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  1. Village Action aus Deutschland von Damian

    4. März 2016 von Ehemaliger WWler

    2012 habe ich mein Studium der Finanzwirtschaft abgeschlossen und es war für mich schnell klar, dass ich nicht bei einer der großen Banken oder Beratungsgesellschaften enden möchte. Daher habe ich mich nach Alternativen umgeschaut. So habe ich begonnen, mich u.a. für Mikrofinanz zu interessieren. Durch eine Anzeige bzw. Ausschreibung für ein Praktikum auf ideallist.org bin ich auf AVAG gestoßen. Erst durch AVAG habe ich zum ersten Mal von Auroville gehört. Schon bald wusste ich, dass ich diesen Ort und die Arbeit von AVAG kennenlernen möchte. Diesen Entschluss habe ich nie bereut. Während meiner Zeit bei AVAG wurde das BMZ-Projekt zur Ausweitung der Mikrofinanz-Aktiviten von AVAG gestartet. Ich habe u.a. die sogenannten Base-Line Studie mit erarbeitet und den ersten Quartalsbericht verfasst. Neben diesen Tätigkeiten konnte ich bei der Ausarbeitung von Geschäftsmodellen bei AVAG und anderen Sozial-Unternehmungen in Auroville helfen. Nachdem ich wieder in Deutschland war, habe ich bei der GLS Bank ein Traineeprogramm durchlaufen und bin mittlerweile in der Angebotsentwicklung der Bank tätig. Die Erfahrungen aus der Arbeit bei AVAG kann ich auch in der GLS Bank nutzten, da die GLS Bank sich stark in diesem Bereich engagiert.

    AVAG-Microfinance

    Ein erfolgreiches VFAVR-Projekt

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    Das aus Fördermitteln des BMZ finanzierte VFAVR-Projekt AVAG-Microfinance (AVAG steht für Auroville Village Action Group), das von November 2012 bis April 2014 lief, hatte die Bekämpfung der Armut durch Ermächtigung der Frauen zur Selbsthilfe in jeder Hinsicht zum übergeordneten Ziel. Zielgruppe des Projekts waren Selbsthilfegruppen (SHG) von Dorffrauen in der Region um Auroville – zu Beginn des Projekts handelte es sich um ca. 200 SHG von 3800 Frauen aus den ärmsten untersten sozialen Schichten, die alle von dem indischen Projektträger AVAG-Microfinance geschult und beraten werden. Während des Projekts wurden über 50 neue SHG gegründet (ca. 1000 weitere Frauen).

    Durch die Schaffung eines revolvierenden Fonds für Mikrokredite zugunsten der Zielgruppe (mit einen Volumen von 175 000 Euro – hiervon wurden 75% durch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert, 15% von den Menschen vor Ort und 10% durch VFAVR), wurden deren Lebensbedingungen teilweise deutlich verbessert. Die (positiven) Veränderungen der Lebensverhältnisse wurden durch die Teilziele des Projekts untergliedert:

    • Förderung der Persönlichkeit für ein selbstbestimmtes Leben in der Familie und im sozialen Verband
    • Ermöglichung, eigene Geschäftsideen umzusetzen und ein eigenes Einkommen zu erzielen
    • Finanzierung einer berufliche Ausbildung für sich selbst oder für Kinder
    • Ablösung von Notkrediten von Wucherern
    • Erhalt der eigenen Gesundheit oder die der Familie
    • Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen durch Investitionen
    • Gründung weiterer SHG

    AVAG trat und tritt weiterhin nicht nur als Verwalter des Fonds auf, sondern berät und unterstützt die Zielgruppe bei all ihren Aktivitäten und bei der Neugründung von SHG und gewährleistet durch zentrale Erfassung aller Transaktionen völlige Transparenz und Vertrauenswürdigkeit. Wegen der bisherigen Rolle von AVAG-MF geben auch Banken den im Dachverband Udhayam Women Centre organisierten SHG relativ günstige Kredite.Durch den Vergleich einer Base-Line Befragung zu Beginn des Projekts mit einer zum Ende des Projektzeitraums durchgeführten Studie konnten die Änderungen der Lebensverhältnisse der Zielgruppe gemessen werden. Die Auswirkungen der Arbeit von AVAG wurden in einer ausführlichen separaten Studie unter Einhaltung von wissenschaftlichen Standards ermittelt.

