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  1. Tiefenökologie

    5. März 2020 von Alina

    Was Tiefenökologie für mich bedeutet und warum es für mich eine wundervolle Methode ist, mit globalen Krisen umzugehen.

    In Auroville gibt es zahlreiche Gruppen, die sich mit Umweltthemen und nachhaltigem Handeln beschäftigen. Dazu gehört die „Deep Adaptation“-Gruppe, die sich mit dem Umgang der Klimakrise beschäftigt. Auf Basis eines Papers von Jem Bendell („Tiefenanpassung – ein Wegweiser, um uns durch die Klimakatastrophe zu führen“) werden drei zentrale Fragen gestellt:

    • Resilienz – Wie behalten wir, was wir wirklich behalten wollen?
    • Verzicht – Was müssen wir loslassen, um die Situation nicht zu verschlimmern?
    • Wiederherstellung – Was können wir wieder zurückbringen, damit wir mit den kommenden Schwierigkeiten und Tragödien fertig werden?

    Interessiert daran mitzuwirken und meinen Beitrag zum Umgang mit der Klimakrise zu leisten, habe ich die Werke von Joanna Macy für mich entdeckt. Da das Konzept nicht allzu bekannt ist, möchte ich in diesem Artikel beschreiben, wie ich das Thema für mich aufgenommen habe.

    „Wir sind jung und brauchen die Welt.“

    Wenn wir betrachten wo wir als Menschheit zurzeit stehen, ist die Klimakrise wohl die größte Herausforderung, da sie unsere Existenz als Spezies bedroht. Die Erde braucht die Menschen nicht, aber die Menschen die Erde. Und klar ist, dass so wie wir als Menschheit gerade leben, es nicht mehr lange weiter gehen kann. Solange wir leugnen, dass wir uns selbst zerstören, kann keine Veränderung passieren. Wie konnte es soweit kommen, dass wir ein solch destruktives Verhalten auf diesem Planeten ausüben? Durch unsere mechanistische Denkweise wurde die Spaltung von Natur und Geist vollzogen. Wir leben in einem gestörten Verhältnis mit der Natur, weil wir uns separat von ihr betrachten. Viele Menschen fühlen das Ungleichgewicht zwischen der überbetonten Außenwelt (Modebewusstsein, Statussymbole, Materialismus) und der vernachlässigten Innenwelt (kaum Vertrauen zur eigenen Intuition, mangelnde Beziehung zum eigenen Körper und seinen Bedürfnissen, fehlende Spiritualität) als Sinnleere.

    Die Tiefenökologie hat den Anspruch eine neue Geisteshaltung einzunehmen, bei der Freude am Einfachen, jedoch an inneren Werten reichem Leben und einem globalen sozialen Verantwortungsbewusstsein angestrebt wird. Die Lösung der ökologischen Krise hängt nach der Auffassung der Tiefenökologie wesentlich von der Entwicklung eines Bewusstseins um die Verbundenheit der Menschen mit allen Lebewesen ab. Umwelthandeln hätte dann eine dauerhafte Basis, denn Bewusstsein und Handeln verschmelzen zu einer Einheit. Die Entwicklung eines Mitwelt-Gefühls befähigt das dualistische Denken der Menschen zu überwinden, welches den Menschen der Natur gegenüberstellt.

    Doch wie kann dieses Bewusstsein erzeugt werden?

    Seit langem beschäftige ich mich damit, was es braucht, damit Menschen ihr Verhalten ändern. Meiner Meinung nach kann Veränderung nur dann geschehen, wenn nicht nur der Verstand angesprochen wird, sondern auch das Herz. Menschen sind emotionale Wesen, die irrational und nach ihren Gefühlen handeln. Deshalb reichen Informationen über Alternativen lange nicht aus, damit sich Verhalten ändert. Wir können dieser Krise nur effektiv begegnen, wenn wir sie auch auf einer Herzensebene anstatt nur auf einer Verstandsebene angehen.

