die Barriere soll optimaler Weise die ankommenden Wellen brechen und so das starke Abspülen verhindern. Die Aktion haben Tamilen geleitet die sowas offenbar schon öfter gemacht haben. Bei dieser Gelegenheit hab ich auch mal im Meer gebadet, was sehr angenehm bei der Hitze war. Ich haben sich natürlich auch prompt ein paar Mückenstiche am Fuß entzündet. Ist aber nicht weiter Schlimm 😉 Danach gabs noch Pizza und nen kühles Bier (Kingfisher oder so).
    In der Nacht sind dann schon die ersten Sandsäcke von der Strömung weggespült worden, weil sie durch die Reifenkontruktion entweichen konnten. Man könnte natürlich auch ein Fischernetz davor spannen, aber da stößt man auf ein indisches Grundproblem: Es wird viel geklaut, vor allem wenn mans gut gebrauchen kann: Und ein Fischernetz wird am Strand immer gebraucht. Auch Benzin wird gebraucht: Das wird einem oft abgezapft, wenn man sein Motorrad mal für kurze Zeit im Dorf allein lässt. Mir ist auch schon einmal der Sprit geklaut worden und es ist auch nicht weiter schlimm, weil man ja weiß wie man es verhindern kann: Ein Tankschloss für rund 20 Euro oder einfach vermeiden sein Motorrad an gefährdeten Plätzen zu parken.

    Ich arbeite momentan bis 5 Uhr und um halb 7 ist es dunkel, daher neigt man hier schnell dazu viel zu planen und vorzuhaben, obwohl es einem gut tun würde einfach mal in der Hängematte zu entspannen. Das nächste größere Vorhaben steigt am 4. Oktober. Da gehts in ein 5 Sterne Hotel nach Chennai. Der „deutsche Konsul“ lädt ein zu einem „edlen Dinner“, alles bezahlt natürlich, um mit seinen deutschen Freiwilligen mal so richtig zu glänzen. Auf der prunkvollen Einladung mit einem güldenen Adler vorne drauf ist natürlich auch der Dresscode erwähnt, so richtig edel mit „Lounge Suit“ sollen wir auflaufen und ganz unindisch die Schuhe anbehalten. Den Suit haben wir natürlich auch alle dabei, ist ja quasi Indiens zweitverbreitetes Gewandt nach Sari und Dhoti. Man munkelt auch das deutsches Essen eingeflogen wird. Insgesamt starker Kontrast zum indischen Alltag, aber trotzdem fahren wir alle hin: Ist ja gratis..

    Mal schauen ob ich es schaffe Berichte dieser Länge monatlich zu schreiben und ich hoffe, dass ich keine Erwartungen getrübt habe weil ich nicht jeden Tag schreibe, was es zu essen gab und wie das Wetter war.

    Liebe Grüße aus Auroville!

    PS: Ich füge auch noch ein paar Bilder vom Strand hinzu, wenn ich sie bekommen habe.


  5. Pondycherry und Alltagsbilder

    September 14, 2013 by Leo

    SchoolkidsIndian OfficerClothSpicesStreets of PondycherryLa Terrace, AurovilleDirt Road