    Studien-Ergebnisse

    Zusammenkunft

    Die Ergebnisse dieser Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Ein wichtiges Ergebnis ist die Steigerung der Selbstbestimmung der Frauen sowie der Mitbestimmung im Familienverbund. Dieser Umstand wird langfristig einen positiven Einfluss auf die Ausbildung der Kinder haben und damit auf ihre Möglichkeit, zum Haushaltseinkommen beizutragen. Es wurden bereits innerhalb des Projektzeitraums deutlich mehr Bildungskredite ausgegeben als geplant. Die Ausgabe der Kredite bestätigt auf der einen Seite damit nochmals die Stärkung der Rolle der Frauen innerhalb der Familie, anderseits die mittelfristig besseren Chancen für Kinder von Müttern/Eltern, die oft selbst nicht (richtig) lesen und schreiben können.

    Diese Faktoren führen langfristig zu einem nachhaltigen Rückgang der Armut der betroffenen Familien. Hinsichtlich der realen Höhe des Einkommens wurden keine substanziellen Fortschritte erzielt. Der Erfolg in diesem Bereich lag jedoch in der Verlagerung der Einkommensquellen von Tagesarbeit zu mehr stabilen Einkommensquellen: stabile Angestelltenverhältnisse, Eigenständigkeit oder Landwirtschaft – um einige Beispiel zu nennen. Der negative Effekt der hohen Inflation auf die Einkommenssituation der Zielgruppe konnte zumindest kompensiert werden.

    Auch der Gesundheitszustand der begünstigen Menschen hat sich bereits innerhalb des Projektzeitraums verbessert. Zwar konnte die Anzahl der Sanitäranlagen aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen (eine neue Regulierung im Bankensektor hat die geplante subventionierte Finanzierung unmöglich gemacht) in der Zielregion nicht erhöht werden, jedoch hat sich die Wohn- und Lebenssituation der Menschen trotzdem deutlich verbessert. Ein immer größerer Teil der Zielgruppe kann bzw. konnte bereits von einfachen Hütten in stabile Betonkonstruktionen ziehen. Durch die angebotenen Seminare und Fortbildungen werden kaum noch Pestizide und Herbizide im eigenen Anbau verwendet.

    Zudem erwirbt bereits jede sechste Kundin von AVAG regelmäßig biologische Produkte (hauptsächlich direkt bei AVAG) für sich bzw. ihre Familie, weitere Kundinnen konsumieren diese so oft wie möglich. Beim Ziel, Wucherkredite in der Zielregion durch faire Kreditpraktiken zu ersetzen, wurden ebenfalls deutliche Fortschritte erzielt. Die durchschnittliche Belastung der Kunden durch Wucherkredite konnte um ca. 40% reduziert werden. Dennoch erreichen AVAG immer noch mehr Anträge für eine Umschuldung als Mittel zur Verfügung steht. AVAG-MF muss daher auch künftig wachsen, um den Menschen in der Region auch weiterhin helfen zu können. Insgesamt ist noch in vielen Dörfern in der Auroville-Region entsprechende Hilfe zur Selbsthilfe nötig.

    Beitrag von VFAVR

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    Der Verein zur Förderung der Auroville Region (VFAVR) hat auch in Zusammenarbeit mit AVAG bereits vor der Durchführung dieses Projekts nachhaltige Entwicklungsarbeit in der Zielregion geleistet. Das Projekt, das durch das BMZ teilfinanziert wurde, wurde daher ebenfalls sehr erfolgreich durchgeführt und hat das Leben der Zielgruppe positiv beeinflusst. VFAVR war für die Strukturierung und das Funding des Projekts hauptverantwortlich. Die Hauptaufgabe ist die Beantragung der entsprechenden Fördergelder beim BMZ und die anschließende Dokumentation des Projekts. Im Anschluss müssen die Ergebnisse der Arbeit dokumentiert und ausgewertet werden. Dies erfolgt in regelmäßiger Berichterstattung (quartalsweise) und in ausführlichen Zwischen- und Abschlussberichten. Innerhalb des Abschlussberichtes wurde auch die oben zusammengefasste Studie erstellt.

    Bei Interesse kann die Studie natürlich gerne bei mir angefordert werden;  E-Mail: [email protected] .

    Damian Pilka

    Wer mehr über die Arbeit von VFAVR erfahren möchte findet hier weitere Informationen.