    Wir alle haben natürliche Schutzmechanismen, die wir (unterbewusst) einsetzen, wenn wir mit Bedrohungen konfrontiert werden. Themen wie die Klimakrise sind keine leichte Kost, deshalb fühlen wir uns schnell hilflos und ausgeliefert, weil wir das Gefühl haben, sowieso nichts tun zu können. Folglich lenken wir uns lieber ab und lehnen Verantwortung daran ab, da wir nicht die Schwere der Belastung tragen wollen.

    Durch die Methoden der Tiefenökologie versuchen wir diese Hilflosigkeit und Starrheit in Resilienz und Handlungsfähigkeit umzuwandeln. Ziel ist es also, den biologisch angelegten Reaktionen auf globale Bedrohungen Raum zu geben, um ihrem transformativen Potential zur Entfaltung zu verhelfen.


    Work that reconnects – Joanna Macy

    Ich verfolge den Ansatz von Joanna Macy, die das Werk „The work that reconnects“ verfasst hat.

    In ihren Worten hilft die „Arbeit, die wiederverbindet“ sich miteinander und in den selbst heilenden Kräften des Lebens wieder zu erfahren und den Weltschmerz in inspirierte gemeinsame Handlung zu transformieren. Es geht darum, die richtigen Fragen zu stellen und den Gründen auf die Spur zu kommen, warum trotz des Bescheidwissens über die ökologische Krise kaum entgegengesteuert wird und dessen wahre Situation verdrängt, verleugnet und verschwiegen wird.

    „Die Krise, die unseren Planeten bedroht, entspricht einer untauglichen und pathologischen Sicht des Selbst, einem Irrtum, was unseren Platz in der Ordnung der Dinge angeht. Ich meine den Irrglauben, das Selbst existiere gesondert von allem anderen und sei so zerbrechlich, dass wir seine Grenzen immer wieder ziehen und verteidigen müssen; es sei so klein und bedürftig, dass wir unentwegt anschaffen und konsumieren müssen; es bestehe so sehr für sich abgetrennt, dass wir weder als Einzelne, noch als Gruppe, noch als Staaten, noch als Spezies eine Rückwirkung dessen, was wir anderen Lebewesen antun, auf uns selbst befürchten müssen.“ – Macy

    Die vier Phasen:

    The Work that Reconnects

    Die folgenden Schritte können durch sehr unterschiedliche Elemente gestaltet werden. Entscheidend ist dabei, aus der Verstandesebene herauszukommen und in das eigene Herz hineinzufühlen. Dazu können Bewegung, Musik, Tanz, Kunst, Meditation, Spüren des eigenen Körpers, Kontakt mit der Natur, etc. genutzt werden. Zentral sind die Begegnung und das Wahrnehmen anderer Wesen. Daher werden die Übungen optimalerweise in einer Gruppe durchgeführt, um zu spüren, dass wir gemeinsam hier auf dieser Erde sind und es gemeinsam wert sind, uns darum zu kümmern. Grundlage für die Verbindung miteinander ist das Aufnehmen von Augenkontakt und aktivem Zuhören.

    • 1. Dankbarkeit (Gratitude)

    Ein einfacher Weg, um auf Herzenseben zu gelangen ist es in die Dankbarkeit zu gehen. Wenn wir uns bewusst werden, was für ein Wunder es ist, am Leben zu sein und was für wundervolle Dinge wir erleben dürfen, kreieren wir so viel Liebe und Resilienz. Dankbarkeit ist unabhängig von äußeren Faktoren. Wir können immer, egal wie die Umstände sind, Dankbarkeit in uns erzeugen. Wenn wir dankbar sind, gelangen wir in den gegenwärtigen Moment. Wenn wir im gegenwärtigen Moment sind, können wir wirklich spüren, was da ist und was wir brauchen.

    • 2. Den Schmerz würdigen (Honoring the pain)

    „Hinter allem Schmerz steckt Liebe.“: Wir sind nur dann fähig Schmerzen zu empfinden, wenn wir lieben. Von der anderen Seite gesehen bedeutet Weltschmerz also auch, dass wir eine Liebe zum Leben empfinden.