  2. Email aus Auroville oder auch „Ein recht überschwänglicher Bericht“

    29. Februar 2016 von Kaya


  3. Drei mal Auroville und zurück

    26. Februar 2016 von Ehemaliger WWler

    Mirella lebte als Freiwillige des 4. Weltwärts-Jahrgangs 2011 bis 2012 in Auroville. Heute arbeitet sie im letzten Ausbildungsjahr als Mediengestalterin in Dresden. Gleichzeitig ist sie eine aktive „Rückkehrerin“. Wir haben uns mit ihr zu einem Gespräch verabredet, um Euch einen Einblick in ihre Erfahrungen mit der Arbeit und Auroville (International Deutschland) zu geben.IMG_4006__1456067377_178.12.227.104

    Matthias: Während Deines Freiwilligenjahres hast Du lange in Weltwärts-WGs und tamilischen Familien in den Dörfern (Alankuppam) gelebt. Im Rückblick auf die letzten Jahre wieder in Deutschland: Welchen Einfluss hatte Dein Jahr in Auroville auf Dich?
    Mirella: Es war ein absoluter Schnitt – ich habe das gewohnte Umfeld verlassen und bin in eine komplett neue Kultur eingetaucht. Das hat mich sehr geprägt. Was ich besonders daraus mitgenommen habe, ist die Motivation, eine Sprache zu lernen, egal wie kompliziert sie ist (oder scheint). Und die Erfahrung, wie lange es dauert, bis man in einem anderen Land angekommen ist und sich dort zuhause fühlt.

    Matthias: Im Frühjahr 2015 warst du zwei Wochen lang in Auroville. Wie war das für Dich? Was hat sich verändert?
    Mirella: Es war für mich schon das zweite Mal, dass ich nach Indien zurückgekehrt bin und doch wieder ganz anders. Das erste Mal bin ich wieder ins Dorfleben eingetaucht: Ankunft 5 Uhr morgens in Auroville – 5 Minuten später fand ich mich Knoblauch pulend in der Küche der Frau eines ehemaligen Arbeitskollegen. Als wäre ich nie weg gewesen.
    Das zweite Mal habe ich zusammen mit Kaspar dessen Schwester Clara besucht und wir haben einiges in Auroville erkundet. Das habe ich in meinem Freiwilligenjahr nicht so viel gemacht. Mir war es damals wichtig, die tamilischen Dörfer zu entdecken und die Leute dort kennenzulernen. Deswegen war es bei meinem diesjährigen Besuch in Auroville auch das erste Mal, dass ich im Botanischen Garten war – ein wirklich eindrucksvoller Ort! Auroville verändert sich unglaublich schnell. Man entdeckt jedes Mal wieder neue Wege und Gebäude, die gerade erst aus dem Boden gestampft wurden. Und doch habe ich nach dem zweiten Besuch auch mal wieder Lust auf andere Kontinente und Kulturen…Tag 29-45

    Matthias: Du hast dort Tamil gelernt und kannst es immer noch so gut, dass du die Sprachkurse auf den Vorbereitungsseminaren für die neuen Weltwärtsler gibst. Wie gefällt Dir die Seminararbeit? Mirella: In meinem Freiwilligenjahr ist mir erst so richtig bewusst geworden, wie wichtig es ist, die Sprache der Einheimischen zu verstehen bzw. zu sprechen. Es ist wie ein Schlüssel zur Kultur. Deswegen kann ich es auch nur jedem empfehlen, sich nicht von dem komplizierten Klang abschrecken zu lassen. Es ist zwar eine sehr fremde Sprache, die für viele kaum erlernbar klingt – aber eigentlich gar nicht ist. Und genau das möchte ich allen zukünftigen Freiwilligen mit auf den Weg geben und versuche, ihnen die Sprache ein bisschen näherzubringen. Es macht immer viel Spaß bei den Seminaren und meistens werde ich noch von anderen Ehemaligen unterstützt, die ebenfalls ihre Tamil-Kenntnisse an die nächsten Freiwilligen weitergeben. Dadurch gestaltet sich die Tamil-Einheit als ein sehr lebendiger Austausch und vielseitiger Einblick in die tamilische Sprache.

    Matthias: Seit diesem Jahr gestaltest Du das Layout für den Rundbrief. Was magst Du uns darüber erzählen? Mirella: Es macht mir Spaß, einem Medium ein neues Gesicht zu geben und die Chance hatte ich beim Rundbrief. Es war klasse, dass der Übergang so gut geklappt hat und von Seiten des Vereins so viel Offenheit für eine neue Gestaltung da war. Die Arbeit mit dem Rundbrief gibt mir außerdem die Möglichkeit, mich gestalterisch auszuprobieren und kreativ auszuleben.

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    Matthias: Du hast die letzten beiden Freiwilligen-Treffen in Wickenrode bei Kassel mit organisiert. Wie kam es dazu?
    Mirella: Die Idee des Treffens entstand aus dem Wunsch heraus, sich mit den anderen Weltwärts-Generationen zu vernetzen, weil man sich im regulären Weltwärts-Programm kaum kennenlernt. Das Besondere am Freiwilligen-Treffen ist, dass die unterschiedlichsten Menschen zusammenkommen und trotzdem sind alle irgendwie auf einer Wellenlänge. Man einigt sich schnell bei grundlegenden Entscheidungen (Essenswahl, etc) und es entsteht so ein Raum für Austausch und gemeinsame Aktivitäten. Was uns verbindet? Wir sind alle junge Menschen, die sich ein Jahr auf eine andere Kultur eingelassen haben und ähnliche Werte und Ansichten teilen.
    Matthias: Vielen Dank für dieses Interview!

    Wer Mirellas wunderschöne Designs der Rundbriefe bewundern möchte, kann das hier tun!


  4. Ich will Newcomerin werden!

    21. Februar 2016 von Ehemaliger WWler

    Luise (Weltwärts 2013/2014) hat im Projekt Aikiyam gearbeitet, der Schule in New Creation. Vorher hat sie ihren Bachelor in Soziologie abgeschlossen. Die Zeit in Auroville und in ihrem Projekt hat ihr so gut gefallen, dass sie ihren Dienst um ein viertel Jahr verlängert hat. Nach ihrer Rückkehr sei sie aber nicht wirklich wieder in Deutschland angekommen, wollte gleich wieder los. Erst mal ging es für drei Monate als Au-pair nach England. Dann zurück nach Auroville. Als sie noch auf den Brief vom Auroville-Secretary für das Visum wartete, um in ihr Newcomer Jahr starten zu können, trafen wir Luise im Januar in Berlin.

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    Matthias: Luise, wie kam es zu Deiner Entscheidung, Auroville-Newcomerin zu werden? Luise: Nach der Au-pair-Zeit war mir klar: Ich muss wieder zurück [nach Auroville]. Es ist wie Heimat da. Es war so, als ob ich „home sick“ gewesen wäre, nur dass ich nicht zurück nach Berlin wollte, sondern nach Auroville. Als ich das erste Mal in Auroville angekommen bin, war es, als wenn mir jemand so ein Lachen ins Gesicht getackert hätte. Ich hab mich extrem frei gefühlt. Das ist auch immer noch so, wenn ich in Auroville bin. Es gibt überhaupt keine Alternative, keinen anderen vorstellbaren Weg für mich. Vielleicht geht das nach zwei Jahren wieder weg, aber im Moment ist es halt einfach so. Ich bin seit 4 Wochen wieder hier in Deutschland und mein Herz blutet, ich will wieder zurück nach Auroville.

    Matthias: Du hast nach der Au-pair-Zeit letztes Jahr noch einmal 6 Monate auf eigene Faust in Auroville verbracht und bist erst vor 4 Wochen zurück nach Berlin gekommen?
    Luise: Genau, ich bin Anfang Juni wieder mit einem Visum für 6 Monate zurückgeflogen und habe Volontär-Arbeit gemacht. Ich wollte einfach schauen, was sich so entwickelt. Wenn ich in Auroville sein sollte, dann würde sich etwas ergeben und wenn nicht, dann nicht. Nach drei Monaten habe ich Stephan, den Leiter von Gecko, kennengelernt, der jetzt auroville.com übernommen hat. Ich habe angefangen für ihn Kundendaten zu analysieren, denn das habe ich in meinem Soziologiestudium gelernt. Davon war er so begeistert, dass er gesagt hat: „Du machst jetzt Marketing für uns!“ Dann habe ich begonnen mich mit Marketing zu beschäftigen und es hat alles total viel Spaß gemacht. Das war das Zeichen für mich, dass ich wohl wirklich da sein soll. Dass es also nicht nur von mir ausgeht, sondern auch von dem Höheren.