    Schmerzen sind nichts anderes als ein Feedback, dass etwas nicht in Ordnung ist, dass etwas gesehen werden möchte. In diesem Schritt geben wir Gefühlen den Raum, gefühlt werden zu dürfen. Durch das Zulassen, durch das Fühlen des Schmerzes kann er geheilt werden. Unser Schmerz, den wir bisher isoliert in uns getragen haben, kann in Mitgefühl umgewandelt werden. Mitgefühl ist der Ausdruck des Leidens mit der Welt, welches Kennzeichnen eines erweiterten Selbst ist. Das bewusste Wahrnehmen des Schmerzes öffnet gleichzeitig die Quellen der Lebensfreude, um somit zur anderen Seite der Münze zu gelangen: Aus Liebe, anstatt aus Angst zu handeln.

    • 3. Mit neuen Augen sehen (Seeing it with new eyes)

    Nachdem wir den Schmerz gefühlt haben, wollen wir diesen transformieren und die Welt mit neuen Augen sehen – die Perspektive wechseln. Hier können wir uns beispielsweise mit unseren Vorfahren und mit den nachkommenden Generationen verbinden durch Meditationen, Rollenspiele etc. um die Menschheit aus einem weiteren Blickwinkel zu Betrachten. Wir sehen uns im großen Kreislauf des Lebens und erkennen, dass das Leben ein dynamisches Geflecht selbstorganisierender Systeme ist, dass nur durch ihre Beziehungen Bestand hat.

    • 4. Für das Leben handeln (Going forth)

    Im vierten Schritt wollen wir in Aktion treten wie wir unsere Rolle im großen Wandel finden. Optimalerweise befinden wir uns nun in einem Zustand der Verbundenheit. Wenn wir in Verbundenheit sind, sprechen wir von unserem Herzen, während, wenn wir uns getrennt fühlen, eher unser Verstand spricht. Wir können nun miteinander teilen, was in uns resoniert. Wie möchten wir gerne handeln, was trägt zur besten Version meines Selbst bei? Wenn wir nun erkannt haben, dass wir alle ein Teil eines Ganzen sind, anstatt uns isoliert zu betrachten, können wir uns als Bausteine erkennen.

    Die kleinen Dinge machen den Unterschied: Jede kleine Geste, jeder Gedanke, jedes Wort formt die eigene Realität. Wahre Veränderung kann nur von innen kommen, da alles was wir im Außen schaffen, erst im Inneren geschaffen wurde. Wir sind die Schöpfer unseres Lebens und jede kleine Entscheidung trägt zur Gestaltung dieser Welt bei.

    Tafel im Botanischen Garten

    “Was soll eine*r alleine schon erreichen? – fragte sich die halbe Menschheit.“

    Ich bin zurzeit mitten in der Planung meines ersten Workshops, den ich dazu gerne geben möchte, da es bei der Methode natürlich um das Erleben und Reinspüren geht und das Lesen dieses Artikels sicherlich nicht die Erfahrung ersetzt. Ich bin sehr gespannt, wie es ankommt und was sich daraus noch alles ergeben wird.


    Hier noch ein paar Links und weitere Infos:

    Homepage der Deep Adaptation Group Auroville http://deepadaptation.auroville.org/

    Jem Bendell – „Tiefenanpassung – ein Wegweiser, um uns durch die Klimakatastrophe zu führen“: http://deepadaptation.auroville.org/wp-content/uploads/2019/10/DeepAdaptation-de.pdf

    Joanna Macy – Coming back to life (Übungen: The Work that reconnects)

    Joanna Macy – World as Lover, World as Self

    Verein für verkörperte Ökologie und Kunst e.V. https://www.verkoerperte-oekologie.de/

    Kurzer, einfacher Artikel über die Bedeutung von Tiefenökologie:
    https://nachhaltig-sein.info/umdenken/tiefenoekologie-definition-bedeutung-joanna-macy

    Diplomarbeit zum Stellenwert der Tiefenökologie in der Umweltbildung https://www.hnee.de/…/outline/DA-Tiefenoekologie.x.pdf


  2. eine indische Hochzeit

    4. Dezember 2019 von Emma

    Mein Bericht kommt diesen Monat etwas verspätet, dafür gibt es jedoch einen sehr wichtigen Grund. Ich war auf einer Hochzeit, einer meiner indischen Kollegen hat geheiratet und hat alle Leute von der Farm eingeladen.