    am Taj Mahal__1456059202_178.12.227.104Matthias: Wie geht es Dir mit Deiner Arbeit in Auroville?
    Luise: Ich mache jetzt Marketing. Das wäre für mich hier in der westlichen Welt nicht vorstellbar. Die Arbeit bei auroville.com ist aber notwendig, damit diese Online-Plattform weiterexistiert. Wenn ich meine Arbeit gut mache, können wir kleinere Units unterstützen. Viele Units stellen dort im Onlineshop ihre Produkte ein und damit unterstütze ich eine Einnahmequelle Aurovilles. Sowohl die Units, die über die Webseite ihre Produkte vertreiben, als auch der Webshop selbst geben ein Drittel ihres Gewinns an Auroville ab. Besonders kleinere Units, die nicht nur Produkte herstellen, sondern auch soziale Aspekte haben, wie Upasana oder Wellpaper, die unterstützenswert sind, sich aber keinen eigenen Webshop leisten können, werden von uns ebenfalls vermarktet. Das ist das große Ziel. Es geht nicht darum, Geld zu generieren, aber wenn man eine Stadt bauen will, dann muss es eben auch irgendwo herkommen.

    Es ist eine sehr abwechslungsreiche Arbeit, bei der ich viel lerne. Das spricht für Auroville. Ich würde in Europa oder Deutschland niemals mit einem Soziologiestudium Marketing machen. Es ist so schön, dass man die Möglichkeit bekommt, Neues herauszufinden, daran zu wachsen, auch gemeinsam. Du musst dir vorstellen, dass ich einfachste Einstiegsliteratur zu dem Thema gelesen habe und dann haben wir geschaut, wie wir das auf unseren Onlinestore anwenden können. Mit Stephan haben wir Charts entworfen, überlegt, was wir alles machen könnten. Wir hatten natürlich nicht viel Geld zur Verfügung, aber wir wurden schnell sehr kreativ. Also haben wir einfach Sachen ausprobiert und geschaut, ob z.B. Änderungen auf der Website Einfluss auf das Kaufverhalten haben. Stephan hat immer gesagt: Du machst das schon.

    Ich habe u.a. Mandalas kopiert und ausdrucken lassen, die jetzt als Werbung für den Onlinestore überall in Auroville hängen. Wir haben Dankespostkarten in die ganze Welt geschickt. Ich habe auch die sozialen Plattformen aufgebaut. Es gibt eine große Facebook-Seite, Instagram und Twitter, etc., für die ich zuständig bin und ich fange jetzt auch an, das für Auroville selbst zu benutzen. Ich gebe also auch Informationen darüber, was in Auroville passiert. Und wir haben jetzt nicht nur dieses oder jenes Produkt, sondern auch Informationen über kulturelle Veranstaltungen. Ich organisiere auch eine Sample-Aktion, bei der wir vor Weihnachten Spirulina- und Maroma-Probepackungen verschickt haben. Solchen Sachen haben einen hohen Spaßfaktor. Der Gedanke, so etwas für Auroville aufzubauen, ist sehr schön. Natürlich ist es auch so, dass fünfzig Prozent der Kunden Auroville kennen. Und wir bekommen auch Anfragen, wann denn das Matrimandir geöffnet ist. All das habe ich in den letzten 4 Monate in Auroville gemacht und wieder hier in Berlin kann ich weiter mitarbeiten.

    mit Mala (Lehrerin aus Aikiyam)__1456058802_146.52.172.136Matthias: Mit wem arbeitest Du im Team? Luise: Neben Stephan arbeite ich mit Vera zusammen, einer Russin, die mit 18 Jahren nach Auroville gekommen ist. Sie hat bei Auromix gearbeitet und macht jetzt die Kundenbetreuung, beantwortet u.a. Emails. Im Februar kommt Lisa zu uns. Lisa ist in Auroville aufgewachsen und hat in den Niederlanden studiert. Das war ganz lustig, denn als sie in Auroville zu Besuch war, habe ich mit ihr einen Video-Clip gedreht, für auroville.com. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Ich freue mich auf die kreative Arbeit mit ihr. Es ist interessant, mit Leuten mit so verschiedenen internationalen Bezügen, mit mannigfaltigen Interessen und so unterschiedlichen Persönlichkeiten zusammenzuarbeiten.