    Das ganze fing Freitag den 22. November an, als ein mir unbekanntes älteres indisches Paar während unserer Teepause (wie fast immer ohne Tee) auf die Farm kam und uns allen einzelnd eine Einladung und eine Blume auf einem Tablett servierten. Ich war zunächst etwas perplex, habe es aber trotzdem geschafft den Eltern des Bräutigams (zumindest vermute ich das sie das waren, könnten auch andere Verwandte sein) zu danken und meine Einladung entgegenzunehmen. Kaum hatte ich das getan wurde das Tablett schon für die nächste Einladung vorbereitet und ruckzuck waren wir alle eingeladen.

    Mein erster Gedanke war ‚Super!, ich freue mich richtig‘, mein zweiter Gedanke war ‚Verdammt, wo kriege ich in 10 Tagen einen Saree mit allem was dazu gehört her?‘. Denn die Hochzeit ist schon am 2. Dezember.

    Meine Rettung kam in Form von Jasmin, einer meiner Mitarbeiterinnen, die leider nicht zur Hochzeit kommen konnte, mir jedoch anbot einen ihrer Sarees auszuleihen. Und so wurden Josef und ich am nächsten Dienstag zum Mittagessen mit anschließenden Sareetraining (weil ich natürlich auch keine Ahnung habe wie man einen Saree anlegt) eingeladen. Nach über zwei Stunden Mittagessen und unterhalten, es gab Idly, war es dann endlich Zeit für die Sarees. Ich muss zugeben das ich erwartet habe, dass Jasmin vielleicht ein oder zwei Sarees und nicht weit über zehn besitzt. Natürlich waren jedoch nicht alle angebracht für eine Hochzeit und so hatten wir am Ende zwei Finalisten, einen grünen Saree mit roter Borte und einen blau-lila Saree. Davon habe ich jedoch nur den grünen anprobiert, weil wir und schon beim ersten Saree einig waren, dass dieser eigentlich perfekt passt (nur die Bluse ist etwas eng, aber wofür gibt es Sicherheitsnadeln). Und schon hatte ich mein Hochzeitsautfitt, ganz ohne den stressigen Shoppingtrip in Pondi, den ich schon halb befürchtet hatte.

    Die eigentliche Hochzeit ist in Zwei Teile gegliedert; Die Zeremonie und der Empfang. Die Zeremonie findet um 6 Uhr morgens in einem großen Hochzeitstempel etwa 30 km von Auroville entfernt statt. Um diese Distanz zu bewältigen teilen wir uns mit einigen Kollegen zwei Taxis, worüber ich sehr froh bin. Vorher holt mich Josef jedoch mit dem Motorrad ab und wir fahren gemeinsam zum Treffpunkt, selbst fahren kann ich leider nicht denn im Saree muss man seitlich auf dem Mororad sitzen. Typisch indisch verlassen wir Auroville, im geteilten Taxi mit Kollegen, erst um 6 sind aber trotzdem noch pünktlich. Die Zeremonie selbst ist laut und voll, unteranderem weil parallel 4 Hochzeiten in der Haupthalle des Tempels gehalten werden und jeder sich einfach um das für ihn interessante Pärchen drängelt. Mein Lieblingsmoment war als plötzlich alle Trommeln lauter und schneller wurden und die Gäste Reis (der vorher rumgegeben wurde) auf das jetzt frisch vermählte Pärchen werfen durften. Nach der Trauung wurden Brautpaar und Gäste noch in einem separatem Raum gesegnet, auf Tamil natürlich.

    Weil die Zeremonie in einem Tempel stattfand gibt es anschließend noch Frühstück im Speisesaal, für nicht Inder war es etwas scharf aber trotzdem sehr lecker. Und weil wir mit unserem Chef unterwegs waren ging es danach direkt weiter zur Arbeit (mit nur einer kurzen Pause zum umziehen). Heute wurde auf der Farm unser Pausenraum fürs Streichen vorbereitet, das heißt Putzen, putzen und nochmals Saubermachen.

    Am Abend war dann noch ein Empfang. Offiziell ging dieser von 6 Uhr bis 7:30, defakto kamen wir, ich bin mal wieder mit meinem ‚großen Bruder‘ Josef gegangen, erst um 7 Uhr beim Empfang an und das Brautpaar hatte seinen Auftritt immer noch nicht gemacht. Also warteten wir, bis das Essen serviert wurde, was zum Glück nicht lange dauerte. Da wir, typisch deutsch, sehr früh dran waren haben wir es sogar noch in die erste Runde Esser geschafft. Das Essen wurde in einer großen Halle auf Palmenblättern serviert, wobei Kellner mit Eimern an den Tischen vorbei gingen und jeder eine Komponente des Gerichts servierte. Sobald man fertig war, signalisierte man dies durch falten des Bananenblattes und ein Kellner kam, der den Tisch einmal abwischt, das benutzte Blatt ersetzt und den nächsten Gast heranwinkt. Unsere Runde war die erste von drei (meiner Schätzung nach). Auf dem Weg nach draußen sind wir dann noch einem Kollegen begegnet, er schätzte die Zahl der Gäste auf 1-2000 (Nein ich habe nicht eine Null zu viel drangehängt), nur um einem mal eine Idee von den Dimensionen zu geben. 

    Nach dem Essen war es dann Zeit für das Hauptevent des Abends, das überreichen der Geschenke. Dazu reihten sich die Gäste (die die nicht noch immer essen) rechts und links von der Bühne, wo sich inzwischen das Brautpaar eingefunden hatte, auf. Dann sind immer zwei Leute/Pärchen oder eine Größere Gruppe zum Paar gegangen und haben den frisch Vermählten gratuliert und ihr Geschenk überreicht. Bevor es dann auch schon wieder von der Bühne ging lächelte man noch einmal Kurz in Richtung Kamera (für Fotos und den live Videostream fürs Publikum, da die direkte Sicht von der Kamera verdeckt wurde).

    Und das war‘s auch schon, meine erste indische Hochzeit.


  3. Noch nicht verirrt (zumindest nicht schlimm)

    1. November 2019 von Emma

    Diesen Monat habe ich beschlossen euch auf eine kleine Tour meiner Arbeitsstelle mitzunehmen. Dabei zeige ich euch die wichtigsten Orte und erkläre kurz was ich an diesen Orten mache.

    Office

    Hier ist das sogenannte office, dabei handelt es sich weniger um ein Büro und mehr um einen Abfertigungsplatz in dem die verschiedenen Farmprodukte an Erntetagen sortiert, gewogen und verpackt werden bevor sie per Lieferwagen nach Auroville gebracht werden. An nicht Erntetagen, wie dem an dem dieses Foto gemacht wurde, ist hier deutlich weniger los.

    Break space

    Dieser Ort hat eigentlich keinen offiziellen Namen, wir nennen ihn einfach nur Break Space, also Pausen Ort. Hier treffen wir uns jeden Morgen, lagern unsere Taschen und verbringen an regnerischen Tagen auch unsere Pause hier. Nach der Arbeit protokolieren wir den Arbeitstag auch noch in dem hier gelagerten roten Buch. Von hier aus habe ich bei der Saatgut Vorbereitung vor ein paar Tagen auch den ersten wilden Affen gesehen. Leider fehlt von unserem Besucher ein Foto, weil er recht schnell mit Diwali-Krachern und lauten Rufen wieder verscheucht wurde. Sorry Affe, aber du isst uns sonst noch alle Erdnüsse weg.

    Felder

    Die Felder sind vielleicht der Teil der Farm auf dem wir die meiste Zeit verbringen. Ob Unkraut jäten, Felder vorbereiten und bepflanzen oder das regelmäßige Ernten, hier gibt es immer etwas zu tun. Das Foto wurde übrigens von einer kleinen Plattform in einem der Bäume aufgenommen, leider fangen Baum und Plattform bei mehr als zwei Personen an etwas bedenkliche Geräusche zu machen. 

    Lemon orchard 

    Im Lemon Orchard wachsen, wie der Name schon verrät wachsen hier Zitronen, eines der Hauptprodukte der Farm. Zusätzlich zu Zitronenbäumen gibt es hier auch noch einen Jackfruit- und mindestens einen Pomelobaum. Bevölkert wird dieser Obstgarten von den Schafen, Lucky und Beauty und natürlich unserem neusten Farmmitglied: Baby Suprise. Hier bin ich regelmäßig, da ich seit einigen Tagen dafür verantwortlich bin die Schafe zu füttern.