    Matthias: Wie war es im Vergleich zu Deiner Arbeit jetzt bei auroville.com an der Aikiyam-School zu arbeiten?
    Luise: Das hat mir auch Spaß gemacht, sonst hätte ich auch nicht verlängert. Aber die Arbeit bei auroville.com fordert mich stärker, ich habe mehr Eigenverantwortung und kann mich eher experimentell ausleben. Das war an der Schule natürlich nicht so. Das wäre da aber auch zu früh gewesen. Die Arbeit an der Schule war sehr schön und eine wertvolle Erfahrung für mich. Auch Auroville im Zusammenhang mit den indischen Dörfern in der Umgebung zu sehen, zu wissen wie es da so läuft und der indischen Kultur näher zu sein.

    Luise-mit-Schuelerin-in-DelhiMatthias: Wie sieht so ein typischer Tag für Dich aus und was machst Du in deiner Freizeit in Auroville? Luise: Ich habe im letzten halben Jahr immer in der Solarkitchen gegessen, mit meinem Freund, alleine oder mit einer Gruppe von Freunden. Danach gehe ich gerne noch auf La Terrace einen Kaffee trinken, wo dann eine andere Freundesgruppe auf mich wartet. Ich mache viel Akro-Yoga. Außerdem habe ich mit Ballett angefangen, was ich 12 Jahre in Deutschland gemacht hatte, und gehe auch gerne schwimmen. Ich fahre ein flottes TVS, aber das Knatterding muss ich jetzt verkaufen und mir was Schnelleres zulegen. Ich wohne in Edyanchavadi in der Red Earth Riding School, Housesitting mit Hund inklusive.

    Matthias: Welche Bedeutung haben die Charta, die Ideale Aurovilles und der Integrale Yoga für Dich? Luise: Ich habe auf jeden Fall Bezug zu etwas Höheren. Ich bin, was Spiritualität betrifft, total am Anfang. Ich bin ja auch noch jung. Während meines ww-Jahres dachte ich nach 25 Seiten Satprem erst mal: Wow, das ist ja funky! Ich hab dann irgendwie während des Jahres für mich meine eigene Arbeit gemacht, z.B. aufgeschrieben, welche Verhaltens- oder Gedankenstränge ich in der Meditation beobachtet habe. Dann hab ich versucht, mein Verhalten zu beobachten, was ich mache. Für mich bedeutet das jetzt einfach eine Arbeit an mir selber, in mir selber, Reflexion darüber, dass die Vergangenheit nicht bedeutet, dass so auch die Zukunft sein muss.

    Ich bin gerade erst damit beschäftigt, innerlich an mir zu arbeiten und mich zu befreien und wenn ich diesen Schritt getan habe, dann kann ich nach außen schauen. Sri Aurobindo spricht ja auch über die Selbstreflexion, dass man sich von der großen Gruppe separieren muss, dass man sich seiner eigenen Gefühle und Gedanken bewusst werden muss. Reflexion darüber, auch in Bezug auf den Umgang mit anderen und mir selber, Entscheidungen, Verhalten, etc. Und das versuche ich ebenso im Kleinsten. Ich mach das nicht, weil Sri Aurobindo das geschrieben hat, sondern weil das für mich wichtig ist an diesem Ort. In Auroville werde ich bei dieser Reise unterstützt. Ich tausche mich dazu mit meinem Freund und mit anderen Aurovilianern aus, z.B. einer sehr guten Freundin, mit der ich mich einmal pro Woche treffe.

    Matthias: Und wo stehst Du jetzt im Newcomer-Prozess? Luise: Zuerst hat man ein Interview, dann reicht man Empfehlungsbriefe von anderen Aurovilianern ein, dann bekommt man das Empfehlungsschreiben des Sekretärs, mit dem man das Visum beantragen kann. Auf den Brief warte ich jetzt. Wenn ich in Auroville bin, muss ich mich bei der indischen Regierung registrieren. Dann kommt ein zweites Interview, nachdem man in den News&Notes als Newcomer bekanntgegeben wird, worauf sich andere Aurovilianer innerhalb von zwei Wochen melden sollen, ob etwas gegen eine Aufnahme in die Gemeinschaft spricht. Wenn nichts dagegen spricht, wird der Beginn des Newcomer-Prozesses noch mal bekanntgegeben.