    Kuhstall

    Was ein Kuhstall ist muss ich wohl den wenigsten erklären, hier wohnen unsere 10 Farmkühe.Jeden Mittwoch und Freitag morgen helfe ich mit dem Putzen und Entzecken der Kühe. Wenn nötig werden in dieser Zeit auch Wunden versorgt. Und alle 10 Tage muss der Kuhstall auch gegen Zecken eingesprüht werden, nur mit rein pflanzlichen Mitteln natürlich, eine Aufgabe die ich bisher jedoch erst einmal übernommen habe.

    Küche

    Hinter dieser Küche befindet sich Christians Küche, er leitet die Farm seit 2012 und ist somit streng genommen mein Boss. Da Christian seine Privatsphäre jedoch sehr wichtig ist bekommt ihr nur ein Foto von der Tür und nicht der eigentlichen Küche. In diesem Raum wird nicht nur unser Pausen-Snack vorbereitet, an Regentagen sitzen Josef und ich hier auch gelegentlich und digitalisieren die Ernteprotokolle. 

    Groundnuts

    Und zu guter Letzt möchte ich euch noch zeigen woran wir die letzten Tage gearbeitet haben: Erdnüsse, oder wie man sie hier nennt Groundnuts. Zwar ist gerade streng genommen nicht Erdnusssaison, wir hatten aber am Dienstag trotzdem eine kleine Ernte (klein sind nur zwei volle Traktoranhänger). Nachdem die am Dienstag geernteten Nüsse über Nacht trocknen durften haben wir am Mittwoch den regen vermieden indem wir stundenlang Nüsse vom Rest der Pflanze trennten. Das war eine der eher seltenen Aufgaben bei der Freiwillige und tamilische Arbeiter gemeinsam arbeiten, fertig wurden wir trotzdem nicht.


  4. Leben auf der Discipline Farm

    9. Oktober 2019 von Alina

    Seit zwei Monaten lebe ich nun in einer sogenannten Kapsel auf der Discipline Farm. Discipline klingt vielleicht erstmal hart, hat aber nichts mit Disziplin zu tun, sondern heißt so, da die Mutter das dort wachsende Basilikum so benannt hat. Mein Mitbewohner und ich leben zwar auf der Farm, haben aber nichts mit der Farmarbeit zu tun, da wir in anderen Projekten mitarbeiten. Die simple Lebensweise genieße ich sehr – auch wenn mich manchmal die Insekten in den Wahnsinn treiben, gleicht dies die Schönheit der Natur wieder aus.

    Die drei Kapseln
    Mein derzeitiges Schlafzimmer 🙂
    …von innen
    Sonnenaufgang
    Obstsalat
    Der Outdoor-Küchentisch – Beim Frühstück
    selbstgemachte Currys
    Teil der Farm / Umgebung der Kapseln

  5. Pitchandikulam – Eine Einführung

    6. Oktober 2019 von Alina

    Gestern im Bus wurde ich gefragt, wie eigentlich mein Alltag im Projekt aussieht, woraufhin ich keine wirkliche Antwort geben konnte, da ich bisher kaum so etwas wie eine Routine entwickelt hat. Daher gilt dieser Beitrag als Versuch das Projekt Pitchandikulam Forest zu erklären – zumindest die Facetten, die ich in meinem ersten Monat hier kennenlernen durfte.

    Um den Unit Pitchandikulam Forest zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass im Zuge der Kolonialzeit fast alles an Urwald abgeholzt wurde. Vor über 50 Jahren war auf dem ganzen Land vom heutigen Auroville praktisch nichts an Flora und Fauna vorhanden – was schwer vorzustellen ist, da heute die Fülle an Bäumen, Sträuchern und Tieren immens ist. Einen bedeutenden Teil zur Wiederaufforstung trägt der Unit Pitchandikulam Forest bei, der sich zur Kernaufgabe gesetzt hat, die Fläche wieder mit einheimischen Bäumen zu bepflanzen und somit den sogenannten Tropical Dry Evergreen Forest wieder zu etablieren. Durch diese Maßnahmen gibt es dort heute über 800 verschiedene Gattungen von Pflanzen. Nicht nur in Auroville, sondern in vielen verschiedenen Regionen in Tamil Nadu, ist das Projekt involviert, um wiederaufzuforsten.