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    Matthias: Wie war das Interview mit dem Entry-Service? Luise: Das war schön. Sie haben sich sehr gefreut, dass jemand Junges kommt. Die sind sehr nett da, wollten wissen, wer ich bin, etwas über meine Beziehung zu Auroville. Ich wurde gefragt, ob ich weiß was der Ashram ist, ob ich schon mal von Satprem gehört habe und so. Sie waren zufrieden. Es war spannend, als es um die Finanzierung ging. Da haben sie gefragt, wie es denn in meinem Alter mit der Finanzierung ist, weil manche dann ja schon gearbeitet und etwas Erspartes haben. Ich habe ihnen gesagt, dass ich in einer Unit arbeite, in der ich Maintenance bekomme, und da haben sie sich sehr für mich gefreut.

    Matthias: Wie geht’s Dir, darüber zu sprechen?
    Luise: Jeder hat seine eigene Geschichte und jeder hat auch seinen eigenen Bezug zu Auroville. Ich habe gerade alle Weltwärtsler getroffen, die studieren ja jetzt größtenteils, weil sie das Freiwilligenjahr gleich nach dem Abi gemacht haben. Es ist schön zu sehen, wie sie sich entwickeln und wie unsere Erfahrung uns zusammenhält. Aber alle sagen immer: „Uh, du bist die erste Weltwärtslerin, die nach Auroville geht!“, aber ich kann mir das auch nicht so richtig erklären. In jeder Weltwärtsgruppe müsste es eigentlich eine Person geben, die den Gedanken hat, diesen Schritt zu gehen.

    Inzwischen ist Luise wieder in Auroville und hat ihr Newcomer-Jahr begonnen. Das Interview führte Matthias, ehemaliger Auroville-WWler 2008/2009. Es erschien in der Herbst-Ausgabe des AVI Deutschland Rundbriefs, die ihr hier finden könnt. Wenn Ihr Luises und Aurovilles Arbeit unterstützen wollte, schaut doch mal wieder im Auroville Online-Shop vorbei, subscribed die Twitter und Instagram-Accounts oder liked den Shop auf Facebook! 😉 Außerdem könnt Ihr den von Luise gedrehten Spot für den Online-Shop auf youtube bewundern.

     


  5. Von einer die auszog, die Einsamkeit zu lernen

    3. Februar 2016 von Laura

    Wer wandernd nicht Gefährten trifft,
    die besser, oder doch ihm gleich,
    zieh einsam fest die Straße fort –
    Gemeinschaft gibt’s mit Toren nicht.

    Buddha

    Auf dieses Zitat bin ich gerade gestoßen und fand es sehr passend, auch wenn es bei meinem minimalistischen Aesthethikempfinden einen Unwillen – vergleichbar mit dem mit welchem meine Chefin über bunte Rangolis spricht oder unsere Ama die Töpfe beim Saubermachen stehen lässt – auslöst.

    Und doch ist es sehr zutreffend für mich. Ich ging nach Auroville mit vielen Vorstellungen, wie ich an mir arbeiten könnte und was sich verändern würde. Doch eine meiner Idealvorstellungen war, und das ist es immer noch zum Teil, die Einsamkeit zu lernen und sie umarmen zu können wie einen alten Freund. Damit ich selbstzufrieden, ohne mich auf andere verlassen zu müssen oder mich selbst einzuschränken, durch’s Leben gehen kann. Ein nach wie vor guter Vorsatz, wie ich finde. Dabei habe ich jedoch nicht die Kraft der Gemeinschaft hier einberechnet. Dass auch dabei andere Menschen eine Rolle spielen, und ja, auch benötigt werden. In den letzten paar Wochen vorallem habe ich immer stärkere Gemeinschaftsgefühle entdeckt und eine Liebe, die tiefer geht als alles, was ich bis jetzt gespürt habe – für die Umgebung hier, für die Menschen, die ich immer näher kennenlernen darf, aber auch für Fremde, die hierherkamen, und für die Mirriade an möglichen Zukunftssträngen, die vor mir liegen so wie der blinkende Sternenhimmel über unserer Dachterasse, der mir heimlich zuzuzwinkern scheint.

    Ich habe oft das Gefühl, dass es gleich meine Brust sprengt vor Dankbarkeit und Freude und… ja auch ein bisschen Demut, das hier erleben zu können. Und anscheinend hatte Buddha Recht, ich musste so weit reisen und mich in neuen Umlaufbahnen bewegen – physisch und geistig – um etwas zu finden, was so unglaublich nah ist und alles überspannt wenn ich es nur zulasse. Das möchte ich mir wirklich bewahren, die Tore noch weiter aufstoßen. Und wenn das nicht geht, dann komme ich halt zum Fenster rein.