    Es gibt also doch Hoffnung für die Umwelt, wenn man hier sieht, wie viel in wenigen Jahren gepflanzt werde kann und wie eine einst karge Landschaft so viel grün zurückbekommen kann. Besonders genieße ich die Schmetterlingsvielfalt hier. Manchmal fühle ich mich dadurch wie in einem Märchen, wie Schneewitchen, das durch den Wald tanzt während alle Tiere um sie herumschwirren.

    Neu gepflanzte Bäume – mit Laub bedeckt um die Kleinen zu schützen
    Teil des Pitchandikulam Forest, im Hintergrund ein Windrad um Wasser zu pumpen
    Sicht vom Windrad über den Wald, im Hintergrund kommt dann das Meer 🙂
    Meine erste Einsatzstelle: Die Nursery
    Hier erwachen neue Heilpflanzen und Bäume zum Leben
    Im ethnomedizinischen Wald – ein kleiner Teil der Ausstellung der Pflanzengattungen

    Doch Wiederaufforstung ist nicht das Einzige, woran die Unit Pitchandikulam arbeitet. Weiterer zentraler Bestandteil vor Ort ist die Aufzucht von Heilpflanzen. So arbeitete ich in der ersten Woche zum Großteil in der Nursery (Baumschule), um die Sämlinge zu propagieren und lernte so ein paar Grundlagen indischer Heilpflanzenkunde. Die Arbeit mit den Heilpflanzen fällt auch unter den großen Bereich Community. So gibt es ein Team, das sich für Women Empowerment einsetzt und den Frauen zeigt, wie sie Heilpflanzen zu Medizin verarbeiten können. Diese Workshops finden hauptsächlich außerhalb Aurovilles in den Dörfern statt.

    Ein bedeutendes Zentrum der sogenannten „Outreach-Projekte“ liegt in Nadukuppam. Hier befindet sich ein ganzer Komplex von Umweltbildungsmaßnahmen. Neben Demonstrationskräuter und -gemüsegärten, die biologisch bewirtschaftet werden, wurde eine Schule eingerichtet, die den Fokus auf Umweltaktivitäten legt. In der Schule wurden beispielsweise sanitäre Anlagen installiert, die in einem Kreislaufsystem funktionieren: Mit Hilfe des Einsatzes von EM („effektive Mikroorganismen“) wird das Wasser so geklärt, dass es für das Bewässern der Felder benutzt werden kann. Sie ist die einzige Schule in Tamil Nadu, die ein solch integriertes Sanitärsystem besitzt.

    Wie anfangs erwähnt ist die Weitläufigkeit der Projekte immens, so habe ich beim letzten Meeting beispielsweise von der Kooperation mit Viva con agua – einer mir bekannten NGO aus Hamburg – mitbekommen, die an den Projekten interessiert sind, die sich um den Schutz des Wassereinzugsgebiet Kaluveli kümmern.

    Eine unserer Hauptaufgaben liegt nun darin das Museum im Forest selbst neu zu gestalten. Dazu basteln wir an Tierfiguren, um den Besucherinnen und Besucher die Bewohner des Waldes zu erklären und auf wichtige Merkmale wie die Unterscheidung von giftigen und ungiftigen Schlangen hinzuweisen. Außerdem werden bald neue Schulklassen zu Walderkundungen vorbeikommen, wo wir bei der Unterrichtsgestaltung mitwirken können.

    Der erste Versuch eine Schlange aus Ton zu formen, um sie in der „Waldszene“ auszustellen

    Alles in allem verstehe ich das Begreifen des Waldes und des Projektes als Prozess. So ist jeder Tag ein neues Erlebnis und ich habe großes Vertrauen darin, Tag für Tag mehr und mehr meinen Platz in dem ganzen Geflecht zu finden.